Frage an Uwe Barth von Clemens B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Barth,
Während die Reallöhne der Arbeitnehmer in Deutschland seit Jahren sinken, hat sich der Bundestag in den nächsten beiden Jahren zwei kräftige Diätenerhöhungen genehmigt - 2008 einen Anstieg um 330 Euro und im Jahr darauf noch einmal eine Erhöhung um 329 Euro.
Bei dem bisherigen Gehalt eines Abgeordneten von 7000 Euros sind das rund 10% mehr.
Ich habe zwar gesehen, das Sie gegen die Erhöhung gestimmt haben, aber das Geld werden Sie trotzdem erhalten. Wie gedenken Sie die Erhöhung ihrer Diäten zu verwenden - zum Beispiel für soziale Zwecke spenden - und spenden Sie bereits Teile ihres bisherigen Salärs?
Mit freundlichen Grüßen,
Clemens Beck
Sehr geehrter Herr Beck,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Reform der Abgeordnetenentschädigung.
Die Regierungskoalition hat sich leider nicht zu einer Reform der Abgeordnetenentschädigung durchringen können. Das ist bedauerlich. Eine Reform der Diäten und der Altersversorgung der Abgeordneten wäre dringend notwendig gewesen und bleibt es. Die FDP-Bundestagsfraktion konnte sich mit ihrem Vorschlag, die Festsetzung der Abgeordnetenbezüge und der Pensionen auf eine unabhängige, vom Bundespräsidenten zu berufende Kommission zu übertragen, aber nicht durchsetzen. Nur mit einer solchen Reform könnte dem immer wieder zu Unrecht erhobenen Vorwurf der Selbstbedienung dauerhaft entgegen gewirkt werden.
Zu dem Vorwurf der Selbstbedienung ist zunächst festzuhalten, dass dies nicht dem Willen der Abgeordneten entspricht, sondern durch das Bundesverfassungsgericht so entschieden ist. Anknüpfungspunkt hierfür ist Art. 48 Abs. 3 Grundgesetz, wonach die Abgeordneten Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung haben. Das Abgeordnetengesetz sieht vor, dass sich die Abgeordnetenentschädigung an den Bezügen von obersten Bundesrichtern orientieren soll. Es ist aus Sicht der FDP jedoch ein Irrweg, Abgeordnete wie Beamte zu behandeln und ihre Diäten an bestimmte Besoldungsgruppen zu koppeln. Abgeordnete sind keine Richter und keine Beamten und gehören nicht dem öffentlichen Dienst an. Sie sind allein dem Wähler gegenüber verantwortlich.
Die FDP hat den bereits erwähnten Gesetzentwurf auch schon in den beiden letzten Wahlperioden in den Bundestag eingebracht, um die gesetzlichen Grundlagen für die Einsetzung einer unabhängigen Sachverständigenkommission, die vom Bundespräsidenten berufen wird, zu schaffen. Hierzu bedarf es einer Grundgesetzänderung und einer Änderung des Abgeordnetengesetzes. Wir haben ausdrücklich gefordert, dass zu dieser Kommission auch Kritiker der geltenden Regelung, wie der Bund der Steuerzahler gehören sollen.
Das FDP-Modell, das die übrigen Fraktionen ablehnten, sah im Einzelnen Folgendes vor.
Die Kommission soll jährlich die Diätenhöhe verbindlich festsetzen. Die Abgeordnetenentschädigung soll die Unabhängigkeit der Ausübung des Mandats sichern. Dies ist die zwingende Konsequenz aus Art. 38 GG, der Wesen und Auftrag des Mandats bestimmt und den Abgeordneten von Weisungen und Aufträgen freistellt. An diesen Vorgaben muss sich die Kommission orientieren.
Die Kommission soll auch Vorschläge zur Reform der Alterssicherung für Abgeordnete erarbeiten. 1977 wurde die eigenständige beitragsgebundene Altersversicherung für Abgeordnete aufgegeben und ein beamtenrechtlicher Pensionsanspruch eingeführt. Nach dem Grundgesetz und den Landesverfassungen sind Abgeordnete jedoch weder Beamte noch Angestellte. Sie sollten deshalb in Zukunft weder die beamtenähnlichen Pensionen erhalten noch in die Rentenkasse einzahlen. Die Abgeordnetenentschädigung soll die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Abgeordneten während des Mandats sichern und nicht im Alter. Die FDP fordert daher, dass die derzeitige beamtenähnliche Versorgung gestoppt wird. An einer grundlegenden Reform der Altersversorgung für Abgeordnete führt kein Weg vorbei. Wir fordern eine größere Eigenverantwortung der Abgeordneten für ihre eigene Altersversorgung und eine Abkehr vom beamtenrechtlichen Pensionsanspruch. Es ist ganz allein Sache des Abgeordneten, Vorsorge für den Fall der Arbeitsunfähigkeit und des Alters zu treffen. In allen anderen freien Berufen ist das üblich. Bei den berufsständischen Versorgungswerken gibt es keinerlei Handlungsbedarf, da diese Alterssicherungssysteme sehr effizient sind und ohne jegliche Unterstützung auskommen.
Wir halten den Systemwechsel weiterhin für den richtigen Weg. Wir werden weiterhin für eine strukturelle Reform der Abgeordnetenentschädigung werben.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Barth, MdB