Frage an Uwe Beckmeyer von Manfred W. bezüglich Bildung und Erziehung
Guten Tag Herr Beckmeyer,
mal abgesehen vom Instrument des Meister-BaföGs wird berufliche Weiterbildung oder auch die Erlangung eines beruflichen Abschlusses als Erwachsener nur durch Betriebe und die Agentur für Arbeit bzw. die ARGEN finanziert. Dabei fallen aber viele Menschen aus den Finanzierungsmöglichkeiten raus: Frauen nach der Erziehungsphase, wenn sie nicht von Hartz 4 leben, junge Selbständige und Kleinunternehmer, auch junge Menschen, die von den Eltern mitunterhalten werden und nur gelegentlich Jobs haben. Natürlich bekommen auch viele Arbeitsuchende nicht unbedingt die Fortbildung finanziert, die sie selbst für richtig erachten, sondern sind davon abhängig, dass die Vermittlungsfachkraft die gewünschte Fortbildung für das beste Mittel zur beruflichen Integration (nicht zum beruflichen Aufstieg!!) hält.
Wie stellen Sie und Ihre Partei künftig die Finanzierung des "lebenslangen Lernens" vor?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Wendl
Sehr geehrter Herr Wendl,
haben Sie vielen Dank für Ihre eMail.
Ich sehe es ähnlich wie Sie: Wenn wir die Fachkräftebasis von morgen sichern wollen, müssen wir bereits heute für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem sorgen und mehr Aufstiegsmöglichkeiten durch Bildung eröffnen. Damit uns das gelingt, müssen wir den Weiterbildungssektor in Deutschland dringend neu ordnen. Die SPD fordert dies bereits seit langem. Bisher sind Erfolge beim „nationalen Weiterbildungsziel“, das Bundesbildungsministerin Annette Schavan ausgegeben hat, allerdings auch mit noch so großem Vergrößerungsglas kaum wahrnehmbar.
Unser Ziel ist es, die Beteiligung an der Weiterbildung bis zum Jahr 2015 von derzeit 40 auf 60 Prozent und langfristig auf 70 Prozent zu erhöhen. Als erstes müssen wir dafür Sorge tragen, dass „Weiterbildungslücken“ geschlossen werden, auf die Sie zu Recht hinweisen. Dazu gehört, das Nachholen von Schul- und Berufsabschlüssen durch ein Weiterbildungsinvestitionsprogramm umfassend zu fördern. Der Staat muss ein Interesse daran haben, auch diese Gruppe – ich will sie einmal Bildungsbenachteiligte nennen – in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft zu integrieren, statt sie langfristig im Sozialleistungsbezug zu lassen.
Zweitens brauchen wir bei der Finanzierung eine Umkehr und eine Steigerung der Ausgaben der öffentlichen Hand für Weiterbildung. Vor allem bei benachteiligten Bevölkerungsgruppen kommt der öffentlich geförderten Weiterbildungsfinanzierung eine besondere Verantwortung zu. Insbesondere sozial Benachteiligte, Bildungsbenachteiligte, Migrantinnen und Migranten, Beschäftigte mit befristeten Verträgen, aber auch Ältere und Frauen mit Kindern bleiben zu oft außen vor. Dies wollen wir ändern.
Drittens müssen wir die Instrumente und die Entscheidungspraxis der Arbeitsagenturen überprüfen. Die Sicherung der Qualität im Weiterbildungsbereich und die klare Ausrichtung auf die tatsächlichen Arbeitsmarktchancen muss wieder Priorität vor Kostengesichtspunkten haben. Die Qualität im Weiterbildungssektor kann aber nur gewährleistet werden, wenn die Weiterbildungsträger nicht zu Dumping-Löhnen arbeiten müssen.
Um unsere Ziele zu erreichen, wollen wir mit einem Erwachsenenbildungsförderungsgesetz bundeseinheitliche Regelungen für die Weiterbildung schaffen, zu der auch ein Rechtsanspruch auf das Nachholen eines Berufsabschlusses gehört. In dem Gesetz werden auch die Regeln des BAföG zusammengefasst.
Zu Ihrer Frage der Finanzierung: Wir wollen einen „Bildungssoli“ einführen, das heißt einen Bildungszuschlag auf sehr hohe Einkommen. Damit werden wir rund 2,5 Milliarden Euro mehr einnehmen und diese in Bildung investieren. Gerade in der Krise kommt es darauf an, dass wir ausreichend Geld in die Bildung investieren – siehe oben. Dabei ist es wichtig, diese Kosten gerecht zu verteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Beckmeyer