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Ulrich Lange
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Frage von Siegfried E. •

Frage an Ulrich Lange von Siegfried E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Lange

Der griechische Finanzminister Varoufakis sagt in Interviews (z.B. in DER SPIEGEL Nr. 8/14.2.2015) wiederholt:

1.90% des Geldes aus den Hilfsprogrammen sind in Wahrheit nie in Griechenland angekommen.

2. Die Deutschen sollten wissen, dass sie mit ihrem Geld nicht Griechenland, sondern Banken, insbesondere in Deutschland und Frankreich, gerettet haben.

Da ihm von den Journalisten nie widersprochen wird, richte ich an Sie die Frage: Hat Herr Varoufakis damit Recht oder lügt er?

Vielen Dank für Ihre Bemühungen
Siegfried Ebert

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Ebert,

für Ihre Anfrage bezüglich der Hilfsprogramme für Griechenland danke ich Ihnen.

Einleitend möchte ich kurz auf die Situation in Griechenland vor Beginn der dortigen Staatsschuldenkrise eingehen. Die griechische Wirtschaft war gekennzeichnet durch eine gravierende Schwäche der Wettbewerbsfähigkeit in Folge nicht stabilitätsgerechter Preis- und Lohnentwicklungen.

- Löhne in Griechenland stiegen viel schneller als die Produktivität (=steigende Lohnstückkosten). Im Zeitraum 1995 bis 2010 stiegen die griechischen Lohnstückkosten um rd. 21 Prozent im Vergleich zu den Handelspartnern im Euro-Währungsgebiet. Im Vergleich zu Deutschland ist das Gesamtwachstum der Lohnstückkosten seit 1999 - trotz der starken Lohnsenkungen in Griechenland - noch immer etwas höher.

- Besonders ausgeprägt war die Erhöhung der Lohnkosten im Verhältnis zur allgemeinen Konjunktur im öffentlichen Dienst. Die Löhne im öffentlichen Sektor in Griechenland stiegen um mehr als 100 Prozentpunkte, während sie im Rest der Eurozone um 40 Prozentpunkte stiegen.

- Starre Produkt- und Arbeitsmärkte, die von allen internationalen Organisationen - OECD, IWF, KOM u. s. w. immer wieder reformbedürftig genannt wurden, behinderten die Wettbewerbsfähigkeit.

Der Schuldenstand und die Budgetdefizite des griechischen Staates bewegten sich bereits im Vorfeld der Krise auf hohem Niveau.

- Trotz weitgehend stabilen Wirtschaftswachstums nahm die Schuldenquote (Verhältnis Schuldenstand zum BIP) von 105 Prozent im Jahr 2001 auf 113 Prozent im Jahr 2008 weiter zu.

- Griechenland hat seit Eintritt in die Wirtschafts- und Währungsunion (bis einschl. 2013) kein einziges Mal das 3 Prozent Maastricht-Kriterium unterschritten. 2000 - 2008 betrug das jährliche staatliche Budgetdefizit durchschnittlich rund 6 Prozent des BIP. 2009 erreichte das Defizit mit 15,9 Prozent des BIP seinen Höhepunkt.

Zusammengefasst lässt sich sagen, Griechenland hat über seine Verhältnisse gelebt und sich in diesem Zusammenhang hoch verschuldet. Aufgrund der nicht mehr tragfähigen Staatsfinanzen drohte Griechenland im Jahr 2009/2010 die Staatsinsolvenz. Zur Bewältigung der Überschuldungssituation in Griechenland wurde im Rahmen eines Anpassungsprogramms ein breiter Ansatz gewählt, der Instrumente der finanz- und wirtschaftspolitischen Anpassung innerhalb Griechenlands mit neuen Wachstumsimpulsen, einer Beteiligung privater Gläubiger und einer Finanzmarktabschirmung verbindet. Im Gegenzug zur Umsetzung des vereinbarten Reformprogramms wurden Griechenland Hilfsgelder zur Verfügung gestellt. Dies versetzte den griechischen Staat in die Lage, seinen allgemeinen Finanzbedarf zu decken und seine mittel- und langfristigen Schulden tilgen zu können. Einen Teil der Mittel hat der Staat zur Stützung der in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise angeschlagenen griechischen Banken verwendet. In der Euro-Staatsschuldenkrise gibt es eine enge Korrelation zwischen den Risiken schwacher Banken und schwacher Staaten. In Griechenland ist die Ursache der Probleme vorrangig im Staatssektor zu suchen. Ungeachtet der Ursachen gibt es das Problem der hohen Korrelation: Ohne stabile Banken besteht die ernsthafte Gefahr einer negativen Eigendynamik. Die eigentlichen Reformbemühungen würden immer wieder zunichte gemacht. Eine Rekapitalisierung ist daher nötig.

Zusammenfassend stellt sich die Verwendung der Hilfsgelder im Rahmen des zweiten makroökonomischen Anpassungsprogramm für Griechenland wie folgt dar: Europäische Hilfsgelder (in Mrd. Euro) im Rahmen des zweiten makroökon. Anpassungsprog.

Bislang ausgezahlt (Gesamtzusage / Allgemeine Programmittel): 59 / 60,8
Bankenrekapitalisierung: 48,2 / 48,2
Privatsektorbeteiligung einschl. aufgelaufener Zinsen: 34,6 / 35,5
(Quelle: European Financial Stability Facility)

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen gedient zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Ulrich Lange

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