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Ute Finckh-Krämer
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Frage von Klaus F. •

Frage an Ute Finckh-Krämer von Klaus F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr.Finckh-Krämer,

seit einigen Monaten betreue ich eine syrische Familie hier in Berlin.
Für den Fall einer Beilegung des Bürgerkrieges in Syrien werden Fragen aufgeworfen, für die ich Sie um eine klärende Stellungnahme bitte.

a. Wenn in den nächsten drei Jahren in Syrien wieder Frieden herrscht, sind dann die Menschen aus Syrien verpflichtet, in ihre Heimat zurückzukehren? Gibt es Ausnahmen? Wenn ja, welche und warum?
b. Warum reden wir immer nur von Integration dieser Menschen in Deutschland? Müssen wir nicht vielmehr den Menschen die Unterstützung / Ausbildung zukommen lassen, die sie benötigen, ihre Heimat wieder aufzubauen, sollte eine friedliche Rückkehr möglich sein.
c. Warum erhalten Kinder aus Syrien neben Deutsch nicht auch arabischen Sprachunterricht in der Schule? Wollen wir ihnen die Rückkehr erschweren oder gar unmöglich machen?
d. Ist es nicht falsch und sehr egoistisch, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu vermitteln, dass wir die hochqualifizierten (oder jungen) Menschen aus Syrien bei uns schnell integrieren, weil sie unser Arbeitsmarkt gut gebrauchen kann oder sie unsere demographischen Probleme mildern? Ist es nicht vielmehr so, dass gerade diese Menschen vorrangig für den Wiederaufbau in ihrem Land gebraucht werden? Und wir im Friedensfall gerade ihnen die Rückkehr empfehlen oder gar darauf bestehen sollten?
e. Ist es richtig, dass wir Menschen, die vor dem Krieg Schutz bei uns suchen, in "unbegrenzter Zahl" aufzunehmen verpflichtet sind, die Schutzbedürftigkeit aber mit Beilegung des Konfliktes wegfällt und daher eine Rückkehr einzuleiten ist?

Mit einer klaren Beantwortung dieser Fragen kann aus meiner Sicht die Hilfsbereitschaft in unserem Lande wesentlich gestärkt und den Schutzsuchenden eine klare und eindeutige Perspektive aufgezeigt werden.

Für Ihre Stellungnahme danke ich im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Focke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Focke,

herzlichen Dank für Ihre Fragen. Ich beantworte sie mit Verweis auf die jeweiligen Buchstaben, die Sie den Fragen vorangestellt haben.

a. Sollte - was ich hoffe - in drei Jahren in Syrien wieder Frieden herrschen, wird die Frage, ob alle Flüchtlinge aus Syrien wieder nach Syrien zurückkehren, im Einzelfall davon abhängen, ob sie ohne Gefahr für Leib und Leben in ihre Heimatorte zurückkehren oder innerhalb Syriens anderweitig menschenwürdig unterkommen können. Von den Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien sind etwa zwei Drittel zurückgekehrt.

b. Diejenigen, die überwiegend oder ausschließlich von der Integration hier reden, sind eher pessimistisch, was einen baldigen Frieden in Syrien angeht. Wir können aber davon ausgehen, dass die meisten Qualifikationen, die Flüchtlinge hier erwerben, das Erlernen der deutschen Sprache eingeschlossen, ihnen auch nach einer eventuellen Rückkehr nach Syrien nützen wird. Nach Ende des Krieges werden ein modernes Bildungssystem und der Einsatz moderner Technik für das Land wichtiger denn je sein, und Deutschkenntnisse können sowohl im Tourismus als auch für Firmenkooperationen oder in Tochterfirmen deutscher Unternehmen hilfreich sein.

c. Die Frage, ob syrische Kinder mittelfristig auch muttersprachlichen syrischen Unterricht erhalten, wird in der Tat geprüft werden müssen. Unabhängig von ihrer Rückkehrperspektive ist Zweisprachigkeit eine Chance und kein Nachteil. Derzeit ist es aber vordringlich, ihnen möglichst schnell so viel Deutsch beizubringen, dass sie dem deutschen Schulunterricht folgen können.

d. Ich gebe Ihnen Recht, dass das Argument, dass Flüchtlinge, die hier bleiben, unserer Gesellschaft nützen, isoliert gesehen problematisch ist. Es ist vor allem als Gegenargument gegen diejenigen gedacht, die behaupten, dass die hierher gekommenen Flüchtlinge auf unabsehbare Zeit unseren Sozialkassen zur Last fallen werden. Da es in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg ziemlich lange dauerte, bis Vollbeschäftigung herrschte, kann es in Syrien eine ähnliche Übergangszeit geben. Dann kann es sinnvoll sein, wenn ein Teil der hier Ausgebildeten hier bleibt und - was viele Migranten machen - zurückgekehrte oder im Land verbliebene Familienmitglieder finanziell unterstützt anstatt arbeitslos in Syrien herumzusitzen.

e. "Unbegrenzte Zahl" ist angesichts einer zum Glück endlichen Zahl von Kriegsflüchtlingen auf der Welt, von denen die meisten lieber in der Nähe ihrer jeweiligen Herkunftsländer bleiben, nicht die Frage. Ich plädiere für pragmatische Lösungen: Als wirtschaftlich starkes Land, das auf umfangreiche Erfahrungen in der Aufnahme von Menschen aus anderen Ländern - sei es befristet, sei es dauerhaft - aufbauen kann, sollten wir möglichst vielen Kriegsflüchtlingen Schutz bieten, ihnen aber ehrlich sagen, dass das zunächst ein zeitlich begrenzter Schutz ist und dass sie nach Ende des Krieges aufgefordert werden können, in ihr Heimatland zurückzukehren, wenn nicht besondere persönliche Härtefälle vorliegen. Wobei ich es nicht für sinnvoll halte, jemanden, der hier einen Arbeitsplatz gefunden hat und gebraucht wird, in die Arbeitslosigkeit in einem kriegszerstörten Land zu schicken.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Finckh-Krämer