Frage an Udo Bullmann von Heidrun Z. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Bullmann,
wie stehen Sie zur Aufhebung von Schutzzöllen z.B. in afrikanischen Ländern, die daraufhin Obst, Gemüse, Hähnchen etc. von europäischen Staaten der EU erhalten und preisgünstiger (obwohl ja die Transportkosten mitberücksichtigt werden müßten) verkauft werden als die einheimischen Produkte dort ? Die afrikanischen Bauern können ihre eigenen Agrarprodukte nicht mehr verkaufen und sind dadurch ihrer Existenz beraubt.
Vielen Dank für Ihre Antwort vorab.
Sehr geehrte Frau Zado,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage zur Aufhebung von Schutzzöllen in Entwicklungsländern. Ich stimme Ihnen zu, dass Bauern beispielsweise in afrikanischen Ländern gegenüber der Konkurrenz von europäischen Großkonzernen nicht bestehen können. Aus humanitären wie entwicklungspolitischen Erwägungen wäre es unverantwortlich, sie ihrer Existenzgrundlage zu berauben. Aus diesem Grund muss die entwicklungspolitische Dimension bei handelspolitischen Entscheidungen maßgeblich mit einbezogen werden.
Die Problematik bei Schutzzöllen ist jedoch sehr komplex. Zum einen stellen Zolleinnahmen für viele Entwicklungsländer einen wichtigen Anteil am Volkseinkommen dar. Zum anderen hatten hohe Zölle in der Vergangenheit aber auch einen Barriereeffekt, so dass sich viele Entwicklungsländer wirtschaftspolitisch isolierten und nicht an die Entwicklungen auf den Weltmärkten beziehungsweise in ihrer engeren Region anknüpfen konnten.
Über die Aufhebung von Schutzzöllen sollte daher von Fall zu Fall entschieden werden. Dabei müssen die Folgen für einzelne Marktteilnehmer bedacht werden. In Bereichen, in denen die Wirtschaft der Entwicklungsländer konkurrenzfähig ist, kann eine Aufhebung von Schutzzöllen unter Umständen in Betracht gezogen werden. Dabei sollten auch Subventionszahlungen sowie Umwelt- und Sozialstandards Berücksichtigung finden. Auch die Idee, dass die einseitige Öffnung europäischer Märkte für Entwicklungsländer deren Entwicklung fördern kann, sollte nicht unbeachtet bleiben. Erweist sich jedoch, dass eine Marktöffnung die Armut weiter verschlimmert, sollte davon abgesehen werden.
Bei dem schwierigen Thema der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA), die die EU mit den AKP-Staaten (Afrika, Karibik und Pazifik) verhandelt, bestehen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament darauf, dass die EU-Kommission die besondere Lage der einzelnen Staaten berücksichtigt. Die WPA sollten aus unserer Sicht ein Instrument der Entwicklung sein. Daher fordern wir, dass alle Abkommen die Asymmetrie zugunsten der AKP-Länder achten sollten, und zwar sowohl bei den erfassten Waren als auch bei den Übergangszeiträumen. Wir setzen uns für konkrete Garantien für den Schutz empfindlicher Wirtschaftszweige und spezielle finanzielle Zusagen zum Ausgleich für entgangene Zolleinnahmen ein.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort meinen Standpunkt zu Ihrem Anliegen deutlich machen konnte.
Mit freundlichen Grüßen,
Udo Bullmann