Frage an Ulrich Goll von Erik W. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Goll,
im Zug der Diskussion um den Ankauf von möglichen Beweismitteln gegen Steuerkriminelle Deutsche und Schweizer haben Sie -bewusst oder unbewusst- die Argumentation der Schweizer Bundespräsdentin Leuthard, welche in eben diesem Ankauf die "rechtsstaatlichen Prinizipien" verletzt sehen ( http://www.20min.ch/news/schweiz/story/24264546 ) - eine sehr interessante Ansicht angesichts des Umstands, dass im Gegensatz zu Deutschland in der Schweiz diese Sache schon höchstrichterlich geklärt wurde ( http://bazonline.ch/schweiz/standard/Schweiz-kann-Frankreich-nicht-hindern-Bankdaten-zu-verwenden/story/23418045?track ) und in der Schweiz dieses Vorgehen als eindeutig zulässig klassifizert werden kann.
Ich denke, die Sorge der Schweizer um den Rechtsstaat Deutschland gibt Ihnen und mir das Recht, uns Gedanken über den Rechtsstaat Schweiz zu machen. Daher folgende Fragen:
Würden Sie es als besonders rechtsstaatlich sehen, wenn die Schweiz deutsche Steuerbürger auf mannigfaltige Art praktisch steuerfrei stellt?
Denken Sie, es ist ein Akt der Rechtsstaatlichkeit, wenn die Schweiz Bank- und Steuergesetze erlässt, die einzig und allein darauf aus sind, andere Staaten wie Deutschland zu schädigen?
Halten Sie es für rechtsstaatlich, wenn die Schweiz die Förderung von Steuerkriminalität zur Staatsdoktrin erhoben hat http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/gefaehrliches_spiel_mit_dem_feuer_1.5759537.html ?
Ist es ein Akt der Rechtsstaatlichkeit, wenn Kriminalität zum Schaden der Bundesrepublik Deutschland und anderer -nach Schweizer Lesart befreundeter Nationen- offiziell gefördert wird http://www.unilu.ch/files/warum_ospel_nicht_angeklagt_werden_kann_NZZ19.02.2010.pdf ?
Sehr geehrter Herr Wille,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf "abgeordnetenwatch". Ebenso wie Sie sehe ich das Erreichen von Steuergerechtigkeit als wichtige Aufgabe unseres Staates an, der auch eine große Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt in unserem Land zukommt. Ich habe mich daher stets für ein konsequentes Vorgehen gegen Steuerhinterziehung ausgesprochen. Als Justizminister muss ich jedoch zugleich darauf achten, dass in einem Rechtstaat der Zweck eben nicht die Mittel heiligt. Auch bei den Ermittlungen gegen Steuerhinterzieher dürfen wir daher nur mit rechtsstaatlich einwandfreien Methoden vorgehen. In diesem Zusammenhang habe ich deutlich gemacht, dass der Ankauf von sogenannten "Steuer-CD´s" in der Regel erheblichen rechtsstaatlichen Bedenken begegnet.
Statt sich derart zweifelhafter Methoden zu bedienen, sollten wir lieber unsere guten Beziehungen zur Schweiz nutzen, um die Zusammenarbeit unserer beiden Staaten in Steuerangelegenheiten zu verbessern, etwa durch den Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens. Ich bin zuversichtlich, dass wir hier durch ein besonnenes Vorgehen weitere Erfolge erzielen können. Im Übrigen kann die Schweiz auf eine lange demokratische und rechtsstaatliche Tradition zurückblicken. Dies sollten wir bedenken und nicht vorschnell Vorwürfe gegen unseren südlichen Nachbarn erheben.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Ulrich Goll MdL