Frage an Ulrich Goll von Wulf H. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Prof. Goll,
Ihre Partei spricht sich in ihrem Wahlprogramm für die Streichung des Landeserziehungsgelds und die Verwendung der freiwerdenden Mittel im Bereich der Betreuungseinrichtungen aus.
Wie auch Ihnen bekannt sein dürfte, fällt die Kinderbetreuung aber in den Zuständigkeitsbereich der Kommunen und nicht in den des Landes.
Wie wollen Sie gewährleisten, dass die so umverteilten Gelder bedarfsgerecht an die Kommunen verteilt werden und dort tatsächlich als zusätzliche Mittel in den Ausbau des Betreuungsangebots investiert werden?
Das Landeserziehungsgeld kommt ausschließlich Familien mit geringem Einkommen zugute. Halten Sie es wirklich für eine sozial ausgewogene Maßnahme der Familienförderung, diesen Familien die Unterstützung zu entziehen und das Geld statt dessen quasi mit der Gießkanne an die Kommunen zu verteilen, um damit indirekt gerade die weniger bedürftigen Familien zu unterstützen?
Sehr geehrter Herr Hanke,
in der Tat spricht sich die FDP für die Umwidmung des Landeserziehungsgeldes zum Ausbau der Betreuungsangebote in Baden-Württemberg aus. Obwohl, wie Sie zu Recht anmerken, die Finanzierung von Betreuungsangeboten Aufgabe der Kommunen ist, beteiligt sich das Land bereits heute freiwillig daran, da wir uns mit dem neuen Ministerpräsidenten einig sind, dass wir im Bereich der Kinderbetreuung einen großen Nachholbedarf haben. Im Rahmen des Konzeptes "Kinderfreundliches Baden-Württemberg" hat das Land zusätzlich sieben Mio. Euro zur Verfügung gestellt: Vier Mio. Euro für den Ausbau von Krippenplätzen und drei Mio. Euro für den Ausbau der Tagespflege. Auch z. B. bei der Fortbildung der Erzieherinnen zur Umsetzung des Orientierungsplanes beteiligt sich das Land freiwillig, indem es die geschätzten Gesamtkosten von 20 Millionen zur Hälfte trägt.
Sollten uns die Wähler wieder mit Regierungsverantwortung betrauen und wir mit unserer Forderung durchdringen, das Landeserziehungsgeld (mit einem Volumen von immerhin 83 Millionen Euro) für den Ausbau der Betreuungsangebote in Land umwidmen zu können, können Sie sicher sein, dass wir eine Regelung finden werden, die eine zweckgebundene und bedarfsgerechte Verteilung gewährleistet. Es gilt aber auch darauf zu achten, dass nicht die Kommunen bestraft werden, die sich bereits in der Vergangenheit vorbildlich im Bereich der Kinderbetreuung engagiert haben.
Wie auch Ihnen bekannt sein dürfte, plant die Große Koalition in Berlin, das Bundeserziehungsgeld durch ein Elterngeld zu ersetzen, das nur noch im ersten Lebensjahr eines Kindes ausgezahlt werden soll. Ein Landeserziehungsgeld, das wie im Moment erst im dritten Lebensjahr ausbezahlt wird, macht da keinen großen Sinn mehr. Eine Neuordnung ist unumgänglich!
Die FDP will den Familien nichts wegnehmen. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Es geht um eine Umschichtung von Geldern, die einer großen Mehrheit von Familien im Land gerecht würde. In die gleiche Richtung denkt offenbar auch der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), der nun fordert, das Kindergeld zu kürzen, um kostenlose Kindergartenplätze zu ermöglichen. Wenn weltweit nur im Vatikan prozentual weniger Kinder geboren werden als bei uns, obwohl Familien bei uns stark gefördert werden, erkennt man klar, dass unsere Familienförderung neu überdacht werden muss.
Als familienfeindlichste Maßnahme seit Langem empfinde ich persönlich übrigens die von der großen Koalition geplante Mehrwertsteuererhöhung. Von dieser größten Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sind die am meisten die betroffen, die keiner sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgehen. Hier wird Familien wirklich etwas weggenommen!
Die FDP setzt sich für solide finanzielle Rahmenbedingungen für alle Familien ein, ob mit verheirateten, unverheirateten oder allein erziehenden Eltern. Wir streben einen Steuerfreibetrag von 7.700 Euro für Erwachsene und Kinder gleichermaßen an. Für Familien mit kleinen Einkommen soll das Kindergeld auf 200 Euro pro Kind und Monat erhöht werden. Die FDP setzt auf einen Wandel hin zu einer familienfreundlichen Gesellschaft. Zu familienfreundlichen Bedingungen in unserer Gesellschaft gehören - mit Blick sowohl auf die Kindergeneration als auch auf die ältere Generation - eine familienge-rechte Arbeitswelt, eine Kultur der Anerkennung der Leistungen und Kompetenzen von Eltern und eine gute soziale Infrastruktur für Familien.
Ulrich Goll