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Ute Leidig
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Armin S. •

Frage an Ute Leidig von Armin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Ihre Parteikollegin Katharina Schulze hat Homöopathie als „Hokuspokus“ bezeichnet [ https://twitter.com/KathaSchulze/status/1102227532999544832 ] - wie sehen Sie das und was heißt das für mich als Homöopathen und meine Patient*innen?
Fordern Sie Einschränkungen, was die Apothekenpflicht von Homöopathika angeht?
Fordern Sie Einschränkungen für den Heilpraktiker?

Auch die Haltung von Frau Schulze zu Impfungen [ https://twitter.com/KathaSchulze/status/1102946438445744128 ] läßt mich schaudern. Plädieren Sie für eine Impfpflicht?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

leider kenne meine bayrische Parteikollegin Katharina Schulze nicht persönlich und kann daher nicht beurteilen, was sie zu der Aussage bewogen hat Für uns Grüne ist eine integrierte Versorgung aus Schul- und Komplementärmedizin wichtig und erstrebenswert. Naturheilkundliche Verfahren und Komplementärmedizin werden von vielen Menschen als hilfreich empfunden und von vielen Patient*innen nachgefragt. Gleichzeitig liegt aber oft kein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit vor, teils weil es sehr aufwändig und kostenintensiv ist, die Wirksamkeit von Medikamenten nachzuweisen. Aber ohne diesen Nachweis können die Änderungen von Krankheitssymptomen auch immer auf andere Faktoren zurückgeführt werden und sind nicht zwingend mit der Anwendung homöopathischer Mittel verknüpft.

Die Nachfrage von Patient*innen nach Homöopathie ist groß. Um den Zugang zu komplementärmedizinischen Methoden für viele Menschen zugänglich zu machen, haben wir Grüne auf Landesebene im Koalitionsvertrag mit der CDU vereinbart, dass alternative Heilmethoden langfristig fester Bestandteil der Normalversorgung werden und von gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen werden sollen. Viele Menschen wünschen sich die Anerkennung und Erstattung der Komplementärmedizin in der Regelversorgung. Eine breitere Übernahme von komplementärmedizinischen Verfahren durch die Krankenkassen würde diese Verfahren auch für Menschen mit geringem Einkommen sowie mit chronischen Erkrankungen besser zugänglich machen.

Apothekenpflicht: Zentral hierbei ist, dass Homöopath*innen und Apotheker*innen darüber aufklären, wie die Medikamente wirken und in welchen Fällen eine solche Therapie nicht ausreichend ist. Deswegen halte ich es für sinnvoll, dass in Deutschland die Apothekenpflicht für Homöopathische Arzneimittel besteht. Zudem sind sie durch das Bundesinstitut für Arzneimittel zulassungs- bzw. registrierungspflichtig und werden somit auf Qualität und Sicherheit überprüft. Durch die verpflichtende Kennzeichnung als Homöopathika sind sie außerdem klar von Arzneimitteln zu unterscheiden, deren Wirksamkeit in wissenschaftlichen Kontrollstudien nachgewiesen wurde.

Heilpraktiker*inen: Die Kostenübernahme der Behandlungen von Heilpraktiker*innen ist schon heute bei der Mehrheit der gesetzlichen Krankenkassen auf freiwilliger Basis auf Grundlage von Satzungsleistungen möglich. Dies erscheint mir auch zukünftig ein geeignetes Modell in den Fällen, in denen eine Wirksamkeit nicht eindeutig nachgewiesen werden kann. Von vielen Naturheilmitteln, wie Kamillentee oder Franzbranntwein, sind die Heilwirkungen weitläufig bekannt. Aber Sie werden hier und in anderen Fällen kein Unternehmen finden, das bereit ist, hierzu klinische Studien zu finanzieren. Das ist ein Grundproblem. Die gesetzlichen Krankenkassen sollten daher auch weiterhin selbst entscheiden, welche Therapien sie für ihre Versicherten im Bereich der Homöopathie übernehmen und welche nicht.

Den Heilpraktiker*innenberuf als freien Beruf auf Grundlage des Heilpraktikergesetzes wollen wir Grüne erhalten. Jedoch stammen die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Heilpraktiker*innenberuf noch aus dem Jahr 1939. Vor diesem Hintergrund halte ich eine zeitgemäße Anpassung für dringend geboten, um die Position der Heilpraktiker*innen zu festigen und auch um Qualitätsstandards zu definieren. So sollten zum Beispiel Inhalt, Struktur und Dauer der Ausbildung, wie bei vielen anderen Gesundheitsberufen auch, bundesweit einheitlich geregelt werden. Zudem wollen wir auf Landesebene darauf hinwirken, dass bei anderen Gesundheitsberufen übliche Pflichten wie die zur Dokumentation, zum Abschluss einer Haftpflicht sowie zur regelmäßigen Fortbildung und zur Teilnahme an der Qualitätssicherung auch für die Heilpraktiker*innen gelten.

Impfen: In dem von Ihnen genannten Twitter zitiert Katharina Schulze wörtlich aus einem Spiegel-Artikel, in dem u.a. auch steht „Wahrscheinlich hat keine andere Erfindung der Geschichte mehr Menschenleben gerettet als die Impfung“. Auch ich sehe Impfungen als eine der wichtigsten Errungenschaften der Medizin. Damit konnten Krankheiten wie Pocken ausgerottet werden, der Jahrhunderte lang Tausende von Menschen zum Opfer fielen. Wer geimpft ist, schützt nicht nur sich selbst, sondern auch Menschen, die beispielsweise aufgrund ihres Alters oder bestimmter Vorerkrankungen nicht geimpft werden können. Impfen kann deswegen auch ein Gebot der Solidarität verstanden werden. Je mehr Menschen geimpft sind, umso weniger können Krankheiten wie beispielsweise die Masern übertragen werden. Das Ziel, in allen Altersgruppen die Zahl der Geimpften (Impfquote) auf mindestens 95 Prozent zu erhöhen, wird bisher nur bei Kindern erreicht.

Grüne Politik setzt bei dem Ziel, die Impfquote zu verbessern, auf Aufklärung, Transparenz und Vernunft. Eine allgemeine Impfpflicht halten wir hingegen für kontraproduktiv und sehen hier auch verfassungsrechtliche Bedenken. Viele Eltern können durch Aufklärung überzeugt werden, eine Pflicht zur Impfung könnte sie hingegen abschrecken. Gerade weil manche Impfungen nicht nur Schutz, sondern auch Risiko bedeuten können, muss eine freie, selbstbestimmte Impfentscheidung erhalten bleiben.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ute Leidig MdL

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