Frage an Ute Finckh-Krämer von Rainer L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Dr. Finckh-Krämer,
wie ist Ihre Meinung zum bedingungslosen Grundeinkommen?
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Locke
Sehr geehrter Herr Locke,
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Es gibt sehr verschiedene Konzepte, die unter dem Begriff "bedingungsloses Grundeinkommen" diskutiert werden - jedenfalls was die Finanzierung und den Kreis der Berechtigten angeht. Wenn z.B. alle Sozialleistungen zusammengefasst und ohne Bedürfnisprüfung auf alle Bundesbürger umgelegt werden sollen, wird der höhere Bedarf von Pflegebedürftigen und Schwerstbehinderten außer Acht gelassen und die Tatsache, dass erworbene Rentenansprüche als vom Grundgesetz geschütztes Eigentum gelten und daher nicht alle Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in eine Einheitsrente umgewandelt werden dürfen, die vielleicht auch noch bestimmte bisher Berechtigte (z.B. Ausländer, die nach einigen Jahren hier wieder in ihrem Heimatland leben) ausschließen würde. Bei einer Teilfinanzierung aus zusätzlichen Steuern, um niemanden schlechter zu stellen als bisher, müsste der Widerstand all derer überwunden werden, die bei Einführung einer Vermögenssteuer, deutlich höheren Erbschaftssteuern, deutlich höheren Einkommenssteuern oder deutlich höherer Mehrwertsteuer unterm Strich weniger Einkommen hätten als bisher.
In jedem Fall müsste sehr genau überlegt werden, wer Anspruch auf das bedingungslose Grundeinkommen hätte - alle, die ihren dauerhaften Wohnsitz in Deutschland oder die deutsche Staatsangehörigkeit haben? Was ist mit deutschen Staatsangehörigen, die teilweise oder ganz im Ausland leben und arbeiten, mit Deutschen, die in Grenzgebieten eine Wohnung oder ein Haus auf der anderen Seite der Grenze haben, weil dort die Miete niedriger oder das Bauland billiger ist, mit über die Grenze zur Arbeit nach Deutschland pendelnden Menschen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, mit Menschen doppelter Staatsangehörigkeit, wenn in mehreren europäischen Ländern ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt würde?
Ich finde es daher zwar sinnvoll, über ein bedingungsloses Grundeinkommen zu diskutieren, weil es die Stärken und Schwächen unseres Sozialstaates aufzeigt, aber ich sehe bisher kein Konzept dafür, das ich für umsetzbar
halte.
Mit freundlichen Grüßen
Ute Finckh-Krämer