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Ute Leidig
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michael S. •

Frage an Ute Leidig von Michael S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Leidig,

im Rahmen der aktuellen Krise sind die Beschäftigten in der Gesundheitsbranche in den Focus der Öffentlichkeit geraten.

Sie erinnern sich vielleicht an Aktionen wie Applaus für die Pflege bzw. für Menschen in Gesundheitsberufen.

Applaus und Sympathiekundgebungen sind für den Augenblick wohltuend, allerdings gibt es doch erhebliche Mißstände im Gesundheitswesen und insbesondere auch in der Pflege.

Als Stichworte möchte ich hier, ohne Anspruch auf Vollständigkeit nennen:

- System der Fallpauschale
- Personaluntergrenze
- Pfleger in Relation zur Anzahl der Patienten
- Massive Burn-Out Situation des Personals
- Teilweise mangelhafte Ausrüstung
- Berufsaufgabe (Eigenkündigung der Pfleger)

Dazu habe ich folgende Fragen bzw. Anmerkungen und bitte um Antwort:

1. Sind durch die Berichterstattung z. B. mit Applaus für die Pflege irgendwelche spürbaren Verbesserungen für Patienten oder für die Beschäftigten in Pflegeberufen eingetreten?

2. Falls nein, was würden Sie im Falle Ihrer erfolgreichen Wahl ändern, dass sich die Zustände in der Pflege verbessern?

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Schmidt

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerade die derzeitige Corona-Krise zeigt deutlich, wie wichtig ein starkes Sozial- und Gesundheitswesen für eine funktionierende Gesellschaft sind.
Wir Grüne wollen den sozialen Berufen den Stellenwert geben, den sie verdienen. Das heißt konkret mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Bezahlung, mehr Mitsprache und Aufstiegsmöglichkeiten. Für die Stärkung und Weiterentwicklung der Pflege liegen die wichtigsten Stellschrauben auf Bundesebene. Deshalb unterstützen wir Grüne in Baden-Württemberg auch die grüne Bundestagsfraktion bei Ihren Reformvorschlägen für den Gesundheits- und Pflegebereich. Dazu gehören unter anderem eine deutliche Verbesserung in der Bezahlung der Pflegeberufe, die Gründung einer Pflegekammer, eine Pflegeversicherung mit doppelter Pflegegarantie und die Stärkung der Menschen in häuslicher Pflege.
Einen Einblick in die Forderungen der grünen Bundestagsfraktion in diesem Bereich bieten folgende Anträge:

· Sofortprogramm Intensivpflege: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/243/1924378.pdf

· Professionelle Pflegekräfte wertschätzen und entlasten: https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/191/1919136.pdf

· Pflegeangehörige unterstützen: https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/189/1918957.pdf

· Die Pflegeversicherung verlässlich und solidarisch gestalten: https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/148/1914827.pdf

Mit den uns auf Landesebene zur Verfügung stehenden Gestaltungsmöglichkeiten konnten wir in den letzten Jahren wichtige Impulse setzen. Schwerpunkte dabei waren Schulgeldfreiheit, eine angemessene Ausbildungsvergütung sowie die Akademisierung. So wurde in Baden-Württemberg im Oktober 2018 der bundesweit erste primärqualifizierende Bachelorstudiengang in Hebammenwissenschaft eingerichtet. Der Studiengang ist Teil des Landesprogramms „Akademisierung der Gesundheitsfachberufe“. Seit wir Grüne in Regierungsverantwortung stehen, haben wir zudem die Zuschüsse aus Landesmittel für die Investitionen in Krankenhäuser stetig erhöht. Vor 2011 standen jährlich rund
337 Millionen Euro zur Verfügung. Für 2020 und 2021 haben wir jeweils 573 Millionen Euro eingestellt.

Für die nächste Legislatur haben wir uns zusätzlich zur Stärkung der Pflege noch folgende Punkte vorgenommen:

· Wir wollen die häusliche Pflege stärken und Beratungs- und Hilfsangebote für pflegende Familienangehörige ausbauen.

· Es ist wichtig, den Ausbau von ambulanten Angeboten und Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeplätzen sowie das Angebot der ambulanten Palliativversorgung voranzutreiben. So können wir pflegende Angehörige entlasten und stärken, die sich in der anstrengenden häuslichen Pflege allzu oft aufreiben.

· Wir wollen die kommunalen Pflegekonferenzen ausbauen. Hier erarbeiten Pflegende und Pflegebedürftige, Kassen und Kommunen gemeinsam Empfehlungen, welche Infrastruktur und Angebote vor Ort gebraucht werden. Diese Empfehlungen sind von den Pflegekassen zu berücksichtigen, wenn sie Rahmen- und Versorgungsverträge sowie Vergütungsvereinbarungen abschließen.

· Für ambulante Pflegedienste wollen wir eine Erhöhung der Wegepauschalen und bessere Bezahlung erreichen.

· Unsere Gesellschaft wird immer älter. Und damit steigt auch der Bedarf an Gesundheits- und Pflegeberufen. Deshalb ist es wichtig, dass wir konsequent ausbilden. Als Land werden wir die neue generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann unterstützen und mehr Studienplätze an Universitäten und Hochschulen für Pflege und Pflegewissenschaften einrichten. Mit der Akademisierung wollen wir eine gerechte Bezahlung und Aufstiegsmöglichkeiten sicherstellen.

· Wir wollen die Attraktivität der Gesundheitsfachberufe steigern. Das Schulgeld werden wir für alle Heilberufe abschaffen und eine Ausbildungsvergütung einführen.

Freundliche Grüße
Ute Leidig

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