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Frage von Achim D. •

Frage an Uwe Beckmeyer von Achim D. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Beckmeyer,

ich bin zutiefst besorgt, welch unvorstellbar grosse Risiken und Bürgschaftsverpflichtungen, von den sogen. "target II Krediten bis hin zum "ESM", Deutschland eingeht.
Sollen wir aus Angst vor dem Tode (Austritt aus dem Euroraum mit schlimmen Verlusten) Selbstmord begehen, indem wir uns noch tiefer in den Sumpf der Verschuldung hineinziehen lassen?
Dies ist keine Strategie, die aufgehen kann. Gutes Geld wird so nur schlechtem nachgeworfen.
Die Finnen werden bei einer Weiterverfolgung dieses Kurses wohl aus dem "Euro" aussteigen und das zu Recht. Wir sollten es ihnen gleichtun, es sei denn, die nicht konkurrenzfähigen Länder verlassen den Euro Raum.
Sind Sie wirklich mit Zustimmung zum ESM und der erwartbaren Änderungen bereit, das Risiko einzugehen, dass marode Banken in Spanien und anderswo durch ESM Gelder und damit auch unsere Steuergelder gerettet werden?
Jetzt hört man von dem "Kleingedruckten" und dass auf der Arbeitsebene von den Beamten der Dammbruch noch verhindert werden kann, sofern es um die Ausgestaltung der Details geht.
Glauben Sie wirklich, dass die Südländer mit dem Kleingedruckten, Ausführungsbestimmungen etc. an die Leine zu nehmen sein werden, wenn doch von allen bisherigen aufgestellten Regeln nur Schall und Rauch übrig geblieben ist?
Ich hoffe, dass der "point of no return" noch nicht überschritten ist, sonst fallen wir alle in ein tiefes, ziemlich schwarzes Loch.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit

Achim Dubois

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dubois,

vielen Dank für Ihr Schreiben.

Wenn die Finanzmarktakteure mit der Strategie erfolgreich sind, Länder aus dem Euro herauszubrechen, hätte dies schwere Folgen für die gesamte Währungsunion. Um das Beispiel Griechenland zu nehmen: Es drohte eine massive Entwertung des im Land verbliebenen Vermögens. Was das für die politische Stabilität im Land bedeutet, kann heute niemand sagen. Hinzu kommt: Gerade Deutschland als größtes und erfolgreichstes Exportland in Europa ist auf die europäische Nachbarschaft angewiesen. Es liegt also in unserem - auch finanziellen - Interesse, die Krisenstaaten zu stabilisieren.

Klar ist aber auch: Die europäische Solidarität ist keine Einbahnstraße. Zu einem gemeinsamen Weg aus der Krise gehört auch, dass die künftige griechische Regierung zu ihren Verpflichtungen steht. Griechenland muss wissen, welche Konsequenzen es hat, wenn es seine Sparauflagen nicht erfüllt. In diesem Fall wäre auch eine Refinanzierung der griechischen Banken durch das Eurosystem nicht mehr möglich.

Im Gegensatz zu Ihnen verbinde ich wie die Mehrheit der SPD-Bundestagsfraktion mit der Einführung des Fiskalpaktes und dem dauerhaften europäischen Rettungsschirm ESM die Hoffnung, das von Ihnen befürchtete Auseinandertreiben der europäischen Völker zu verhindern. Wie von Deutschland gefordert, soll der Fiskalpakt mit dem ESM verknüpft werden; ESM-Hilfen sollen also nur die Euro-Länder erhalten, die auch den Fiskalpakt unterzeichnet haben, der unter anderem einen strikten Schuldenabbau und ein Defizitverfahren vorsieht, falls die Obergrenze bei der Neuverschuldung verletzt wird.

In den vergangenen Monaten hat die SPD hart mit der Bundesregierung über den europäischen Fiskalpakt und den ESM verhandelt. Für uns war wichtig, im europäischen Finanzsystem endlich zu verankern, dass die Hauptbeteiligten - und im aktuellen Krisenfall Hauptverursacher - finanziell an der Finanzierung der Krisenbewältigung und Krisenprävention beteiligt werden. Die jetzt in Aussicht stehende Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist daher ein großer Erfolg.

Konfliktfrei wird der ESM sicherlich nicht funktionieren. Dennoch ist der ESM ein Beitrag dazu, Europa zusammenzuhalten. Dies wird kein „Selbstläufer“, denn es ist viel Vertrauen in die europäische Politik verloren gegangen. Das muss wieder hergestellt werden. Dramatischer wäre es aber, wenn die Mitgliedsstaaten der Euro-Zone und der Europäischen Union den Dingen einfach frei ihren Lauf ließen. Große Hoffnung setze ich auf den jetzt vereinbarten Wachstums- und Beschäftigungspakt, der insbesondere auf Betreiben der SPD und des neuen französischen Staatspräsidenten François Hollande beschlossen wurde. Hierin liegt eine große Chance für mehr Verteilungsgerechtigkeit in Europa.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Beckmeyer