Frage an Turgut Altuğ von Daniel B. bezüglich Umwelt
Das GrünanlagenG Berlin erlaubt der Verwaltung Folgendes bei Genehmigungen in Grünanlagen:
§ 6 (5) Eine Benutzung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen, die über Absatz 1 hinausgeht, bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. Die Genehmigung kann im Einzelfall erteilt werden, wenn das überwiegende öffentliche Interesse dies erfordert und die Folgenbeseitigung gesichert ist.
Fragen:
I. Wie ist "Einzelfall" definiert? Stellt man auf einzelne Veranstaltungen (bzw. Veranstaltungstag)ab oder auf einen Veranstaltungsnamen? Wäre es z.B. im Sinne des Gesetzes rechtlich möglich, dass die Verwaltung jedes Jahr eine Eventreihe erlaubt, die 16 (oder 8, 12, 20, 24) mal im Jahr an einem Sonntag in einer geschützten Grünanlage stattfinden soll (bitte gehen Sie auch auf die aufgeführten einzelnen Häufigkeiten ein) und bei der laute Musik über Verstärker abgespielt wird? Oder sind mit "Einzelfall" wirklich einzelne Tage im Jahr gemeint, im Sinne von 1 (2, 3..) Ausnahmen? Darf die Verwaltung im Sinne des Gesetzes wiederkehrende Veranstaltungsserien in geschützten Grünanlagen erlauben, wenn diese Parkbesucher jedes mal durch das Abspielen lauter Musik stören können (bitte Bezug auf Häufigkeit)?
II. Wie ist definiert, inwieweit die Folgenbeseitigung gesichert ist? Bsp: Durch die genehmigten Veranstaltungen kommt es zur Bodenerosion, Beschädigungen der Rasenflächen durch die Vielzahl an Besuchern, nach dem Veranstaltungen sind trotz Reinigung durch die Stadt weggeworfene Zigarettenfilter (-inkl. Zigarettenstummel), Glassscherben, anderer Müll in der geschützten Grünanlage zu finden, weil die Verwaltung nicht die personellen und finanziellen Ressourcen hat, nach den Veranstaltungen die Grünfläche ausreichend zu reinigen und weil der Veranstalter nicht verpflichtet wurde, Müll der Besucher zu beseitigen. Darf die Verwaltung in diesem Fall die Veranstaltung erlauben?
III. Wurde für die rechtliche Einschätzung zu I. und II. der wissenschaftl. Dienst befragt?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Anbei finden Sie die Antworten auf sie. Sie sind fett und kursiv markiert.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Turgut Altug
Frage I:
1. Wie ist „Einzelfall“ definiert? Stellt man auf einzelne Veranstaltungen (bzw. Veranstaltungstag) ab oder auf einen Veranstaltungsnamen?
Ein Einzelfall i.S.d. § 6 Abs. 5 S. 2 GrünanlG Bln liegt vor, wenn die Maßnahme konkret-individueller Natur ist. Konkret ist die Maßnahme, wenn diese sich auf einen bestimmten Fall bezieht (bspw. eine bestimmte Veranstaltung). Individuell ist die Maßnahme, wenn der Adressat genau bestimmt ist. Danach wird auf die jeweils einzelne Veranstaltung abgestellt, nicht auf den Veranstaltungsnamen.
2. Wäre es z.B. im Sinne des Gesetzes rechtlich möglich, dass die Verwaltung jedes Jahr eine Eventreihe erlaubt, die 16 (oder 8, 12, 20, 24) mal im Jahr an einem Sonntag in einer geschützten Grünanlage stattfinden soll (bitte gehen Sie auch auf die aufgeführten einzelnen
Häufigkeiten ein) und bei der laute Musik über Verstärker abgespielt wird? Oder sind mit "Einzelfall" wirklich einzelne Tage im Jahr gemeint, im Sinne von 1 (2, 3..) Ausnahmen?
Diese Entscheidung liegt im Ermessen der jeweils zuständigen Behörde und bedarf einer Interessenabwägung nach § 6 Abs. 5 S. 2 GrünanlG Bln. Danach wäre eine Eventreihe grundsätzlich möglich, jedoch nur unter den Voraussetzungen, dass das öffentliche Interesse an der Eventreihe überwiegt und die Folgenbeseitigung (etwa Müllbeseitigung) gesichert
ist. Mit „Einzelfall“ sind Ausnahmen gemeint. Sofern bei dem Event laute Musik durch einen Verstärker abgespielt wird, ist jedoch zu erwarten, das eine Genehmigung nicht erteilt wird.
3. Darf die Verwaltung im Sinne des Gesetzes wiederkehrende Veranstaltungsserien in geschützten Grünanlagen erlauben, wenn diese Parkbesucher jedes mal durch das Abspielen lauter Musik stören können (bitte Bezug auf Häufigkeit)?
Nein, die Verwaltung darf nach dem Gesetz keine wiederkehrenden Veranstaltungsserien in geschützten Grünanlagen erlauben, wenn die Parkbesucher jedes mal durch abspielen lauter Musik gestört werden. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 GrünanlG Bln ist insbesondere verboten, Lärm zu verursachen der andere Anlagenbesucher unzumutbar stört. Der Beurteilungsmaßstab wird eher eng auszulegen sein, da zu dem Sinn und Zweck des Grünanlagengesetzes der Erhalt der Grün- und Erholungsanlage gehört sowie der Schutz der dort bestehenden Pflanzen und Tiere sowie die Erholungsfunktion für die Besucher. 1
Öffentliche Grün- und Erholungsangaben dürfen gemäß § 6 Abs. 1 GrünanlG Bln nur so benutzt werden, wie es sich aus der Natur der einzelnen Anlage und ihrer Zweckbestimmung ergibt. Für eine enge Auslegung spricht auch, dass bereits Tätigkeiten nach § 6 Abs. 2 GrünanlG Bln (wie bspw. Radfahren oder Grillen) nur auf besonders dafür ausgewiesenen Flächen gestattet ist. Aufgrund des strengen Beurteilungsmaßstabes und der besonderen Zweckbestimmung von Grünanlagen hat anhand jeder beantragten Genehmigung eine Interessenabwägung stattzufinden. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn das öffentliche Interesse an der Durchführung der Veranstaltung das an sich an dem Zweck der öffentlichen Grünanlage orientierende Erholungsinteresse der Parkbesucher überwiegt und die Folgenbeseitigung gesichert ist. 2
Etwas anderes könnte jedoch für Grünanlagen wie den Treptower Park oder Mauerpark gelten, da diese mit vorgesehenen Konzertflächenausgestattet sind.
II. Frage:
Wie ist definiert, inwieweit die Folgenbeseitigung gesichert ist? Bsp: Durch die genehmigten Veranstaltungen kommt es zur Bodenerosion, Beschädigungen der Rasenflächen durch die Vielzahl an Besuchern, nach dem Veranstaltungen sind trotz Reinigung durch die Stadt weggeworfene Zigarettenfilter (-inkl. Zigarettenstummel), Glasscherben, anderer Müll in der geschützten Grünanlage zu finden, weil die Verwaltung nicht die personellen und finanziellen Ressourcen hat, nach den Veranstaltungen die Grünfläche ausreichend zu reinigen und weil der Veranstalter nicht verpflichtet wurde, Müll der Besucher zu beseitigen. Darf die Verwaltung in diesem Fall die Veranstaltung erlauben?
Die Folgenbeseitigung muss für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 6 Abs. 5 GrünanlG Bln gesichert sein. Folgenbeseitigung bedeutet, die Beseitigung der entstandenen Rechtsbeeinträchtigung (bspw. Beseitigung von Müll). Die Folgenbeseitigung geschieht durch Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands (also des Zustandes der Grünanlage vor der Veranstaltung). Da die Folgenbeseitigung Voraussetzung für die Ausnahmegenehmigung ist, wird die Behörde die Veranstaltung nur genehmigen, wenn diese gesichert ist. 3
Gemäß § 6 Abs. 5 S. 5 GrünanlG Bln gilt die Folgenbeseitigung insbesondere dann als gesichert, wenn der Antragssteller bei der Genehmigungsbehörde Geld in Höhe der zu erwartenden Kosten hinterlegt oder eine Bankbürgschaft beibringt. Der Fall, in dem die Genehmigungsbehörde den Veranstalter nicht zur Folgenbeseitigung verpflichtet, ist gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 GrünanlG Bln unzulässig.
III. Frage:
Wurde für die rechtliche Einschätzung zu I. und II. der wissenschaftliche Dienst befragt?
Nein, für die rechtliche Einschätzung wurde der wissenschaftliche Dienst nicht befragt.
1 Siehe auch Begründung Drucksache 13/1211; VG Berlin, Beschluss vom 22.06.2016 - 24 L 140.16 – Rn. 28.
2 Siehe auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.12.2017 - OVG 11 S 92.17.
3 Siehe auch VG Berlin, Beschluss vom 20.12.2013 -1 L 294.13.