Frage an Uwe Schünemann von Dirk S. bezüglich Recht
1.) Haben Sie im Falle einer Wiederwahl weiterhin vor, das Ehrenamt bei den Freiwilligen Feuerwehrenn komplizierter zu machen durch noch weitere Änderungen in der Ausbildung? Deren Folge ist es bislang, dass sich einige potentielle Anwärter gar nicht mehr trauen, einen Aufnahmeantrag zu stellen aus Angst, schon bei der "Grundausbildung" durchfallen zu können. Hätten Sie die Verantwortung für die Ausbildung in den Händen der Führungskräfte vor Ort belassen, wäre alles gut gewesen und der viel diskutierte "Wandel" in der Gesellschaft wäre egal. Nun geben Sie ne Million von unserem Geld aus um Werbung für das Ehrenamt zu machen.
2.) Haben Sie vor, die Anzahl der Polizeibeamten noch weiter zu senken? Aus gut informierten Kreisen weiss ich, dass sämtliche Dienststellen unterbesetzt sind und durch "statistische Zahlenspielchen" gegenüber der Bevölkerung so getan wird, als sei alles in Ordnung.
Antwort:
Sehr geehrter Herr „Sch.“ aus „Daheim“,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage! Offensichtlich haben Sie in „Daheim“ Informationen, die mir nicht vorliegen. Bei mir - sozusagen in „Zuhause“ - aber auch in ganz Niedersachsen erlebe ich die Stimmung unter den zahlreichen, hoch motivierten Angehörigen unserer Freiwilligen Feuerwehren insgesamt positiv und optimistisch. Das gleiche gilt im Übrigen für unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten - auch wenn immer mal wieder versucht wird, hier einen anderen Eindruck zu erwecken.
Sehr gerne will ich Ihnen daher erläutern, was in Niedersachsen seit 2003 getan wurde, um die Situation der Freiwilligen Feuerwehren und der Polizei zu verbessern.
1.) Zu Ihrer ersten Frage folgende Anmerkungen: Sie sprechen die Nachwuchsgewinnung bei den Freiwilligen Feuerwehren an. Fakt ist, dass der demografische Wandel überall dort, wo es um das ehrenamtliche Engagement für die Allgemeinheit geht, besondere Herausforderungen birgt. Erlauben Sie mir daher, aus dem Handlungskonzept Demografischer Wandel der Niedersächsischen Landesregierung 2012 zu zitieren. Dort heißt es unter Kapitel 6.7 („Freiwillige Feuerwehren“):
„Die Freiwilligen in den niedersächsischen Feuerwehren investieren einen großen Teil ihrer Freizeit und riskieren Gesundheit und Leben, um anderen Menschen in Not zu helfen. In den Freiwilligen Feuerwehren ist das Ehrenamt eine „Rund-um-die-Uhr-Tätigkeit“. Die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren stehen an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden für den Alarmfall zur Verfügung. Diese Verfügbarkeit bedeutet eine wesentliche Einschränkung im privaten Bereich.
Bereits heute steht die Nachwuchsgewinnung bei den Freiwilligen Feuerwehren - nicht zuletzt aufgrund einer geänderten Jugendkultur - vor großen Herausforderungen. Der demografische Wandel wird die Schwierigkeiten weiter verstärken. Erforderlich ist eine nachhaltige Strategie. Gleichzeitig muss der rechtliche Rahmen für die Tätigkeit in den Freiwilligen Feuerwehren zeitgemäß ausgestaltet werden. Das neue Brandschutzgesetz bildet die gesetzliche Grundlage dafür, dass unsere Feuerwehren auch in Zukunft erfolgreich und hoch motiviert ihre Aufgaben erfüllen können. Gleichzeitig wird die ehrenamtliche Tätigkeit in den Freiwilligen Feuerwehren des Landes gestärkt und gefördert und dort, wo es erforderlich ist, auch entlastet. Der Grundgedanke der ehrenamtlichen Aufgabenwahrnehmung in der Feuerwehr soll in seinem Wesen - ganz nach dem Motto „freiwillig und unbezahlbar“ - unverändert bleiben. Maßnahmen zur Förderung des Ehrenamtes in den Feuerwehren des Landes müssen deshalb zunächst dort ansetzen, wo zeitgemäße und zukunftsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen sind. Wichtig ist, dass ein vernünftiger Ausgleich für den mit der Ausübung des Ehrenamtes in der Feuerwehr verbundenen Aufwand bzw. den damit verbundenen Nachteilen gewährleistet wird.
Mit den unterschiedlichsten Fördermaßnahmen verfolgt die Landesregierung das Ziel, den bereits jetzt ehrenamtlich tätigen Feuerwehrangehörigen die Ausübung des Ehrenamtes zu erleichtern, eine langfristige Bindung an die Feuerwehr zu erreichen und die Attraktivität für „Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger“ zu fördern. Der Bericht des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport zur „Sicherstellung des Brandschutzes in Niedersachsen unter besonderer Berücksichtigung des demografischen Wandels“ aus dem Jahr 2010 nennt konkrete Umsetzungsmaßnahmen und liefert Handlungsempfehlungen. Dieses „20-Maßnahmen-Paket“ wird sukzessive umgesetzt. 2012 wird die Landesregierung einen niedersächsischen Leitfaden zur Förderung des Ehrenamtes in den Freiwilligen Feuerwehren bzw. zur langfristigen Sicherstellung des Brand- und Katastrophenschutzes in Niedersachsen vorstellen. Darüber hinaus wird die Liste der vom Land Niedersachsen für die Anerkennung besonderer Verdienste zu verleihenden Orden und Ehrenzeichen erweitert. Zudem soll die Akzeptanz der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber durch Regionalveranstaltungen gesteigert werden. Für die Nachwuchsgewinnung wird 2012 eine Imagekampagne gestartet. Diese soll die Öffentlichkeit für das Thema „Feuerwehr“ sensibilisieren und für neue Mitglieder werben. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei dem Thema Gewinnung von Menschen mit Migrationshintergrund gewidmet. Unter dem Motto „Brandschutzerziehung - eine kulturübergreifende Aufgabe!“ soll 2012 die Begegnung der Menschen aus verschiedenen Kulturen und das Interesse am ehrenamtlichen Engagement gefördert werden. Ein deutsch-türkischer Leitfaden für die Brandschutzerziehung in Kindergärten und Schulen, der in der zweiten Jahreshälfte 2012 vorgelegt wird, rundet dieses Projekt ab.
Einen weiteren wichtigen Schritt zur Stärkung der Freiwilligen Feuerwehren hat die Landesregierung mit der Novellierung des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes gemacht, welches am 17. Juli 2012 in Kraft getreten ist. Beispielsweise dürfen Mitarbeiter der Freiwilligen Feuerwehren in Niedersachsen künftig bis 63 Jahren (statt bisher 62 Jahren) aktiven Dienst in der Feuerwehr leisten. Zudem besteht die Möglichkeit, auch über 63-Jährige bei entsprechender Eignung und Bedarf zu Einsätzen hinzuzuziehen. Darüber hinaus ist es nach der neuen Gesetzeslage nunmehr möglich, in mehreren Freiwilligen Feuerwehren gleichzeitig Mitglied zu sein. Damit können vor allem Berufspendler unter den ehrenamtlichen Feuerwehrleuten dort eingesetzt werden, wo sie leben und arbeiten, also am Wohnort und am Arbeitsort.“
Soweit Sie anführen, dass „das Ehrenamt bei den Freiwilligen Feuerwehren komplizierter“ geworden sei „durch noch weitere Änderungen in der Ausbildung“, so stellen Sie vermutlich auf die Neufassung der Feuerwehrdienstvorschrift 2 zum 1. Dezember 2012 ab. Die Abschlussprüfung für die Truppmannausbildung 2 (schriftlicher Test/Multiple Choice, der seit dem 1. Dezember 2012 auch durch eine mündliche Prüfung ersetzt werden kann). Der Nachweis der erfolgreichen zweijährigen Ausbildung dient nicht zuletzt der Sicherheit der Feuerwehrmänner und -frauen selbst. Die Prüfungsunterlagen werden jedem Interessierten im Vorfeld zur Verfügung gestellt (Möglichkeit des Downloads im Internet). Es handelt sich also letztlich um eine Prüfung, die dem Führerschein- oder der Segelscheinprüfung vergleichbar ist.
2.) Auch mit Blick auf den Bereich Polizei - bzw. Ihre zweite Frage/Anmerkung - will ich Ihnen gerne erläutern, warum die Zahlen und Fakten nach meiner festen Überzeugung gegen die Richtigkeit Ihrer Aussagen sprechen. Von „statistischen Zahlenspielchen“ halte ich nichts. Aber ich freue mich, wenn z.B. die bundesweit nach einheitlichen (!) Standards erhobene Polizeiliche Kriminalstatistik eindeutig beweist, dass Niedersachsen, das im Jahr 2003 zu den Schlusslichtern in Sachen Innere Sicherheit zählte, auch hier mittlerweile einen Spitzenplatz einnimmt: Unser Land ist unter meiner Verantwortung zu einem der sichersten Länder überhaupt geworden. Eine Aufklärungsquote von konstant über 60 % (2003 betrug die Aufklärungsquote noch 52,9 %) bedeutet ein Plus an Sicherheit für jede einzelne Bürgerin und jeden einzelnen Bürger in Niedersachsen, auf das wir alle stolz sein können. Unser Dank hierfür gebührt vor allem unseren hoch motivierten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die Tag für Tag einen hervorragenden Einsatz für die Sicherheit in unserem Land leisten.
Wir haben in Niedersachsen seit 2003 über 1.000 zusätzliche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte eingestellt. Noch nie gab es in Niedersachsen so viele Polizistinnen und Polizisten, wie heute. Dass dies übrigens keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt ein Blick in andere Bundesländer, wo der Personalkörper der Polizei teils empfindlich reduziert wurde, was - wenig überraschend - fast durchweg auf Kosten der Inneren Sicherheit ging.
Hinzu kommen erhebliche Verbesserungen im Bereich der technischen Ausstattung. Nachfolgend darf ich Ihnen einige Fakten skizzieren, die hoffentlich geeignet sind, Ihnen einen Eindruck davon zu verschaffen, wie umfangreich die Investitionen der Landesregierung in die technische Ausstattung der Polizistinnen und Polizisten in Niedersachsen sind:
Seit dem Haushaltsjahr 2003 wurden rund 380 Mio. Euro in die erforderlichen Ersatz- und Ergänzungsbeschaffungen im Bereich der polizeilichen Führungs- und Einsatzmittel investiert, um den Erhaltungszustand der eingesetzten Technik sicherzustellen und gleichzeitig auch dem Stand der Technik anzupassen. Dies umfasst die Bereiche Kraftfahrzeuge, Wasserfahrzeuge, Hubschrauber, Informations- und Kommunikationstechnik, Waffen- und Einsatzmittel, Kriminaltechnik und Verkehrsüberwachungstechnik. Davon wurden alleine für das Projekt der Realisierung des Digitalfunks für BOS ca. 100 Mio. Euro eingesetzt. Die weiteren Schwerpunktsetzungen ergeben sich aus den folgenden Zahlen, Daten und Fakten:
a) Kraftfahrzeuge (Gesamtinvestitionen i.H.v. rd. 85 Mio. Euro, inkl. Konjunkturpaket 2009): Der Landesfuhrpark der Polizei umfasst derzeit rd. 4.250 Fahrzeuge, davon rd. 3.150 Funkstreifenwagen (Durchschnittsalter 6,78 Jahre bei einem Höchstalter bis 13 Jahre) und rd. 1.100 Sonderfahrzeuge, z.B. Verkehrsüberwachungsfahrzeuge, Diensthundführer, Tatortaufnahme, Motorräder, Delaborierfahrzeug. Im Nov. 2012 wurden zusätzliche rd. 4 Mio. Euro für den Kauf 111 Fahrzeugen bereitgestellt.
b) Boote der Wasserschutzpolizei: Gesamtinvestitionen i.H.v. rd. 10 Mio. Euro.
c) Ballistische Schutzausstattung (Gesamtinvestitionen i.H.v. rd. 10 Mio. Euro): u.a. 16.000 persönliche Schutzwesten, 3.500 Westen in Dienststellen oder Streifenwagen sowie Vollausstattung der Spezialeinheiten.
d) Körperschutzausstattungen (Gesamtinvestitionen i.H.v. rd. 7 Mio. Euro), z.B. 5.500 Ausstattungen für Einsatzeinheiten (leicht und schwer).
e) Schusswaffen / Pistolen / Schießanlagen: Gesamtinvestitionen i.H.v. 15 Mio. Euro.
f) Verkehrsüberwachungsgerät (Gesamtinvestitionen i.H.v. 15 Mio. Euro): u.a. 33 Großgeräte zur digitalen Geschwindigkeits- und Abstandsüberwachung aus der Innovationsoffensive 2015 (5,85 Mio. Euro), 250 Handlasergeschwindigkeitsmessgeräte (1,7 Mio. Euro), 11 modernste mobile Kennzeichenlesesysteme (0,31 Mio. Euro). Derzeit werden alle Dienststellen mit Auswertegeräten für digitale Kontrollgeräte (Kontrolle Lenkzeiten im Güterverkehr, Busse) ausgerüstet (bislang Investitionen i.H.v. 1,14 Mio. Euro)
g) Kriminaltechnisches Gerät (Gesamtinvestitionen i.H.v. rd. 17 Mio. Euro): u.a. DNA-Analysegerät (1,7 Mio. Euro), 31 kriminaltechnische Labore in den Polizeiinspektionen (1,55 Mio. Euro), 128 Live-Scangeräte zur digitalen Fingerabdruckerfassung (2,5 Mio. Euro), Digitale Fotografieausstattung (1,5 Mio. Euro), 6 Stück 360°-Tatortdokumentationskameras aus der Innovationsoffensive 2015 („Spheronkameras“) (0,75 Mio. Euro).
h) IT-Technik (Gesamtinvestitionen i.H.v. rd. 70 Mio. Euro), darunter allein 22.500 PC mit 10.500 Druckern (davon rund 12.500 NIVADIS-Rechner), 3.100 Laptops.
i) Digitalfunktechnik (Gesamtinvestitionen i.H.v. 100 Mio. Euro): Zur Ablösung der veralteten analogen Sprechfunknetze und -Geräte der BOS Einführung und Betrieb eines neuen digitalen Sprach- und Datenfunknetzes für die BOS, einschl. ca. 12.000 digitaler Funkanlagen (ortsfest, mobil) für die Polizei.
j) Notruf Polizei 110: Gesamtinvestitionen i.H.v. rd. 4 Mio. Euro.
k) Investitionen in Liegenschaften i.H.v. rd. 90 Mio. Euro: Von 2003 bis einschließlich 2012 hat die Landesregierung insgesamt rund 90 Mio. Euro in den Neu-, Um- und Ergänzungsbau von Landesliegenschaften für die Polizei investiert. Daneben wurde die Unterbringung der Polizei fortlaufend durch Neuanmietungen von Immobilien verbessert. Im Ergebnis konnte neben etlichen großen Projekten - wie der Errichtung der Kooperativen Leitstellen in Hameln (2008) und dem Neubau der Kooperativen Großleitstelle Oldenburg (2011) - viel für eine bessere Unterbringung der Polizei erreicht werden, z.B. durch Neu- und Umbaumaßnahmen wie für die Polizeiinspektionen in Diepholz (2009) und Wilhelmshaven (2012), Neubauten u.a. für die Polizeistationen in Schöppenstedt (2006), Weener (2007) und Baddeckenstedt (2012/2013) und die Autobahnpolizei in Langwedel (2011) sowie durch Anmietungen wie beispielsweise für die Polizeiinspektion Hannover-West (2011) und die Kriminalpolizei in Hannover (2012).
Übrigens ist der Dienst in der Polizei Niedersachsen heute ganz offensichtlich so attraktiv, wie nie zuvor. Das beweisen bereits die Bewerberzahlen: Seit einigen Jahren ist ein regelrechter Ansturm auf die Anwärterstellen zu verzeichnen, und auch aus vielen anderen Bundesländern bewerben sich immer mehr junge Menschen für den Polizeidienst in Niedersachsen.
Es würde mich freuen, wenn ich Ihnen mit meinen Ausführungen ein wenig davon vermitteln konnte, was
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Uwe Schünemann