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Frage von Michael C. •

Frage an Uwe Beckmeyer von Michael C. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Beckmeyer,

vielen Dank auf Ihre Antwort auf meine Frage vom 30. Mai. Leider haben Sie nur sehr minimal und selektiv geantwortet, deshalb meine Rückfrage.
1) Die von Ihnen beschriebenen Vereinfachungen für die Hartz 4-Gesetze klingen so natürlich ganz gut. Aber über die geplanten Sanktions-Verschärfungen haben Sie kein Wort verloren. Quelle: z.B. http://www.hartziv.org/news/20160215-verschaerfung-geplant-hartz-iv-sanktionen-bis-zu-4-jahre.html Finden Sie das gut? Werden Sie trotz der jetzt schon verheerenden Lebensumstände für Hartz-4-Empfänger für die Verabschiedung des geplanten Gesetzes stimmen?
2) Wie kann es sein, dass die deutsche Bundesregierung bei steigenden Diäten nichts gegen die steigende Armut im Land unternimmt? Zumal die soziale Absicherung von Erwerbsarbeitslosen kaum mehr als 30 Milliarden pro Jahr kostet, gleichzeitig aber unglaubliche 720 Milliarden Euro an leistungslosen Vermögenseinkommen ausgeschüttet werden? (Quellen: "Sozialbericht" des BMAS und "Bruttoinlandsprodukt 2015", Stat. BA). Diese Vermögenseinkommen werden von anderen erarbeitet, also ganz genauso wie die sozialen Transferleistungen. Vermögenseinkommen sind bedingungs- und leistungslos.
3) Warum wird in Deutschland z.B. keine Vermögenssteuer erhoben, also dort abgeschöpft, wo es niemandem weh tut? Bei der Erbschaftssteuer haben auch Sie persönlich erst kürzlich wieder Steuergeschenke für Reiche durchgewunken. Warum? Auch der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer ist auf einem historischen Tiefstand. Will die SPD das überhaupt ändern? Wollen Sie das ändern? Eine angeblich "sozialdemokratische" Partei, die sich lediglich an den Schwächsten vergreift, ist schließlich absolut unglaubwürdig. Immer noch.

Auf Beantwortung aller Fragen hoffend!
Netten Gruß
Michael Conrath

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Conrath,

vielen Dank für Ihre erneute Anfrage.

Zu 1.)
Das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung (Drucksachen 18/8041 und 18/8909) ist vom Deutschen Bundestag am 23. Juni in 2./3. Lesung verabschiedet worden. Aufgrund anderweitiger terminlicher Verpflichtungen war ich für die Teilnahme an der namentlichen Abstimmung entschuldigt.

Der von Ihnen erwähnte Artikel bezieht sich auf Änderungen im Paragraph 34 Absatz 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch. Die in Satz 1 vorgenommene Änderung bewirkt das Erlöschen des Ersatzanspruchs drei Jahre nach Ablauf des Jahres, „für das“ die Leistung erbracht worden ist. Auf den Zeitpunkt der Auszahlung kommt es damit künftig nicht mehr an. Die Änderung ist für den Bewilligungsmonat Januar relevant, für den die SGB II-Leistungen im Voraus und damit im Dezember des Vorjahres erbracht, die Sozialversicherungsbeiträge jedoch erst im Bewilligungsmonat Januar fällig werden. Die sich hieraus bislang ergebenden unterschiedlichen Erlöschenszeitpunkte des Ersatzanspruches von SGB II-Leistungen und Sozialversicherungsbeiträgen werden somit vereinheitlicht.

Zu 2.)
In der laufenden Legislaturperiode hat die SPD-Bundestagsfraktion konsequent sozialdemokratische Vorhaben umgesetzt. So profitieren vom Mindestlohn laut einer im April dieses Jahres veröffentlichten Studie des Statistischen Bundesamtes vier Millionen Menschen mit einer durchschnittlichen Lohnerhöhung von 18 Prozent. Der Mindestlohn macht viele Menschen unabhängig von ergänzenden Sozialleistungen und setzt dem Lohndumping ein Ende.

Daneben entlasten Milliardeninvestitionen in Kitas, Schulen und Hochschulen, das ElterngeldPlus, mehr BAföG sowie mehr Kindergeld viele Eltern und verbessern die Lebenschancen unserer Kinder.

In den Haushaltseckpunkten 2017 hat die SPD zusätzliche Zukunftsinvestitionen in Höhe von 20 Milliarden Euro bis 2020 durchgesetzt: Für den sozialen Wohnungsbau, für Verkehrsinvestitionen, für Investitionen in Energieeffizienz und digitale Technologien, für Arbeitsmarktförderung und Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge.

Zu 3.)
Vermögen sind in Deutschland ungleich verteilt. Eine faire Erbschaftsteuer, die die Übertragung großer Vermögen besteuert, wirkt dieser ungleichen Verteilung entgegen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Belange kleiner Betriebe sowie Familienunternehmen berücksichtigt und Arbeitsplätze nicht durch die Erbschaftssteuer gefährdet werden. Eine steuerliche Verschonung von betriebsnotwendigem Vermögen ist deshalb gerechtfertigt. Mit der Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Reform der Erbschaftsteuer ist es gelungen, die Begünstigung von Betriebsvermögen gerecht und verfassungsfester zu gestalten.

Der Deutsche Bundestag hat am 24. Juni mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in 2./3. Lesung eine Reform der Erbschaftsteuer verabschiedet (Drucksachen 18/5923, 18/6279). Auch ich habe dem Gesetz zugestimmt. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist das im Rahmen der Möglichkeiten ein gutes Gesetz. Dieser Rahmen war allerdings auch sehr eng. Das hat einerseits an den Vorgaben des Verfassungsgerichts gelegen, und andererseits musste die Koalition einen Kompromiss finden.

Die SPD-Fraktion hätte sich angesichts der ungleichen Vermögensverteilung in Deutschland eine weitergehende Regelung vorstellen können, die trotz der Sicherung der Arbeitsplätze zu einer gerechteren Besteuerung großer Betriebsvermögen geführt hätte.

Mit seinem Urteil vom Dezember 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht die bis dahin eingeräumten Steuerprivilegien im Erbfall als verfassungswidrig eingestuft. Die geplante Reform setzt die Vorgaben des Gerichts um: Bei großen Vermögen ab 26 Millionen Euro müssen die Erben künftig im Rahmen einer Bedürfnisprüfung nachweisen, dass die Begleichung der Steuerschuld sie finanziell überfordert. Hierbei wird auch das private Vermögen der Erben miteinbezogen. Die Erben müssen die Erbschaftsteuer entrichten, wenn dafür die Hälfte des übertragenen, nicht betriebsnotwendigen Vermögens und des Privatvermögens ausreicht. Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen.

Als Alternative zur Verschonungsbedarfsprüfung ist ein Verschonungsabschlag möglich. Mit wachsenden Unternehmensvermögen schmilzt der Verschonungsabschlag, und es muss ein größerer Teil des begünstigten Betriebsvermögens versteuert werden.

Anders als von der CSU gefordert, haben die Sozialdemokraten erreicht, dass bei steigendem Wert des vererbten Unternehmens die Höhe der Verschonung rasch auf null sinkt. Und bei Erbfällen über 90 Millionen Euro ist grundsätzlich keine Verschonung mehr möglich.

Das gegenwärtige Steueraufkommen der Länder aus der Erbschafts- und Schenkungssteuer bleibt mit den vorgesehenen Regelungen nicht nur erhalten, sondern wird ansteigen. Gleichzeitig werden mit dem geplanten Gesetz missbräuchliche Steuergestaltungen deutlich eingeschränkt.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Beckmeyer