Frage an Uwe Barth von Kay S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Barth,
wie werden sie bei der Abstimmung zur Vorratsdatenspeicherung abstimmen?
Nehmen sie die großen Vorbehalte in der Bevölkerung dazu wahr? Kennen sie die Möglichkeiten des (un)absichtlichen Mißbrauchs der erhobenen Daten?
Wie kann ein demokratischer Staat ernsthaft in Erwägung ziehen solch einen Schritt Richtung Überwachungsstaat zu machen?
Die kritischen und durchaus durchdachten Äußerungen hierzu (überall nachzulesen) sollten nicht ungehört bleiben.
Ich bitte sie darum, gegen diesen Gesetzentwurf zu stimmen.
Sehr geehrter Herr Schleicher,
herzlichen Dank für Ihre Frage zu meinem Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung.
Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung werde ich nicht zustimmen. Das Gesetzesvorhaben zur Überwachung der Telekommunikation stellt für mich einen massiven Angriff auf die Grundrechte dar.
Die Regierung nutzt die Terrorgefahr als vorgeschobene Begründung, um in die Rechte der Bürger einzugreifen. Ich bin der festen Überzeugung, dass man Freiheit nicht dadurch schützen kann, indem man Grundrechte abschafft. Für fatal halte ich es auch, dass bei Datenschutz immer so getan wird, als sei Datenschutz etwas unanständiges, womit unanständige Leute geschützt werden sollen. Dass es hier um einen massiven Angriff auf die Grundrechte geht, wird dabei gar nicht wahrgenommen. Neu ist auch, dass mit dem Gesetz ein Zwei-Klassen-System in Deutschland eingeführt werden soll: Welches Berufsgeheimnis ist höher einzuschätzen, das des Arztes oder des Abgeordneten, das des Rechtsanwalts oder des strafverteidigenden Rechtsanwalts? Wo es eigentlich gar keinen Unterschied gibt, will das Gesetz aber einen machen. Absoluter Schutz vor staatlichen Überwachungsmaßnahmen bei Abgeordneten, Strafverteidigern oder Seelsorgern einerseits. Bei den anderen Berufsgruppen soll das nach den Plänen der Bundesregierung anders werden. Ärzte, Journalisten und Rechtsanwälte fühlen sich in Zukunft als Berufsgeheimnisträger zweiter Klasse. Das widerspricht den grundgesetzlichen Anforderungen. Auch das parlamentarische Verfahren ist für mich befremdlich. Die Bundesregierung möchte das Gesetz bereits in dieser Woche verabschieden, ohne dass den Fraktionen des Deutschen Bundestages die entsprechenden Beratungsgrundlagen rechtzeitig zur Verfügung gestellt worden sind. Der Bürger ist mit den Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung und der Telekommunikationsüberwachung mit vielen Einzelmaßnahmen konfrontiert, die in ihrer Gesamtheit zu einem Überwachungsstaat führen. Informationstechnische Systeme ergreifen schleichend Besitz von unserem beruflichen und privaten Alltag und wir sind dabei, uns an immer umfassendere Überwachung zu gewöhnen.
Aus diesen Gründen ist es mir unmöglich, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Hierbei hoffe ich auch auf die Unterstützung der Thüringer Bundestagsabgeordneten von CDU und SPD. Dazu habe ich auch die Thüringer FDP Kreisvorsitzenden gebeten, auf die Bundestagsabgeordneten der Koalition ihrer Wahlkreise einzuwirken, dem Gesetz nicht zu zustimmen. Auf Antrag der FDP-Bundestagsfraktion wird es eine namentliche Abstimmung im Bundestag geben, so dass Sie nach der Abstimmung genau nachprüfen können, wie die einzelnen Abgeordneten gestimmt haben. Eine entsprechende Presseerklärung hatte ich bereits herausgegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Uwe Barth