Frage an Udo Bullmann von Sassan T. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Bullmann,
eine Frage zur Außenpolitik ihrer Partei. Betreffend dem Nahost-Konflikt.
Ein wesentliches Hindernis auf dem Weg zur Beilegung dieses Konfliktes, scheint die Präsenz der Hamas in dem von ihr kontrollierten Gaza-Streifen zu sein.
Es ist fakt, dass diese Gruppierung, die sich durch die Wahl vom Volk als legitime Herrscher fühlt, immer mehr dikatorische Züge entwickelt. Auch aufgrund dessen, dass die westlichen Regierungen jedweden Dialog mit der Hamas kategorisch verweigern. Diese Haltung spielt den Hardlinern direkt in die Hände und schwächt die gesprechswilligen Reformer innerhalb des Gaza-Streifens und innerhalb der Hamas.
Sollte unsere Regierung zum Wohle eine Fortschritts in diesen festgefahrenen Friedensverhandlungen nicht diese starre Haltung aufgeben?
Wie gesagt, die herrschende Hamas im Gaza-Streifen ist Faktum und kann nicht einfach ignoriert werden, genausowenig wie das Leiden der 2 Millionen Palästinenser, die im Gaza-Streifen unter diesen schrecklichen Bedingungen leben müssen.
Züchtet man sich durch eine Haltung, wie sie Herr Steinmeier vertritt, nicht eine neue Generation von Radikalen heran? Sollten wir nicht in dieser Frage einen anderen Weg einschlagen, sowie vorraussichtlich der neue Präsident der USA ebenfalls einen neuen weg im Umgang mit der Hamas einschlagen wird? Ex-Präsident Carter hat den Weg bereits vorgegeben.
Mit freundlichen Grüssen
Sassan Tahmasebi
83435 Bad Reichenhall
Sehr geehrter Herr Tahmasebi,
vielen Dank für Ihre Frage zur Situation im Gaza-Streifen und zum Umgang mit der Hamas.
Nach den Wahlen in Palästina Anfang 2006, bei denen die Hamas eine Mehrheit erringen konnte, bestand das Problem der Regierungsbeteiligung der extremistischen Hamas unter Palästinenserpräsident Abbas von der Fatah. Die EU, die USA und Israel haben damals ihre direkten Zahlungen an die palästinensische Regierung an drei Bedingungen gekoppelt: die Anerkennung Israels, die Annahme aller vorherigen Vereinbarungen und die Beendigung des Terrors. Die Vorenthaltung von Geldern hat jedoch zu einer Schwächung der palästinensischen Regierung und der staatlichen Strukturen in Palästina geführt.
Nach einer Regierungskrise kam im März 2007 eine Regierung der nationalen Einheit zustande, die aber schon im Juni 2007 durch einen Bürgerkrieg zwischen Hamas und Fatah wieder zerbrach. Die internationale Gemeinschaft tut daher gut daran, die Regierung von Präsident Abbas bei der Lösung konkreter Probleme zu unterstützen und gleichzeitig den Menschen im Hamas-kontrollierten Gaza-Streifen humanitär zu helfen. Die Europäische Union hat für diese humanitäre Hilfe 30 Millionen Euro bereitgestellt. Weitere Hilfsprogramme werden derzeit von der EU vorbereitet.
Trotz der humanitären Hilfe gilt: Die Bemühungen um dauerhaften Frieden und Stabilität in der Region müssen von allen Beteiligten wieder aufgenommen bzw. weiter verfolgt werden. Dazu gehören nicht nur die genannten Bedingungen an die Hamas, sondern auch ernsthafte Anstrengungen Israels, das Leben der Palästinenser zu erleichtern und eine Zwei-Staaten-Lösung zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang hat der EU-Ratsvorsitzende Dimitrij Rupel (Slowenien) erst vor wenigen Monaten gefordert, die Grenzen zum Gazastreifen wieder zu öffnen. Sollte dies geschehen, wäre es denkbar, dass die EU sich mit einer eigenen Mission an der Überwachung des Grenzüberganges Rafah beteiligt.
Natürlich kann und darf es nicht Ziel der internationalen Gemeinschaft sein, den Gaza-Streifen komplett zu isolieren und gerade die jungen Menschen der Indoktrination durch die Hamas zu überlassen. Allerdings kann es auch keinen offiziellen Dialog mit der Hamas geben, solange diese nicht der Gewalt abschwört. Der an diesem Dienstag verkündete Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel gibt Hoffnung. Damit ebnet die Hamas den Weg für direkte Gespräche.
Getreu der Aussage von Willy Brandt "Der Friede ist nicht alles, aber ohne den Frieden ist alles nichts" müssen wir dafür sorgen, dass dieser Frieden von Dauer ist und die für eine Zweistaatenlösung so dringend benötigte Stabilität bringt.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Bullmann