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Frage von Gerd G. •

Frage an Udo Bullmann von Gerd G. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Dr. Bullmann,
ich bin hoffentlich richtig informiert, dass eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) als Voraussetzung zur Wiedererlangung des Führerscheins nur in Deutschland verlangt wird. Kann hier nicht EU-Recht gelten?
Ich schreibe dies nicht als Betoffener.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd Grünewaldt

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Sehr geehrter Herr Grünewaldt,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung (MPU) in Deutschland. In der Tat ist Deutschland das einzige Land in der Europäischen Union, das unter gewissen Umständen eine MPU als Voraussetzung für die Wiedererlangung eines Führerscheines vorsieht. Eine einheitliche europäische Regelung hierüber existiert nicht. Die Europäische Union versucht in vielen Bereichen, streng nach dem Subsidiaritätsprinzip zu handeln. Dies bedeutet, dass Entscheidungen möglichst auf der untersten politisch zuständigen Ebene getroffen werden. Die europäische Ebene soll hingegen nur Sachverhalte regeln, die über den nationalen Rahmen hinausgehen. Die Frage von Strafen bei Gesetzesübertretungen, zu denen zweifelsohne auch der Führerscheinentzug zählt, wird daher auch weiterhin national beantwortet werden müssen.

Die MPU gilt in Deutschland als Instrument, um die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges nach dem Entzug des Führerscheines festzustellen. Der MPU geht also in der Regel ein Delikt voraus, das den Entzug des Führerscheins zur Folge hatte. In über 50 Prozent der Fälle spielt dabei Alkohol am Steuer eine Rolle. Einer MPU muss sich dabei nur derjenige stellen, der zum wiederholten Male mit Alkohol im Straßenverkehr aufgefallen ist oder einmal mit einem Blutalkoholwert von 1,6 Promille oder mehr aufgegriffen wurde. Neben Alkohol führen auch immer häufiger Drogendelikte und Drogenmissbrauch zum Entzug des Führerscheins. Andere EU-Staaten setzen anstelle der MPU auf andere Strafen. In Spanien droht Autofahrern beispielsweise bei einer Blut-Alkohol-Konzentration von 1,2 Promille und mehr eine dreimonatige Haftstrafe. Schweden verlangt bereits bei 0,2 Promille eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen.

Die Beispiele zeigen, dass jedes Land selbst entscheidet, wie es Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung ahndet. Deutschland hat sich für die MPU entschieden. Selbstverständlich kann der Bundestag diesen Beschluss jederzeit zugunsten anderer Strafen wie beispielsweise in Spanien oder Schweden ändern.

Die europäische Ebene ist hingegen gefragt, wenn es darum geht, Schlupflöcher zu schließen, die durch die europäische Einigung und die damit verbundene Freizügigkeit entstehen. So ist es in der Vergangenheit vorgekommen, dass Verkehrssünder die Sperrfrist und die MPU mittels eines Führerscheins aus dem europäischen Ausland zu umgehen versuchten. Diesem Führerscheintourismus hat jedoch der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil vom 26. Juni 2008 (C-329/06) Einhalt geboten. Demnach können die deutschen Behörden die Anerkennung eines im Ausland erworbenen Führerscheins ablehnen, wenn der Inhaber des Führerscheins keinen ständigen Wohnsitz in dem EU-Land hat, in dem der Führerschein ausgestellt wurde. Das Europäische Parlament ist bei der Verabschiedung der neuen Führerscheinrichtlinie noch weiter gegangen. Es hat den Mitgliedsstaaten das Recht zugesprochen, die Anerkennung von Führerscheinen aus anderen EU-Ländern abzulehnen, wenn der Führerschein auf eine Person ausgestellt wurde, gegen die ein Fahrverbot vorliegt.

Die EU setzt somit den Rahmen, damit sich niemand der Ahndung verkehrswidrigen Verhaltens entziehen kann. Die Strafen selber regeln die Mitgliedsstaaten.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen konnte. Sollten Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne wieder an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen,
Udo Bullmann

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