Frage an Timon Gremmels von Claudia H. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr Gremmels,
die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des IHK-Gesetzes vorgelegt. Der Dachverband DIHK der deutschen Handelskammern soll demnach von einem Verein in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts umgewandelt werden. Im Gesetzentwurf heißt es: "Neben der Sicherstellung der Wahrnehmung des Gesamtinteresses der IHKs (...) müssen gleichzeitig auch die Grenzen dieser Aufgabenwahrnehmung im IHKG besser und deutlicher konkretisiert werden, ohne den Aufgabenkatalog der IHKs und deren Dachorganisation dabei zu erweitern." Allerdings wird im folgenden Text genau dies unternommen: eine Erweiterung des Aufgabenkatalogs der Dachorganisation der IHKs. Insbesondere fällt auf, dass der DIHK trotz des angestrebten Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts, nicht vollständig an die Verpflichtungen des öffentlichen Haushaltsrechts gebunden ist. Das heißt also, wenn der DIHK über seine Verhältnisse wirtschaftet, muss die öffentliche Hand das im schlimmsten Fall ausgleichen. Dass die IHKn sich bereits mit zahlreichen Ausgründungen ausgiebig wirtschaftlich betätigten und ihren eigenen Mitgliedern Konkurrenz machten, ist kein Geheimnis. Soll dem DIHK mit einem großzügig ausgestalteten finanziellen Handlungsspielraum dieses Türchen nun extra-weit geöffnet werden? Weiter im Text des Entwurfs: "Die öffentlich-rechtliche Organisationsform auch auf Bundesebene gewährleistet die Möglichkeiten der gemeinsamen und effektiven Aufgabenerfüllung der IHKs, ohne dabei die bewährte regionale Aufgabenerfüllung zu beeinträchtigen." Dieser Satz erscheint wie Hohn, wenn man weiß, dass Mängel bei der Binnenpluralität in den regionalen Kammern gerichtlich bestätigt sind. Wie soll dann erst eine Bundesorganisation die Meinungsvielfalt in den einzelnen regionalen Kammern wiedergeben? Und das bei der zusätzlich angestrebten Zulässigkeit von Äußerungen des DIHK in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik? Bitte erläutern Sie mir Ihren Standpunkt zum Gesetzentwurf.
Sehr geehrte Frau Herbst,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Zum aktuellen Entwurf des IHK-Gesetzes zunächst zu Ihrer ersten Frage und auch ein kurzer Ausblick über Planungen für die nächste Legislaturperiode. Die Bundeshaushaltsordnung enthält einen Vorbehalt für speziellere Regelungen. Dazu können neben Regelungen im IHKG selbst auch Satzungsregelungen der Bundeskammer gehören. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich um genehmigte und bekanntgemachte Satzungsregelungen handelt und, dies ist ganz wichtig, diese Satzungsregelungen mit den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts vereinbar sind. Es kann sich also nur um eine abweichende Ausgestaltung innerhalb der allgemeinen Prinzipien des staatlichen Haushaltsrechts handeln, die zuvor auf Rechtmäßigkeit überprüft wurden. Soweit keine abweichenden Regelungen bestehen, weil entweder gar nicht beschlossen oder lediglich nicht genehmigt, gilt die Bundeshaushaltsordnung, anderenfalls die spezielleren Regelungen. In jedem Fall gilt das staatliche Haushaltsrecht, denn auch die spezielleren Regelungen gehören zum staatlichen Haushaltsrecht und müssen auch dessen Grundsätzen entsprechen.
Zudem gibt es nun die Kontrolle durch den Bundesrechnungshof.
Es besteht auf Seiten der Länder und der Kammern teilweise der Wunsch, die Regelungen über die Finanzierung der IHKs in § 3 IHKG zu überarbeiten. In Vorbereitung eines solchen Änderungsvorschlags in der nächsten Legislaturperiode werden derzeit mit den Ländern und den Kammern der Bedarf und Varianten einer möglichen Änderung besprochen und geprüft. Eine erste Sitzung der Bund-Länder-Ausschüsse fand bereits statt. Eine Arbeitsgruppe wurde eingerichtet. Sobald eine sachgerechte Regelung vorliegt, soll diese eingebracht werden. Die Regelung der IHKen soll dann auch für die Bundeskammer gelten. Die derzeitige Regelung der Bundeskammer ist der Bundessteuerberaterkammer entlehnt, was mit Blick auf die fachliche Seite und die Neutralität des BMF als eine adäquate Lösung erscheint.
Sie sprechen außerdem Mängel bei der Binnenpluralität und das Verhältnis zu den einzelnen regionalen Kammern an. Die SPD-Bundestagsfraktion hat auch hinsichtlich dieser Frage größeren Änderungsbedarf beim Gesetzentwurf gesehen. Wichtig war z.B. Stärkung der Binnendemokratie und Transparenz. Daher wird im Änderungsantrag noch einmal betont, dass die Vollversammlung das Gesamtinteresse beschließt und dafür die Beschlüsse aus den IHKs berücksichtigt werden müssen. Abweichende Positionen müssen kommuniziert und veröffentlicht werden. Zudem wird es einen Beschwerdeausschuss geben, der ausgewogen besetzt und somit auch ausgewogen entscheiden soll.
Themen, die in der grundrechtlich geschützten Entscheidungskompetenz der Sozialpartner liegen, sind nicht Gegenstand der Äußerungskompetenz der IHKs und somit auch nicht der DIHK. Auch die Besetzung von Positionen in den Selbstverwaltungsgremien der Sozialversicherung gehört in die ausschließliche Kompetenz der Sozialpartner.
In der Hoffnung, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Timon Gremmels, MdB