Frage an Uwe Pfenning von Gabriele H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Pfenning,
ich bin langzeitarbeitslos und beziehe ALGII. Da im Kreis Bergstraße die
Mietobergrenzen offenbar völlig willkürlich festgesetzt sind und für
diese Beträge keine Wohnungen zu finden sind, ist man gezwungen, auf
irgendeine Weise Geld zu verdienen, um ein halbwegs menschenwürdiges Leben führen zu können. Ich bin fast 60 Jahre alt und finde trotz intensiver Suche nicht mal einen 450-Euro-Job. Daher habe ich vor ein paar Monaten an einer Inventur (kurzzeitige Beschäftigung) teilgenommen und mußte dann feststellen, dass zwar Schüler, Stundenten, Rentner und Hausfrauen den vereinbarten Lohn netto ausgezahlt bekamen, mir aber Steuer und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen wurden, ich also für ungefähr 4 Euro netto die Stunde Knochenarbeit geleistet habe und die Fahrtkosten auch noch selbst tragen musste.
Meine Frage an Sie ist: Können Sie mir bitte erklären, warum Arbeitslose
in solchen Fällen von ihrem Lohn Abzüge haben und ob Sie vorhaben, diese
Ungerechtigkeit zu beseitigen?
Ich danke schon im voraus für eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hieber
Liebe Frau Hieber,
ich kann ihren Unwillen gut nachvollziehen.
Als Bezieherin des gesetzliches ALGII-Satzes unterliegen Sie hohen Restriktionen für zusätzliche Einnahmen, die mit dem AGLII verrechnet werden oder zu den starken Abzügen führen. So können sie maximal 100 Euro je Monat ohne jeglichen Abzug dazu verdienen. Alle darüber hinausgehenden Einkommen können sie nur bis zu 20% behalten (bis Zusatzeinnahmen von 850 Euro) bzw. zu 10% bei mehr als 850 Euro. Das ist übel und wenig!
Auszug aus: http://www.sozialhilfe24.de/news/150/hartz-iv-alg-ii-zuverdienst/
Wieviel darf man nun zu Hartz IV hinzuverdienen? Der Zuverdienst bei Hartz IV -. ALG II:
Zunächst besteht ein allgemeiner Grundfreibetrag in Höhe von 100 Euro für Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Das bedeutet: jeder, der ALG II bezieht, darf 100 Euro zusätzlich im Monat verdienen, ohne dass der Hartz IV Betrag gekürzt wird. In diesem Grundfreibetrag sind 15,33 Euro Werbungskostenpauschale, Absetzbeträge für eine Riester-Rente und für private Versicherungen in Höhe von 30 Euro und Fahrtkosten enthalten.
Verdient der Hartz IV Empfänger mehr als 100 Euro, so erfolg eine Anrechnung auf die Hartz IV Leistung: Ausgangspunkt der Berechnung ist das erzielte Bruttoeinkommen. Liegt es zwischen 100 Euro und 800 Euro, so darf der ALG-II-Empfänger 20 Prozent behalten, also maximal 140 Euro.
Liegt das Einkommen darüber, sind 10 Prozent des 800 Euro übersteigenden Betrages anrechnungsfrei.
Beispiel 900 Euro Zuverdienst.
Der Grundfreibetrag beträgt 100 Euro.
140 Euro Freibetrag ergeben sich aus der Rechnung 20 Prozent von 700 Euro. Hinzu kommt ein Freibetrag von 10 Euro als 10 Prozent von 100 Euro. Insgesamt hat der Hartz IV Empfänger einen Freibetrag von 250 Euro.
Die Obergrenze für Freibeträge beträgt für Hilfebedürftige ohne bei 1.200 Euro Bruttoverdienst, für Hilfebedürftigen mit Kindern bei 1.500 Euro. Wer Einkommen hat, dass diese Obergrenze übersteigt, hat keinen Hartz IV Anspruch mehr.
Ein weiterer Freibetrag ergibt sich, wenn ein Mitglied eine Bedarfsgemeinschaft Einkommen von monatliche über 400 Euro erzielt. Es darf dann die Fahrtkosten mit 20 Cent pro Kilometer absetzen, sofern darüber hinaus die Summe der abzugsfähigen Beträge gemäß Â§ 11 II Nr. 3-5 SGB II die Grenze von € 100 übersteigt.
Die Diskussion über Zuverdienstmöglichkeiten zum Arbeitslosengeld und ALG II halten an, d.h. die Politik ist sich unschlüssig. Dies gilt auch für die GRÜNEN, die u.a. eine solche Besteuerung von 450-Eurojobs fordern (allerdings für sie nicht zutreffend, da soe ALG II beziehen), um den betreffenden Personen Perspektiven und Altersversorgungen abzusichern. Was gut gemeint ist, ist im Alltag – wie an ihrem Fall ersichtlich – nicht immer gewünscht noch gut.
Da diese Einkommen auf monatliche Zusatzeinnahmen abzielen und sie nur vorübergehend bei der Inventur tätig waren, wäre auf das gesamte Jahr zu prüfen, ob ihnen die Abzüge erstattet werden können. Aber Vorsicht: Hatten Sie die Tätigkeit beim Jobcenter gemeldet? U.U., macht es Sinn solche Aufgaben auf mehrere Monate – wenn möglich – zu verteilen. Sie können sich im Jobcenter auch dazu beraten lassen. Das steht Ihnen zu, es ist ihr Recht! Sie bemühen sich ja aktiv und sollten dafür auch belohnt werden! Zudem ist der erwähnte Stundenlohn ein Armutszeugnis für diese Art von Sozialpolitik. Es besteht ein Handlungsbedarf das Gesetz zu überarbeiten und zwar als Innovation, auch unter Einbeziehung der Zielghruppe.
Aus meiner Sicht empfehle ich die Gleichstellung von ALGOI/Hartz IV mit dem Kombilohnmodellen, d.h. freizügigen Zuverdiensten bis 1.000 Euro, damit ein würdiges Leben möglich ist. Davon würden dann „nur“ die Sozialversicherungsbeiträge abgehen. Diese sichern aber ihr Auskommen im Alter als wenn auch geringfügige Rente.
Menschlich ist die Bitte, sich nicht entmutigen zu lassen. Das ist schwer. Aber wir sind Sozialstaat und sie haben Anspruch auf diese Leistungen und Unterstützung in der Solidarität der Menschen in unserer Gesellschaft. Sie können beim Arbeitsamt auch nach dem Programm 50plus nachfragen bzgl der Jobvermittlung, gleichwohl sehe ich ihr Problem i.d.R. nicht in die engere Auswahl einbezogen zu werden. Das tut mir sehr leid und es ändert sich nur langsam das unternehmerische Bewusstsein auch der älteren Generation eine neue Chance zu eröffnen.
Am kommenden Samstag erreichen sie mich zudem vormittags am Infostand der GRÜNEN In Lampertheim.
Ihnen eine gute Zeit und Erfolg bei der Stellensuche
Uwe Pfenning