Wie stehen sie zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine?

Die kurze Antwort lautet «Ja».
Die ausführliche Antwort lautet: In der aktuellen Situation wird langsam klar, welche Zukunft Europa bevorsteht. Die EU hat sich bewusst als Friedensprojekt aus den Ruinen nach der furchtbaren Zerstörung durch zwei Weltkriege gegründet.
Folgende Idee liegt ihr zugrunde: Wenn Länder untereinander durch Handel, wirtschaftliche Verflechtungen und politische Institutionen eng verbunden sind, führen sie nicht miteinander Krieg. Natürlich ist die EU nicht gratis zu haben, sondern ihr Erhalt kostet Geld. Dafür können aber die EU-Mitgliedsstaaten relativ sicher sein, dass sie keine Steuern in Militär investieren müssen, um sich vor ihren eigenen Nachbarn zu schützen.
Das ist im Falle der Ukraine anders. Diese ist bislang weder Mitglied der Europäischen Union noch NATO-Mitglied. Sie ist daher seit dem Angriff Russlands im Jahr 2014 auf sich allein gestellt. Noch schlimmer: Insbesondere Deutschland hat durch den umfangreichen Öl- und Gasbezug aus Russland die Kriegskassen Russlands auch noch munter mit gefüllt.
Das Budapester Memorandum, das die Ukraine 1994 mit Russland, den USA und dem Vereinigten Königsreich abgeschlossen hatte, nachdem sie ihre Atomwaffen abgegeben hatte, sah Sicherheitsgarantien durch die drei Länder vor. Diese standen allerdings nur auf dem Papier und stellten sich als nicht belastbar heraus.
Seit dem 24.02.2022 hat Russland die friedliche Ukraine überfallen und mit einem Vernichtungskrieg überzogen, wie ihn der Kontinent seit Ende des 2. Weltkriegs nicht mehr erfahren hat.
Wer regelmäßig russisches Fernsehen schaut und auch die Ankündigungen russischer Politiker liest, weiß, dass die Vernichtung der Ukraine nicht der letzte imperialistische und revanchistische Schritt Russlands sein wird. Das Ziel ist ganz klar die Vernichtung der EU und die Zerstörung der europäischen Sicherheitsordnung, wie wir sie bisher kannten.
Hinzu kommen nun noch Trump und Musk, die im Verbund mit Putin das gleiche Ziel verfolgen: Beide (Trump und Putin) sind Öl- und Gasverkäufer und wollen demokratische Staaten sowie die EU-Institutionen schwächen. Und beide wollen dieses unter Zuhilfenahme von Imperialismus, dem Verschieben von Grenzen und dem Zulassen von Einflusssphären tun.
Wer in dieser Situation nicht der Meinung ist, dass wir dankbar sein sollten, wenn die Ukraine so lange wie möglich die russischen Truppen auf dem eigenen Territorium bindet, der oder die verschließt die Augen vor der Realität.
Deshalb plädiere ich für die finanzielle, technische und militärische Unterstützung der Ukraine, weil eine Eroberung der Ukraine durch Russlands auch für uns in der EU dramatische Folgen hätte: Dies gilt in Bezug auf die zusätzlichen neuen Geflüchteten, die wir aus der Ukraine zu erwarten hätten, aber auch im Hinblick auf die Gefahr, dass Russland nach einer Unterbrechung seinen imperialen Feldzug weiter im Westen in anderen Ländern fortsetzen würde. Mit der Entscheidung der USA, dass der NATO Beistandspakt, wie er in Artikel 5 formuliert ist, nicht mehr bedingungslos gilt, dürfte Putin diese Entscheidung noch einmal leichter fallen – sofern wir seine Überlegungen nicht vorher, also in der Ukraine – stoppen.