Frage an Ulrich Goll von Frank K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Goll,
als Stuttgarter, Open Source Entwickler und Gründer eines Startup
Unternehmens hab ich mehrere Fragen zum Thema Freie Software und Cloud
Computing. Seit einigen Jahren ist ein Trend zu beobachten dass immer mehr Daten von
Privatpersonen, Institutionen und Unternehmen auf so genanten Cloud
Services im Internet abgelegt werden. Diese Daten liegen oft ausserhalb der
Gültigkeit des deutschen Datenschutzgesetzes. Für Unternehmen und Bürger
ist meistens undurchsichtig wer heute und zukünftig Zugriff auf diese
personenbezogenen Daten hat. Die meisten dieser Cloud Services basieren
nicht auf freier Software so dass der Benutzer nicht weiss was mit seinen
eigenen Daten passiert.
Auch Unternehmen speichern zunehmen eigene geschäftskritische Daten oder
Daten Ihrer Kunden ausserhalb Deutschlands auf proprietären Cloud
Services.
Das Problem wird unter anderem in folgenden Artikeln thematisiert:
http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article12680570/Beim-Cloud-Computing-drohen-gefaehrliche-Luecken.html
http://www.it-business.de/news/recht/vorschriften-regulierungen/compliance/articles/253091/
http://www.computerwoche.de/management/cloud-computing/2366037/
- Wie beurteilen Sie diese Entwicklung und sehen sie die Notwendigkeit zu einer gesetzlichen Regulierung?
- Welche Massnahmen möchten Sie ergreifen um Freie Software und Private Cloud Services in Deutschland und speziell Baden-Württemberg zu fördern?
- Sind Sie der Ansicht dass das deutsche Datenschutzgesetz auch europaweit oder weltweit anwendung finden sollte?
- Beabsichtigen Sie die Gründung von Startup Unternehmen in Baden-Württemberg zu fördern die sich für freie Software und freie Cloud Dienste einsetzen?
mit freundlichen Grüssen
Frank Karlitschek
Geschäftsführer hive01 gmbh
Vorstand KDE e.V.
Sehr geehrter Herr Karlitschek,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.
Das Thema Cloud Computing ist sowohl für Unternehmen als auch für die Landesverwaltung von großem Interesse, da auf diese Weise die Kosten für die eigene Hard- und Softwareausstattung nicht unerheblich reduziert werden könnten. Gleichwohl wirft diese neue Form der Datenverarbeitung natürlich viele Fragen vor allem in Bezug auf die Datensicherheit und den Datenschutz auf. Dabei teile ich Ihre Einschätzung, dass sich viele Unternehmen der damit verbundenen Problematik, dass die beim Cloud Computing übermittelten Daten häufig auf Servern im Ausland verarbeitet werden, noch nicht ausreichend bewusst sind. Denn auf diese ausländischen Server sind im Zweifel deutsche Rechtsvorschriften nicht anwendbar bzw. in der Regel jedenfalls nicht durchsetzbar. In ähnlicher Form lässt sich dies ja auch beim sozialen Netzwerk "Facebook" beobachten. Auch hier stellen viele Bürgerinnen und Bürger ohne Bedenken persönliche Daten ein, die dann auf Servern in den USA oder anderen Drittstaaten gespeichert werden und damit nicht mehr dem unmittelbaren Zugriff der Datenschutzaufsicht der deutschen Bundesländer unterliegen. Dies ist für mich persönlich zugleich einer der Gründe, auf ein eigenes Profil bei "Facebook" zu verzichten.
Prinzipiell müssen wir stets überprüfen, ob unser Datenschutzrecht noch den aktuellen Gegebenheiten entspricht oder ob insoweit Anpassungsbedarf besteht. So haben die Bundesländer über den Bundesrat etwa im Zuge der Diskussion um "Google Street View" und vergleichbare Dienste eine Anpassung des Bundesdatenschutzgesetzes auf den Weg gebracht. Auch auf europäischer Ebene wird zur Zeit an einer Überarbeitung der europäischen Datenschutzrichtlinie gearbeitet. Zugleich sollten wir uns aber vor Augen führen, dass diese Regelungen auf Deutschland bzw. die Europäische Union begrenzt sind und sich ein weitergehendes Schutzniveau nur durch internationale Abkommen, etwa mit den USA, erreichen ließe. Zum jetzigen Zeitpunkt spricht daher vieles dafür, nur die Dienste solcher Cloud Computing-Anbieter in Anspruch zu nehmen, die in Deutschland oder einem EU-Mitgliedsstaat beheimatet sind und das entsprechende Datenschutzniveau garantieren.
Ebenso wie Sie sehe ich in dem von Ihnen daneben angesprochenen Thema der "Freien Software" große Chancen für unsere Informationsgesellschaft. Die Landesregierung fördert auch in diesem Bereich bereits jetzt junge innovative Unternehmen über den Risikokapitalfonds des Landes und den Seedfonds Baden-Württemberg.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Prof. Dr. Ulrich Goll MdL