Frage an Uta Zapf von Marc B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Zapf,
nachdem die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist zur Neufassung des Wahlrechts für Bundestagswahlen nun verstrichen ist, möchte ich Sie fragen, wie weit nach Ihrem Kenntnisstand eine neue Gesetzesvorlage bereits gekommen ist.
Was sind mögliche Alternativen zur bestehenden Fassung?
Wird das Gesetz noch rechtzeitig zur nächsten Wahl fertig?
Und wenn nicht, denken Sie, dass dies zu einer Regierungskrise führen kann?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Bärenz,
in der Tat ist es der Bundesregierung nicht gelungen, innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist, die am 30.6. ablief, das Wahlrecht neu zu regeln. Drei Jahre war Zeit gewesen - nun liegt immerhin ein Entwurf für die Gesetzesänderung vor, der aber viele Mängel in sich trägt und von dem zweifelhaft ist, ob er die 2. und 3. Beratung im Deutschen Bundestag überstehen wird.
Wir bewegen uns nun im rechtsfreien Raum, der bis zur nächsten planmäßigen Bundestagswahl behoben sein muss. Allerdings wären kurzfristig angesetzte Neuwahlen ungültig, da kein verfassungsgemäßes Wahlrecht besteht. Es gäbe also keinen handlungsfähigen Bundestag und das Land wäre politisch lahmgelegt.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2008 das sogenannte negative Stimmgewicht für verfassungswidrig erachtet, das durch den Ausgleich von Erst- und Zweitstimmen entsteht. Eine wirkliche Reform muss dieses beseitigen, aber auch ein noch größeres Problem angehen, das das Bundesverfassungsgericht bislang nicht geprüft hat: die Überhangmandate. Überhangmandate können den im Zweitstimmenergebnis dokumentierten Wählerwillen umdrehen, weil sie dazu führen können, dass die Partei mit den meisten Zweitstimmen nicht die mit der Mehrheit der Sitze im Bundestag ist.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat einen Gesetzentwurf ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/058/1705895.pdf ) vorgelegt, der Überhangmandate neutralisiert. Er sieht vor, dass für Überhangmandate ein Ausgleich gewährt wird, um die Proportionalität des Zweitstimmenergebnisses wieder herzustellen. Die Wählerinnen und Wähler können sich dann wieder darauf verlassen, dass sie mit ihrer Stimme bewirken, was sie beabsichtigt haben. Das gebietet die politische Glaubwürdigkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Zapf