Frage an Ulrich Goll von Gerhard S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Die Buergerrechte schwinden der Ueberwachungsstaat blueht:
was gedenken sie dagegen zu tun, dass immer mehr Buerger pauschal und ohne Kontrolle unabhaengiger Instanzen aufgrund vermeintlicher Terroristenjagd ueberwacht werden ?
Nur einige Beispiele:
* Vorratsdatenspeicherung
* Kontenueberwachung
* Personalausweis biometrisch
* Europaeischer Haftbefehl
Sehr geehrter Herr Schauer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Mit Ihnen bin ich der Ansicht, dass man den Rechtsstaat nicht zugunsten eines Überwachungsstaates leichtfertig aufs Spiel setzen darf. Zwar ist ein Leben in Sicherheit unabdingbare Voraussetzung für den dauerhaften Erhalt der Grund- und Freiheitsrechte, jedoch kann - und da bin ich mit Ihnen völlig einig - zu viel Sicherheit zu einer Beschränkung der Grundrechte und der Freiheit führen.
Als Justizminister des Landes Baden-Württemberg bemühe ich mich stets darum, im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit die richtige Balance zu finden und versuche mich gegen alle Bestrebungen zu wenden, die die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger unverhältnismäßig einschränken. Dem Schutz der Grundrechte des Einzelnen gebührt höchste Priorität. Ich habe diesem Umstand durch zahlreiche Initiativen auf Bundes- wie auf Landesebene Rechnung getragen. So habe ich beispielsweise gemeinsam mit anderen - von der FDP mitregierten - Ländern im vergangenen Jahr den Vorstoß einiger CDU-geführter Länder, der auf eine völlige Gleichstellung der DNA-Analyse mit dem Fingerabdruck zielte, im Bundesrat erfolgreich verhindern können.
An der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung, die auf eine Richtlinie der EU zurück geht, habe ich mich frühzeitig beteiligt und davor gewarnt, bei der Ausgestaltung dieses - zur Verbrechensbekämpfung zweifelsohne wichtigen Instruments - das richtige Augenmaß zu verlieren und ?ins Blaue hinein? riesige Datenfriedhöfe anzulegen. Der zwischenzeitlich vom Europäischen Parlament in erster Lesung angenommene Entwurf lässt dem nationalen Gesetzgeber nunmehr größere Freiheiten als zunächst gedacht: Insbesondere soll die Speicherfrist zwischen 6 Monaten und 2 Jahren liegen und Daten über vergebliche Anrufe sollen nun doch nicht gespeichert werden müssen. Dem nationalen Umsetzungsgesetz kommt vor diesem Hintergrund wesentliche Bedeutung zu, weshalb ich das Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat besonders kritisch begleiten werde.
Ebenfalls im vergangenen Jahr habe ich über den Bundesrat versucht, eine Rückgängigmachung der automatisierten Kontenabfragen zu erwirken und das Bankgeheimnis wiederherzustellen, welches dem sog. "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" der damaligen rot-grünen Bundesregierung zum Opfer gefallen ist. Leider konnte ich für meine Position keine Mehrheit im Bundesrat erzielen, da die unionsgeführten Länder nicht auf die neu gewonnenen Zugriffsmöglichkeiten verzichten wollten.
Ebenfalls ein Verdienst der FDP im Land ist es, dass die seitens des Innenministeriums geplante Einführung einer präventiven Telefonüberwachung in Baden-Württemberg erfolgreich verhindert werden konnte.
Ulrich Goll