Frage an Ute Finckh-Krämer von Friedrich W. bezüglich Soziale Sicherung
Teilen auch Sie den Kurs der SPD, das immer mehr Menschen die aus gesundheitlichen Gründen am Erwerbsleben nicht mehr teilhaben können, i.d.R. bis zum Ableben, mittels "Grundsicherung" auf dem Niveau von ALG II ihr Dasein in Armut zu Fristen haben, derweil ein Bürger in derselben gesundheitlichen Situation nach zwei Jahren Verbeamtung einen Rechtsanspruch auf ca. 1500,00 Euro Pension hat, ohne jemals Beiträge entrichtet zu haben? Ist das auch Ihr Verständnis des im GG verbrieften Gleichheitsgrundsatzes?
Sehr geehrter Herr W.,
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Beamte haben nach 5, nicht nach 2 Jahren im Beamtenverhältnis Anspruch auf eine Mindestpension, wenn sie dienstunfähig werden. Diese beträgt aktuell etwa 1.500 € abzüglich Steuern und Krankenversicherung. Damit sind Beamte in der Tat besser gestellt als manche Tarifbeschäftigte, bei denen es für die Erwerbsminderungsrente keine Mindestrente gibt. Die Mindestzeit - 5 Jahre - ist gleich, und eine Berufsunfähigkeitsrente gibt es nur für Menschen, die vor 1961 geboren sind. Darauf spielen Sie vermutlich mit Ihrer Aussage an, dass immer mehr Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen am Erwerbsleben nicht mehr teilhaben können, auf Grundsicherung angewiesen sind. Wobei bei Arbeits- bzw. Dienstunfällen sowohl bei Tarifbeschäftigten als auch bei Beamten eine bessere Absicherung ohne Mindestbeschäftigungszeiten erfolgt.
Ich halte die unterschiedlichen Absicherungssysteme für Beamte und Tarifbeschäftigte nicht für gerechtfertigt, egal, ob es um Alter, Krankheit oder Erwerbsminderung geht. Da die "hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" aber Verfassungsrang haben (Art. 33 Abs. 5 GG), braucht es breite Mehrheiten, um daran etwas zu ändern. Die sind bisher immer an der Union und der FDP gescheitert. Am einfachsten lässt sich die Krankenversicherung vereinheitlichen - das fordert die SPD mit ihrem Konzept der Bürgerversicherung in ihrem Wahlprogramm.
Dass in den letzten Jahren die Zahl der Menschen gewachsen ist, die auf Grundsicherung angewiesen sind, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen am Erwerbsleben nicht mehr teilhaben können, hat mehrere Gründe: Die Zahl der Selbstständigen, die so wenig verdienen, dass sie sich nicht adäquat versichern können, wächst. Durch die Agenda 2010 sind für manche Berufsgruppen die Löhne vor einigen Jahren deutlich gesunken, was direkten Einfluss auf die Erwerbsminderungsrenten hat. Und durch die Erhöhung des Rentenalters wurden die Erwerbsminderungsrenten niedriger, weil hierbei eine Weiterarbeit bis zum Alter von 60 Jahren zugrunde gelegt wurde. Zumindest am zweiten und dritten Punkt haben wir etwas unternommen: Der Mindestlohn hat zu einer allgemeinen Erhöhung des Lohnniveaus geführt, und für die Erwerbsminderungsrente wird bei neu eintretender Erwerbsminderung seit 2014 eine Weiterarbeit bis zum 62. und nicht mehr nur bis zum 60. Lebensjahr zugrunde gelegt (sogenannte Zurechnungszeit). Für alle, die nach dem 1.1.2018 eine Erwerbsminderungsrente beantragen, erhöht sich die Zurechnungszeit schrittweise weiter, bis sie 2024 bei 65 Jahren liegt. Weitere Informationen hierzu finden Sie z.B. unter https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2017/02/2017-02-15-erwerbsminderungsrente.html
Mit freundlichen Grüßen
Ute Finckh-Krämer