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Ute Finckh-Krämer
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Frage von Dr. Herbert W. •

Frage an Ute Finckh-Krämer von Dr. Herbert W. bezüglich Soziale Sicherung

Vielen Dank, Frau Finckh-Krämer,
für Ihre schnelle Antwort zu meiner Frage, ob Sie ein Grundeinkommen für alle befürworten. Meine Hochachtung, dass Sie nicht auf einen Textbaustein aus dem Bestand der SPD-Grundwertekommission zurückgegriffen haben.

Sie haben eine Überschlagsrechnung aufgemacht (6.9.2017), mit der Sie sich klargemacht haben, dass Sie die Idee aus finanziellen Gründen ablehnen müssen.

Würden Sie Ihre Meinung revidieren, wenn Sie berücksichtigen, dass der größte Posten der Gegenfinanzierung in der Überschlagsrechnung nicht enthalten war? Man darf nicht außer Acht lassen, dass die meisten Erwerbstätigen in Deutschland mehr verdienen als das Grundeinkommen. Hier käme das Grundeinkommen nicht einfach hinzu, sondern diese Einkommen blieben netto - nach Steuern - unverändert. Insoweit ergibt sich weder für den Einzelnen ein Verlust noch für die Gemeinschaft ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf. Der an diese Erwerbstätigen ausgezahlte Grundeinkommensbetrag wäre von den 800 Mrd. Euro Ihrer Überschlagsrechnung abzuziehen.

Richtig ist, dass ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf dadurch entsteht, dass mit dem Grundeinkommen die Armut beseitigt werden soll. Niemand würde mehr unter die Armutsgrenze gedrückt. Das erfordert nach Schätzungen bis zu 50 Mrd. Euro jährlich, die in der Tat durch Umverteilung finanziert werden müssen, z.B. Besteuerung sehr hoher Einkommen und Vermögen oder eine Finanz-Transaktionssteuer.

Wie das organisiert werden kann, findet sich in den politischen Quellen, die ich in meiner Frage vom 5. September genannt habe, insbesondere dem der Arbeitsgruppe Grundeinkommen der Partei Die Linke: http://www.die-linke-grundeinkommen.de/fileadmin/lcmsbaggrundeinkommen/PDF/BAG_Brosch2016.pdf . Auch das Konzept von Prof. Thomas Straubhaar: "Radikal gerecht" bietet ein konkretes Rechenmodell.

Wie wäre Ihre Haltung zum Grundeinkommen, wenn das Finanzierungsproblem gelöst ist?

Mit den besten Grüßen
Herbert W.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr W.,

herzlichen Dank für Ihre Frage. In der Broschüre der Linken ist eine Primärenergieabgabe einer der Hauptposten, mit dem die Finanzierungslücke geschlossen werden soll. Deren mögliche Auswirkungen auf die Verlagerung energieintensiver Wirtschaftszweige werden nicht diskutiert. Sie bedeutet auch nicht nur eine direkte Belastung (die korrekt dargestellt wird), sondern erhöht ggf. auch Preise hier produzierter Waren (was unterschlagen wird). Auch die Belastung von Immobilien mit 1,5% des Verkehrswertes jährlich wird schöngerechnet, indem als Beispiel die Belastung einer vierköpfigen Familie dargestellt wird. Fairer Weise sollte aber auch die Belastung der Eltern nach Auszug der Kinder dargestellt werden (die im Rechenbeispiel der von Ihnen genannten Broschüre nicht mehr bei 300, sondern bei 2.550 € jährlich läge - noch krasser sähe das Ganze übrigens für Alleinerziehende aus). Eine solche Abgabe träfe überproportional die Menschen, die in Ballungsgebieten mit schnell steigenden Immobilienpreisen eine Eigentumswohnung oder ein Haus haben. Es hieße auch, dass die Finanzämter Jahr für Jahr den Verkehrswert aller Immobilien berechnen müssten. Diese neue Steuer wäre für viele Menschen weniger kalkulierbar als die bisherigen Steuern.

Ich halte daher auch das Finanzierungskonzept der Linken (das nicht nur die steuerpflichtigen Arbeitseinkommen, sondern auch Immobilien und Energieverbrauch für die Gegenfinanzierung einbeziehen will) für unrealistisch.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Finckh-Krämer