Frage an Toni Wagner von Nakah L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wagner,
ich möchte Ihnen eine ganze Reihe an Fragen stellen:
zur Person:
1) Wieso meinen Sie, dass Sie mit 21 Jahren über genug Lebenserfahrung verfügen um die Interessen Ihrer Wähler vertreten zu können?
2) Wie stehen Sie zum Thema der gleichgeschlechtlichen Ehe?
zur Frage von Herrn Ohnesorge:
3) Ich habe Ihre Antwort auf Herrn Ohnesorge gelesen und möchte mich nun darauf beziehen:
Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie den Dialog zwischen den Deutschen und den Migranten erhöhen? Wie möchten Sie gegen die Ghettobildung entgegenwirken, wenn selbst in Schulen der Trend beobachtet wird, dass deutsche Eltern ihre Kinder von Schulen nehmen, wenn der Ausländeranteil zu hoch wird? Was halten Sie von der Abschaffung der freien Schulwahl und der Einführung von Quoten, um sicherzustellen, dass immer genug deutsche Schüler in den Klassen sind.
Meinen Sie wirklich es reicht völlig aus, die Arbeit von Vereinen zu Unterstützen und keine neuen Initiativen zu starten? Welche Initiativen würden Sie starten, falls Sie die vorangegange Frage mit "Nein" beantwortet haben?
Ihre Einstellung zur Religion:
4) Wie ist Ihre Einstellung gegenüber die Errichtung von Gebetshäusern (nicht christlicher Religionen) im Reinickendorfer Bezirk? Wie stehen Sie zu Kopftuch/Kruzifix/...-Verboten in öffentlichen Einrichtungen bei den dort angestellten Mitarbeitern?
5) Wie stehen Sie zur aktiven Sterbehilfe?
Über eine Beantwortung meiner Fragen würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank, und mit freundlichen Grüßen
Liebe(r) Nakah Lenö,
Ich versuche meine Antworten Ihren Fragen entsprechend zu nummerieren.
Zu 1)
Ich bin der Auffassung, dass es durchaus von Vorteil sein kann, wenn junge Leute jemanden in der Politik erkennen, der in ihrem Alter ist. Die Erfahrung zeigt, dass Viele ihre Vorbehalte leichter ablegen, wenn sie sich mit einem (etwa) Gleichaltrigen über politische Themen unterhalten.
Außerdem hat die junge Generation ein Recht auf direkte Vertretung in der Politik. Ich bin sehr froh darüber, dass ich von der Erfahrung der überwiegend älteren Kollegen in der FDP profitieren kann. Das hilft mir bei Entscheidungen und Überlegungen, sodass ich meine Alter keinesfalls als Nachteil betrachte. Darüber hinaus sind ein gewisses Maß an jungendlichem Ungestüm und junge Ideale tolle Komponenten in der Politik.
Zu 2)
Das Thema der Gleichstellung von Schwulen und Lesben ist ein Kernthema der Liberalen. Vor allem die Jungen Liberalen arbeiten in diesem Bereich eifrig.
Meine persönliche Auffassung zu diesem Thema ist ganz klar. Die Zeiten der Bevormundung von Lebensgestaltung und sexueller Orientierung sind zum Glück vorbei. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Ehen sind völlig legitim, denn das ist eine Entscheidung der jeweiligen Menschen. Niemandem wird mit einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft Schaden zugefügt. Eine Ächtung, eine Reglementierung oder gar ein Verbot sind völlig fehl am Platze.
Zu 3)
Ein essentieller Part von Integration ist die Einflussnahme in die Wohngebiete. Mit Initiativen, die die Bewohner einbeziehen und die Verbesserung/Erhaltung der Wohngegenden zum Ziel haben, wurde bereits viel erreicht. Die Unterhaltung von Jungenclubs, Sportvereinen und anderen kulturellen Einrichtungen hat die Integration, den Austausch und das Zusammenleben ebenso verbessert. Diese beiden Maßnahmen sind grundlegend für eine erfolgreiche Beeinflussung der Lebensräume.
Die Förderung dieser Initiativen ist daher das Mittel. Eine staatliche Gesellschaftsaufsicht, die an den Lebensräumen der Menschen herumschraubt, vergibt die Chance, die in Initiativen und Vereinen liegt. Eine Entwicklung, die man selbst mitgestalten und diskutieren kann, wird ehr angenommen.
Vorschläge zur Quote von Ausländern in Wohngebieten/Schulen usw. setzten voraus, dass man die Freizügigkeit der Bürger mit Migrationshintergrund stark einschränkt. Wie soll das funktionieren? Deportation aus Problembezirken? Verbot des Umzugs in Gegenden mit hohem Ausländeranteil für Migranten?
Die Lösung muss, wie ich finde, auf dem Weg der Integration liegen.
Ein Entnehmen der eigenen Kinder aus den Schulen ist leider tatsächlich gegeben. Grund dafür ist jedoch weniger die Tatsache der Anwesenheit ausländischer Kinder, sondern die Folgen der verpassten Integration. Bei ausreichenden Sprachkenntnissen, der nötigen sozialen Kompetenz sowie der Lernbereitschaft besteht kein Grund für das Entnehmen der Kinder aus Schulen mit hohem Ausländeranteil. Wir als Liberale haben hier eine entsprechende Kitabetreuung und eine Starterklasse vorgeschlagen, die den Kindern (ganz egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund) die nötigen Kenntnisse altersgerecht vermittelt.
Somit wird schon in den Vorschulischen Einrichtungen einer Bildung von Ghettos und gegenseitiger Abschottung entgegengewirkt.
Zu 4)
Die Errichtung von Gebetshäusern (unabhängig von der Religion) muss der rechtlichen Situation gerecht werden. Grundsätzlich halte ich die Errichtung solcher Stätten für völlig unbedenklich, solange die entsprechende Gemeinde eine verfassungsgemäße Grundlage hat und der Bau den Richtlinien entspricht.
Die JuLis-Berlin haben im Zuge der Proteste gegen den Bau einer Moschee in Heinersdorf eine Gegendemonstration veranstaltet, um das Recht auf den Bau der Moschee zu untermauern und den rückhaltlosen Argumenten der Gegner zu begegnen. Ich habe mit voller Überzeugung an dieser Gegendemo teilgenommen.
Obwohl die Liberalen in der Frage der Zulassung von religiösen Symbolen bei Angestellten und Beamten gespalten sind, habe ich eine ganz eindeutige persönliche Meinung zu diesem Thema.
Die Religionsfreiheit sowie das Recht zur Religionsausübung steht für mich über der adaptierten Neutralität der Staatsdiener. Bekanntes Beispiel ist die Kopftuchdebatte bei Lehrerinnen. Ich bin der Meinung, dass der Lehrer der Religionsausübung nachgehen darf, solange der Unterricht nicht unverhältnismäßig gestört wird. Eine Burka beispielsweise würde die Kommunikation mit den Schülern unverhältnismäßig einschränken.
Das gilt für sämtliche Religionen und alle Institutionen und Vertreter des öffentlichen Dienstes. Infos zur Beschlusslage hierzu und über vieles andere gibt es unter www.julis-berlin.de
Zu 5)
Die aktive Sterbehilfe ist ein sehr sensibles Thema. Leider ist der Mut dieses Problem anzugehen oft nicht vorhanden. Ich halte es hier mit einem Konzept, das die Sterbehilfe grundsätzlich ermöglicht, jedoch strenge Kriterien festlegt um Missbrauch zu verhindern. Es soll also nach einer Sicherstellung der Ernsthaftigkeit, der Notwendigkeit, der Wahrhaftigkeit sowie der medizinischen Gegebenheiten möglich sein Sterbehilfe zu leisten. Die Unfähigkeit sich selbst das Leben zu nehmen, fesselt viele Menschen an ihre Qual und raubt ihnen Freiheit und Würde. Ich glaube mit den Liberalen ein Konzept gefunden zu haben, dass einen angemessenen Kompromiss aus Legalisierung uns Missbrauchsschutz darstellt. Auch hierzu finden Sie unter der angegebenen Internetadresse einen entsprechenden Beschluss.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten konnte und grüße Sie...
Toni Wagner