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Frage von Thomas S. •

Frage an Uta Zapf von Thomas S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Zapf!

Am 29. bzw. 30 05.08 soll das geplante Gesetz zur Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG vom dt. Bundestag beschlossen werden.

Sie haben im Oktober des vergangenen Jahres mir gegenüber sowohl postalisch als auf dieser Seite am 9.10.07 das Modell einer sogenannten Volksaktie favorisiert, Zitat Zapf auf: http://www.abgeordnetenwatch.de/uta_zapf-650-5545--f74802.html#frage74802

"In der SPD-Fraktion wird zusätzlich jetzt sehr intensiv über das sog. Volksaktienmodell debattiert, das als Kompromissvorschlag gilt, weil es staatliche Kontrolle und notwendige Kapitalaquirierung für Investitionen kombiniert. "

Von diesem Modell Ihres Kollegen Herrn MdB Scheer ist nach m.E. in der aktuellen Fassung nichts übrig geblieben.

Frage 1) Wie werten Sie meine Einschätzung?

Frage2) Stellt eine Zustimmung zu dem in der Drucksache 16/9070 enthaltenen Entwurf nicht eine klare Mißachtung des Votums des letzten SPD-Bundesparteitages dar?

In Ihrer oben genanten Antwort vom 9.10.07 schreiben Sie:
"Ich persönlich sehe den Börsengang als notwendig an, weil die Bahn für ihre internationale Konkurrenzfähigkeit enormen Kapitalbedarf hat. "

Dem möchte ich die m.E. sehr fundierte Kritik des Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin entgegenhalten, nachzulesen auf: http://privatisierungstoppen.deinebahn.de/download/sarrazin-einschaetzung_070423.pdf

"Für die finanzpolitische Bewertung ist bedeutsam, dass mit einem der Größenordnung des Vermögensverkaufs angemessenen Mittelzufluss für den Bund nicht zu rechnen ist."
(obige Quelle S. 6)

"Eine Beteiligung an solch einem Unternehmen ist für den privaten Investor stets hoch attraktiv, wenn sie sich nur etwas besser verzinst als eine Bundesanleihe,denn sie ist genauso risikoarm. Für Bahn und Bund aber ist solch ein Kapitalzufluss teurer als eine Anleihe. (obige Quelle S. 7)

Frage 3) Erkennen Sie in diesem Verlustgeschäft immer noch eine "Kapitalaquirierung"?

Frage 4) Wie werden Sie abstimmen?

Mit freundlichem Gruß, Thomas Schüller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schüller,

vielen Dank für ihre Fragen zur Bahnprivatisierung vom 28.05.2008.

wie Sie sicherlich wissen, wurde der Antrag zur Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG am 30.05.2008 vom deutschen Bundestag beschlossen. Ich selbst bin der Abstimmung ferngeblieben, da ich zum gleichen Zeitpunkt als Teilnehmerin und Rednerin auf einer Tagung der Südosteuropa-Gesellschaft anwesend war. Nur wegen dieser zeitlichen Überschneidung musste ich der Abstimmung fernbleiben.

Trotzdem möchte ich Ihnen auf Ihre Fragen antworten: Ich habe ebenfalls Zweifel an der aktuellen Fassung des Antrags, da sie nicht den von der SPD angestrebten Kompromiss einer Beteiligung privater Eigner an Gewinnen und Risiken des Unternehmens Deutsche Bahn darstellt.
Lassen Sie mich meine zwei Hauptkritikpunkte am aktuellen Antrag zur Bahnprivatisierung kurz im Einzelnen ausführen: Zum einen ist weiterhin mit hohen Kosten im schienengebundenen Personennahverkehr (SPNV) zu rechnen, da der Bund in Zukunft sowohl für die steigenden Investitionen in die Infrastruktur als auch für die Folgen des eingeschränkten Wettbewerbs wird aufkommen müssen. Darüber hinaus muss die zukünftige „DB Mobility Logistics AG“ in Zukunft auch eine Unternehmensrendite für die privaten Anteilseigner erwirtschaften.

Darüber hinaus wird der zu erwartende Privatisierungserlös aus den 24,9% der verkauften Bahnaktien in keinem Verhältnis zu dem Wert des Unternehmens stehen. Die Privatisierungserlöse sollten großen Investitionen in die Logistik dienen. Mit der abgestimmten Kompromisslösung einer Teilprivatisierung sind die berechneten Kosten nicht annähernd zu decken, so dass meiner Meinung nach das Privatisierungsziel, das auch nachvollziehbar ist, nicht erreicht wurde. In diesem Punkt gebe ich dem von ihnen angeführten Argument des Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin Recht. Insgesamt ist also leider davon auszugehen, dass der Bund einen Großteil der Risiken der Privatisierung trägt, während die Gewinne in erster Linie den privaten Anteilseignern zufließen werden.

Ich respektiere die getroffene Mehrheitsentscheidung meiner Fraktion. Ich werde mich aber in Zukunft dafür einsetzen, dass es bei einer Privatisierung von 24,9% des Unternehmens Deutsche Bahn bleibt. So kann verhindert werden, dass der Einfluss von Bund und Ländern auf die Bahnentwicklung noch weiter sinkt und das Unternehmen in Abhängigkeit von einseitigen Interessen der Finanzinvestoren gerät.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Uta Zapf