Frage an Uwe Beckmeyer von Christoph L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Beckmeyer!
Herzllichen Dank für Ihre Antwort vom 18.10.
Nun ist genau das eingetreten, was auch Sie befürchtet haben. Der EFSF soll gehebelt werden. Mich empört zunächst, dass die Abstimmung am 29.09. erfolgen konnte, obwohl wichtige Vertragsdetails, wie Sie schreiben, den Parlamentariern gar nicht offen vorlagen. Darüber hinaus frage ich Sie, ob die Überschuldungssituation der Staatshaushalte weltweit, dadurch gelöst werden kann, dass man versucht, die Refinanzierungszinsen zu drücken, indem Garantien ausgesprochen werden, die im Eintrittsfall ihrerseits zur Ausweitung der Staatsverschuldung führen. Führen nicht die Rettungsversuche dazu, dass immer mehr Schulden auf den schon zu großen Schuldenberg getürmt werden? Selbst wenn es gelänge, die exorbitanten Zinsen, die Griechenland inzwischen zahlen muss, zu drücken, wird man doch eine höhere Zinslast in der übrigen Eurozone dafür in Kauf nehmen müssen. Ist ein radikaler Schuldenschnitt (nicht nur für Griechenland, sondern weltweit) nicht unausweichlich?
Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Laun
Sehr geehrter Herr Laun,
vielen Dank für Ihre Nachfrage. Zu den von Ihnen angesprochenen Aspekten
haben sich in den vergangenen Tagen die Ereignisse regelrecht überschlagen.
In der Tat ist ein Schuldenschnitt - soweit ich als nicht ausgewiesener Finanzexperte dies beurteilen kann - ein wichtiges Instrument, um die Krise in den Griff zu bekommen. In dieser Woche haben sich die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Staaten nach einem harten Verhandlungsmarathon in Brüssel auf ein Maßnahmenpaket zur Eindämmung der Schuldenkrise geeinigt. Darin werden die Banken Griechenland 50 Prozent seiner Schulden - etwa 100 Milliarden Euro - erlassen. Das ist eine begrüßenswerte Entscheidung. Ich finde es sehr wichtig, dass solche Hilfen an Bedingungen geknüpft sind. So werden die griechischen Sparanstrengungen dauerhaft und regelmäßig überprüft. Ebenso wird von Griechenland verlangt, die Erlöse aus der Privatisierung in bestimmten Bereichen wie der Lotterie, militärischen Landbesitz oder Industrieunternehmen um weitere 15 Mrd. € (jetzt also insgesamt 65 Mrd. €) auszuweiten. Auch der Druck auf andere Euro-Länder wurde erhöht, damit sie ihre Schulaufgaben machen: Italien muss bis Mitte 2012 eine Schuldenbremse in seiner Verfassung verankern.
Weiterhin ist wichtig, dass die Hilfsanstrengungen Deutschlands und anderer Staaten, die Hilfsgelder bereitstellen, nicht unüberschaubare Folgen für unsere nationalen Haushalte haben. Diesem Zweck dient, dass die Banken einen so genannten „Risiko-Puffer“ anlegen müssen, der im Fall der deutschen Banken rund 5,2 Milliarden Euro beträgt. Öffentliche Gelder für die Banken sind den Bürgerinnen und Bürgern nur dann vermittelbar und inhaltlich zu vertreten, wenn damit eine strenge Regulierung des Finanzmarktes und eine Beteiligung der Banken an den von ihnen verursachten Krisenkosten einhergeht.
In der Tat besonders riskant bleibt die Einführung der „Hebelwirkung“, mit der künftig Investoren für den Kauf von Staatsanleihen finanziell gefährdeter Länder mobilisiert werden sollen. Aus Sicht meiner Fraktion ist es vollkommen inakzeptabel, wenn wir am Tag vor der Abstimmung über den Rettungsschirm mit neuen Gerüchten konfrontiert werden, dass die jetzigen Milliarden gar nicht ausreichen und in Regierungskreisen darüber diskutiert werde, wie die sog. Hebelwirkung des Rettungsschirmes optimiert werden kann. Es kann nicht sein, dass das Parlament eine solche weitreichende Entscheidung treffen soll, ohne über ausreichende Informationen zu verfügen.
Eine ganz neue Entwicklung, die nicht unbedingt vorhergesehen werden konnte, wird hoffentlich dazu beitragen, dass alle Entscheidungen zur Bewältigung der Finanzkrise mit großer Umsicht und Sorgfalt erfolgen: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat einem Eilantrag zugestimmt, wonach alle weiteren Beschlüsse nur vom Deutschen Bundestag selbst gefasst werden dürfen. Ein neues parlamentarisches Sondergremium, das in dringenden Fällen solche Entscheidungen hätte treffen sollen, ist aus Sicht des Gerichts nicht zulässig. Dies liegt auf der Linie der SPD-Bundestagsfraktion. Die Bundesregierung hatte unsere Bedenken ja leichtfertig ignoriert und bekam dafür jetzt die Quittung. Es ist ganz im Sinne der SPD, dass alle Entscheidungen zur Stabilisierung des Euro transparent im Deutschen Bundestag getroffen werden, und nicht von einem „Geheimgremium“.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Beckmeyer