Frage an Ulrich Goll von Heike L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Goll,
Angesichts des Flüchtlingselends stelle ich mir gerade die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, alle Menschen, die ohne gültige Papiere zu uns kommen, zu einem Sozialpraktikum zu verpflichten. Es sollte ein ehrenamtliches Hospitationspraktikum sein von 1-3 Jahren Dauer, in einer sozialen Einrichtung analog zum freiwilligen sozialen Jahr - das würde den Menschen Beschäftigung bieten, klare Ansprechpersonen, Hilfe zur Integration, würde ihnen die Regelungsdichte in Deutschland klar vor Augen führen und würde diejenigen abschrecken, die in der Illusion leben, in Deutschland großes Geld verdienen zu können. Was für deutsche Jugendliche gut ist, kann für nicht-deutsche Menschen nicht schlecht sein. Es würde aufzeigen, wo wir hier einen Bedarf haben z.B. Demenzbegleitung, und es wäre kostenneutral möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Heike Leonhardt-Huober
Sehr geehrte Frau Dr. Leonhardt-Huober,
ich sehe die Chancen der Integration in Arbeit von Flüchtlingen. Diese sollen möglichst schnell ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise selbst bestreiten können. Das entspricht dem Willen der meisten Flüchtlinge und das entlastet unseren Sozialstaat. Es fördert den weiteren Spracherwerb und ebnet den Weg in den Sozialraum.
Bei einem wie immer ausgestalteten Sozialpraktikum ist jedoch zu bedenken, dass im Rahmen dieser Tätigkeiten oftmals Hilfeleistungen an Personen erbracht werden, die Kommunikation voraussetzen. Insbesondere in der Hilfe für alte Menschen sehe ich hier zunächst unüberwindbare Hindernisse. Zudem erachte ich es für problematisch, wenn Menschen unbekannter Identität und unbekannten Hintergrunds in die Privatsphäre Zutritt haben. Deshalb setze ich zunächst auf Integrations- und Sprachangebote. Gerade diejenigen Flüchtlinge ohne Ausweispapiere stellen die Verwaltung aber vor große Herausforderungen. Die CSU beispielsweise möchte diese Flüchtlinge pauschal außer Landes halten, ganz gleich ob diese ihre Papiere schuldhaft nicht bei sich führen oder nicht.
Nach Vorstellung der Freien Demokraten sollte sich diese Frage aber in der Bundesrepublik gar nicht stellen, sondern bereits in sog. Aufnahmezentren mit ausreichend Plätzen (Hotspots) an den europäischen Außengrenzen geklärt werden. Bis diese Strukturen funktionieren, sehe ich die nationale Einreisesteuerung als Zwischenschritt, denn Deutschland muss auf dem Weg dorthin zunächst wieder in die Lage versetzt werden, die Menschen bei ihrer Einreise zu registrieren. Dies bedeutet, dass auch vorübergehende Grenzkontrollen zu Österreich und der Tschechischen Republik notwendig sein können, um legal einreisende Flüchtlinge zu erfassen und zu verteilen, illegale Einreisen zu unterbinden beziehungsweise bei unklarem Status oder der Herkunft aus sicheren Drittstaaten eine Überführung in die von der Bundesregierung beschlossenen Registrierungszentren sicher zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Ulrich Goll MdL
Justizminister a. D.