Frage an Udo Bullmann von Marius K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Bullmann,
vor einiger Zeit gab es eine Reportage über EU-Abgeordnete die sich in Anwesenheitslisten eintrugen und dann sofort ins Wochenende verschwanden...
"Wenn ein Bürger dem Staat Geld stehlt, redet man von Steuerhinterziehung - Wenn aber der Staat (der EU-Abgeordnete) dem Bürger Geld stehlt, wie nennt man das?"
Legal kann dies ja im sinne nicht sein, die EU-Abgeordneten bereichern sich ja illegal!
Gibt es kein Gesetz dagegen oder wird sowas generell toleriert?
Sehr geehrter Herr Kowalski,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage. Ich habe bereits in der Vergangenheit zu dem von Ihnen angesprochenen Thema Stellung bezogen und tue das auch gerne in Ihrem Fall. Bürger haben ein Recht auf Transparenz.
Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass es sich bei den Tagegeldern für die Europaabgeordneten nicht um Sitzungsgelder handelt. Das heißt, die Gelder werden nicht für die Teilnahme an bestimmten Sitzungen gezahlt, sondern sind eine Aufwandsentschädigung für die erforderliche mehrfache Haushaltsführung durch die Mandatsausübung an den verschiedenen Sitzungsorten des Europäischen Parlaments (Brüssel und Straßburg). Für Abgeordnete gilt ein Werbungskostenverbot. Sie können daher zusätzliche Kosten (etwa für Miete, Nebenkosten oder Hotelübernachtungen) nicht steuerlich geltend machen. Durch die Tagegelder sollen diese Kosten beglichen werden.
Ein Abgeordneter, der freitags in Brüssel oder Straßburg Besuchergruppen umfassend informiert, Vorlagen im Büro bearbeitet oder sich mit Interessenvertretern trifft, hat nach den Regeln des Parlaments Anspruch auf Tagegeld. Voraussetzung ist, dass der vorangegangene Donnerstag bereits ein Arbeitstag an einem der Sitzungsorte des Parlaments war. Darüber hinaus kann es vorkommen, dass Abgeordnete abends noch Termine wahrnehmen, länger im Büro arbeiten oder keine Rückreiseverbindungen mehr haben, so dass eine Abreise erst am nächsten Tag möglich ist. In solchen Fällen ist eine weitere Übernachtung in Straßburg oder Brüssel nötig.
Zum Nachweis tragen sich die Abgeordneten in das Zentralregister des Parlaments beziehungsweise das Register der Plenartagungen, Ausschusssitzungen oder Fraktionssitzungen ein. Die Einhaltung der geltenden Regeln obliegt der Parlamentsverwaltung, die irrtümlich oder nicht regelgerecht vorgenommene Zahlungen zurückfordert.
Die deutschen Europaabgeordneten haben darüber hinaus unter bewusster Einschränkung der Parlamentsregelung bereits in der vergangenen Legislaturperiode vereinbart, für Freitage, an denen sie sich in Brüssel oder Straßburg aufhalten, jeweils nur ein halbes Tagegeld in Anspruch zu nehmen und sich außer in laufenden Sitzungen nur in den Zeiten von 9 Uhr bis 18.30 in die Register einzutragen.
Ich hoffe, diese Informationen tragen zur Klärung bei. Sollten Sie noch weitere Fragen haben, können Sie sich selbstverständlich gerne erneut an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Bullmann