Frage an Uwe Beckmeyer von Manfred M. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Beckmeyer,
heute habe ich in Spiegel-online einen bemerkenswerten Film über die Vertragsgestaltung mit der Firma Bilfinger und Berger zum Ausbau der A 1 zwischen Hamburg und Bremen gesehen. Demnach sind die Verträge so gestaltet, dass der Bund einen minderen und festen Anteil der Mauteinnahmen erhält, während der Vertragspartner bei steigendem Verkehrsaufkommen die Mehreinnahmen kassiert. Der Vertrag scheint mir die öffentliche Hand schwer zu benachteiligen.
Die Einsicht in diese Verträge sollen nicht einmal die Behörden in Niedersachsen haben, geschweige denn, die Öffentlichkeit. Warum enthält uns der Staat den Inhalt solcher Verträge vor?
Halten Sie es für zumutbar, dass die Bürger und Steuerzahler unseres Landes über solche Verträge, unser Staatsvermögen und die Funktionalität unserer Infrastruktur betreffen nicht informiert werden? Sind diese Verträge überhaupt durch parlamentarische Beschlüsse legitimiert, und wenn ja, mit welcher Begründung zieht sich der Staat aus der Kontrolle unserer Infrastruktur immer mehr zurück und entzieht sie damit einer demokratischen Mitgestaltung durch die Bürger?
Sind wir schon mitten in einer Entwicklung, durch Verträge mit Privatunternehmen, wie jüngst mit den Energiekonzernen zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, die demokratische Einflussnahme auf Infrastrukturprojekte abzuschaffen, um andererseits als Steuerzahler für die Fehlspekulationen von Landesbanken und "systemrelevanten" Banken als Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung" mit unseren Steuergeldern einzustehen?
Mit großem Interesse sehe ich Ihrer Antwort entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Muster
Sehr geehrter Herr Muster,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Bundesregierung begründet ihre Entscheidung, diese Verträge nicht zu veröffentlichen, mit den darin enthaltenen Betriebsgeheimnissen und den Interessen der Konzessionsnehmer.
Aus unserer Sicht muss es jedoch ganz klar darum gehen, dass das öffentliche Informationsinteresse nicht hinter den berechtigten Schutzinteressen der beteiligten Unternehmen zurücksteht. Wir fordern daher die größtmögliche Transparenz bei der Ausgestaltung der Verträge zwischen Bund und den Baukonzernen. Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass die Verträge zumindest in der Geheimschutzstelle des Bundestages für die Abgeordneten einsehbar sind. Zu Beginn der 17. Wahlperiode haben wir dazu erneut einen Beschluss im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herbeigeführt, um diese Regelung für die kommenden vier Jahre zu verlängern.
Wir als SPD fordern eine bedarfsgerechte Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Der Entwurf des Verkehrshaushaltes, der jetzt auf dem Tisch liegt, wird den Herausforderungen der kommenden Jahre in keinster Weise gerecht. Wir setzen uns deshalb in den laufenden Haushaltsberatungen dafür ein, dass auch nach dem Auslaufen der Konjunkturprogramme ab 2010 jährlich mindestens zehn Milliarden Euro in den Bau und Erhalt der Verkehrswege in Deutschland investiert werden. Gleichzeitig brauchen wir weiterhin das Instrument PPP, um durch die Beteiligung privaten Kapitals Investitionen im Infrastrukturbereich voranzutreiben - und zwar dort, wo im Vergleich zur konventionellen Form die Wirtschaftlichkeit der im Rahmen von PPP-finanzierten Infrastrukturprojekte größer ist.
Entscheidend ist dabei: Die Straße bleibt auch bei einer Realisierung als PPP-Projekt im Besitz des Bundes. Die Unternehmen bauen die Strecken, betreiben sie über einen Zeitraum von 20 oder 30 Jahren und erhalten dafür die Einnahmen aus der Lkw-Maut. Im Gegenzug gibt es klare Verpflichtungen für die Konzessionsnehmer: Sie tragen das Risiko hinsichtlich der Höhe der Mauteinnahmen (das schließt mit ein, dass die Konzessionsnehmer auch die negativen Konsequenzen sinkender Mauteinnahmen tragen), und der Betreibervertrag verpflichtet sie zur Wartung und Instandhaltung der Straßen, Brücken und Tunnel. Die gemachten Erfahrungen zeigen allerdings auch, dass zukünftig auch auf eine Minimierung des Unfallrisikos großen Wert gelegt werden muss.
Wir als SPD fordern zudem eine transparente Untersuchung der Wirtschaftlichkeit von PPP-Projekten. Dabei muss geklärt werden, ob mit den Modellen wirtschaftliche Vorteile erreicht werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Beckmeyer