Frage an Tobias Lindner von Adriane H. bezüglich Menschenrechte
An den Aussengrenzen der EU werden Flüchtlinge in den Tod getrieben und müssen in Lagern leben, in denen unwürdige Zustände herrschen. Was würden sie für die Lage der Flüchtlinge tun wollen, sowohl in D (Beispiel: schneller Asylverfahren, Familiennachzug, Anerkennung von Abschlüssen) als auch an den Aussengrenzen der EU?
Sehr geehrte Frau Hartmann-Heeder,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne möchte ich Ihre Frage beantworten.
In Deutschland sollen alle nach fünf Jahren einen Antrag auf Einbürgerung stellen können, auch für anerkannte Geflüchtete soll ein beschleunigtes und vereinfachtes Einbürgerungsverfahren gelten. Den Optionszwang im Staatsangehörigkeitsrecht wollen wir abschaffen und Mehrstaatigkeit anerkennen.
Für das Zusammenleben sind die Werte des Grundgesetzes die Grundlage. Der Zugang zu und die Teilnahme an Sprachkursen ist essentiell, deshalb treten wir dafür ein, dass alle neu ankommenden Migrant*innen und Geflüchteten von Anfang an ein Recht auf einen kostenfreien Zugang zu passgenauen, gut erreichbaren und bundesfinanzierten Sprach- und Integrationskursen haben. Besonders wollen wir die Zugänglichkeit der Kurse für Frauen sicherstellen und auch Angebote für Menschen mit Lernschwierigkeiten aufbauen. Denn derzeit ist das für viele Personen, etwa Familiennachzügler oder EU-Bürger*innen, nur schwer und kostenpflichtig möglich.
Viele Menschen in Deutschland leben nur mit Duldung. Wir wollen die Anzahl der Menschen, die sich von Duldung zu Duldung hangeln müssen, möglichst auf null reduzieren. Für diese Menschen braucht es nach fünf Jahren Aufenthalt ein sicheres Bleiberecht. Wir wollen dafür sorgen, dass es zügig zu einer Entscheidung über den Aufenthaltstitel kommt, damit Menschen früh verbindliche Gewissheit haben. Dazu gehören eine ausreichende personelle Ausstattung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie ein funktionierendes Qualitätsmanagement.
An den europäischen Außengrenzen wollen wir sichere und legale Zugangswege schaffen – damit Menschen Schutz finden und um zu verhindern, dass Schlepper aus der Not und dem Leid der Geflüchteten Profit schlagen können.
Der Blockade einer gemeinsamen und humanen Geflüchtetenpolitik zwischen den Mitgliedstaaten begegnen wir mit gemeinschaftlichen von den europäischen Institutionen geführten Registrierungszentren. In EU-Staaten mit rechtsstaatlich und europäisch kontrollierten Außengrenzen sollen die Geflüchteten registriert werden und einen ersten Check durchlaufen, ob Einträge in sicherheitsrelevanten Datenbanken vorliegen. Unter Berücksichtigung persönlicher Umstände wie familiärer Bindungen oder der Sprachkenntnisse bestimmt die EU Agentur für Asylfragen schnellstmöglich den Aufnahme-Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens. Der zugrunde liegende, zügige Verteilmechanismus stützt sich zunächst auf die Bereitschaft von Mitgliedstaaten, Regionen und Städten, Geflüchtete freiwillig aufzunehmen. Wer das tut, erhält Hilfe aus einem EU-Integrationsfonds. Zusätzlich müssen wir Transitländer unterstützen und Fluchtursachen bekämpfen.
Auch in Deutschland wollen wir mit einer Änderung der Zustimmungsregel zwischen dem Bundesinnenministerium und den Ländern von Einvernehmen in Benehmen klarstellen, dass sich Bundesländer künftig über den Königsteiner Schlüssel hinaus selbständig und frei für die Aufnahme von Geflüchteten entscheiden können.
Dies sind nur einige unserer Vorschläge für eine humanere Migrations- und Flüchtlingspolitik. In unserem Wahlprogramm (https://cms.gruene.de/uploads/documents/Wahlprogramm-DIE-GRUENEN-Bundestagswahl-2021_barrierefrei.pdf) finden Sie noch mehr Informationen.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Lindner