Frage an Uwe Beckmeyer von Peter K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Beckmeyer!
Bei der Einbringung des Bahnprivatisierungsgesetzes am 21.9.07 haben Sie hervorgehoben,es werde nach einem Verkauf der Bahn an private Investoren einen Netzzustandsbericht der DB-AG an das Parlament geben.Erstmals sei eine parlamentarische Kontrolle möglich.
1.Weshalb hat das Parlament diese entscheidende Kontrollaufgabe seit der Bahnreform 1994 nicht wahrgenommen?
2.Weshalb ist jetzt dazu eine Privatisierung notwendig? Würde ein einfaches Gesetz nicht ausreichen, damit der Eigentümer auf seinen Besitz Einfluss nehmen kann ?
3.Wie wollen Sie beinem Privatbetrieb,der dem Aktienrecht unterliegt,die angemessene Verwendung der weiterhin notwendigen staatlichen Subventionen steuern?
4.Welche Vorteile bietet eine Bahnprivatisierung für einen zukünftigen Bahnkunden,der heute noch das Auto benutzt?
5.Sie behaupten,Die Bahn brauche frisches Kapital und habe schon wieder einen Schuldenberg angehäuft.Weshalb kann dieses Problem nicht durch Verkauf der staatsfernen Logistikbeteiligungen der DB-AG gelöst werden?
Mit freundlichen Grüßen
Dr.Peter Kasten
Sehr geehrter Herr Dr. Kasten,
vielen Dank für Ihr Schreiben zur Teilprivatisierung der Deutsche Bahn AG.
Zunächst einmal: Der Gesetzentwurf zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes zielt ja nicht darauf, dass der Eigentümer – also der Bund – Einfluss auf das Unternehmen erhält. Den besitzt er bereits heute, und diese Kontrollmechanismen werden wir künftig noch ausbauen. Es geht vielmehr darum, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die DB AG auch nach der Öffnung des europäischen Binnenmarktes für den internationalen Personenverkehr wettbewerbsfähig bleibt. Bereits die Öffnung des europäischen Binnenmarktes für den Güterverkehr zu Beginn dieses Jahres hat für zusätzlichen Wettbewerb gesorgt, der den deutschen Bahnunternehmen neue Chancen in Europa eröffnet, der aber auch Herausforderungen mit sich bringt.
Sie haben gefragt, was die Teilprivatisierung der DB AG den Bahnkundinnen und Bahnkunden bringt. Nun, wir wollen und müssen den Verkehrsträger Schiene noch attraktiver gegenüber der Straße machen. Durch die Teilprivatisierung erhält die DB AG dafür die notwendige unternehmerische Flexibilität und starke Partner. Und das zahlt sich am Ende auch für die Bahnkundinnen und Bahnkunden aus: durch faire Preise und serviceorientierte Angebote. Denn indem wir die Bahn für eine Teil-Kapitalprivatisierung öffnen, steht ihr mehr Kapital zur Verfügung, um moderne Züge zu beschaffen, Bahnhöfe zu renovieren und einen attraktiven Personenverkehr anzubieten.
Entscheidend ist aber: Juristischer Eigentümer der Schieneninfrastruktur wird nun der Bund. Die DB AG darf das Schienennetz aber bewirtschaften, und die Eisenbahninfrastrukturunternehmen – also die DB Netz AG, die DB Station und Service AG und die DB Energie GmbH – werden im DB-Konzern wirtschaftlich geführt – dies kurz zum Hintergrund.
Mit der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung haben wir künftig ein Instrument an der Hand, um einen zuvor klar definierten Zustand des Fern- und des Regionalverkehrsnetzes und der übrigen Infrastruktur – also Schienennetz, Bahnhöfe, Energieversorgung etc. – einzufordern. Sollte sich die DB AG daran nicht halten und das Schienennetz vernachlässigen, muss sie mit empfindlichen Sanktionen rechnen. Und der Bund hat ein weiteres Kontrollmittel an der Hand: Ihm obliegt nämlich auch künftig die Entscheidung darüber, ob und welche neuen Projekte mit den EIU im Rahmen des Bedarfsplanes realisiert werden. Diesen Bedarfsplan wird, wie schon bisher, das Parlament per Gesetz festlegen, der Bundesrat muss zustimmen. Damit trägt die DB AG das Risiko für den ordnungsgemäßen Zustand der kompletten Infrastruktur.
Es stimmt: Die DB AG hat in den vergangenen Jahren auf in- und ausländischen Märkten expandiert. Damit hat sie übrigens die gleiche Entwicklung genommen wie fast alle anderen erfolgreichen deutschen DAX-Unternehmen in jüngster Zeit. Die DB AG hat sich – Sie haben es angesprochen – vom reinen Eisenbahnunternehmen zum Transportdienstleister entwickelt. Als Logistik- und Transportunternehmen gehört sie heute zu den Globalisierungsgewinnern. Das heißt aber auch: Der Konzern muss grenzüberschreitend, ja international arbeiten – andernfalls würde er sein Kerngeschäft gefährden und in absehbarer Zeit seine Marktposition verlieren. Der Verzicht auf eine Teilprivatisierung ist daher aus meiner Sicht keine Alternative.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Beckmeyer