Frage an Timon Gremmels von Johannes H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Setzen Sie sich dafür ein, dass das Lieferkettengesetz diese Punkt enthält:
Unternehmen verpflichtet, proaktiv entlang ihrer gesamten Lieferkette Menschenrechts-Risiken zu analysieren;
die Rechte von Betroffenen durch eine zivilrechtliche Haftungsregelung stärkt werden und es zum effektiven Schutz der Umwelt beiträgt;
alle großen Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen erfasst werden oder wenn sie in einem Risikobereich tätig sind?
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Als Sozialdemokrat:innen stehen wir für den Schutz von Menschenrechten, ebenso wie für den besonderen Wert von guter Arbeit. Daher setzen wir uns für die Ächtung von Ausbeutung ein – und das weltweit. Wir begrüßen es deshalb sehr, dass der völkerrechtliche Rechtsrahmen in den letzten Jahren weiter vervollständigt werden konnte. Neben den zahlreichen, schon geltenden ILO-Konventionen gibt es seit 2011 die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Erstmals wird damit verbindlich definiert, dass es zur Unternehmensverantwortung gehört, angemessene Vorkehrungen zu treffen, um menschenrechtliche Gefahren innerhalb der unternehmerischen Einflusssphäre zu vermeiden. Für uns ist daher klar: Die Sorgfaltspflicht der Unternehmen endet nicht am Werkstor. Vielmehr müssen deutsche Unternehmen weltweit dafür Verantwortung übernehmen, wenn es in ihren Lieferketten zu Menschenrechtsverletzungen kommt.
Auf Grund dieser humanitären Überzeugung haben wir das Lieferkettengesetz seinerzeit in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt und wir sind deshalb sehr froh, dass es unserem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nach zähem und langem Ringen gelungen ist, einen guten, durchsetzungsstarken Gesetzentwurf vorzulegen. Wichtig ist uns insbesondere, dass es umfassende Pflichten im Sinne der UN-Leitprinzipien gibt, die die gesamte Lieferkette in den Blick nehmen. Gleichzeitig schaffen wir mit einer behördlichen Überwachung und einem durchaus hohen Bußgeldrahmen ein Regelwerk, das effektiv und durchsetzungsstark ist. Mit der neu eingeführten Prozess-Standschaft für Organisationen erhalten von Menschenrechtsverletzung Betroffene darüber hinaus eine effektive und praktikable Möglichkeit, gegen zurechenbare und nicht abgestellte Verletzungen durch deutsche Unternehmen vor deutschen Gerichten vorzugehen. Damit schlagen wir ein neues Kapitel auf und werden insgesamt eines der effektivsten Lieferkettengesetze in Europa haben.
Sie sprechen die zivilrechtlichen Haftungsregelungen an - es ist bekannt, dass wir uns bei den zivilrechtlichen Haftungsregelungen sowie beim Geltungsbereich entlang der gesamten Lieferkette durchaus noch weitergehende, eindeutigere Regelungen in Ihrem Sinne gewünscht hätten.
Ebenso fordern Sie einen stärkeren Fokus auf Umweltschutz im Gesetz - im Bereich des Umweltschutzes hätten wir uns nachhaltigere Regelungen vorstellen können. Mit Wirtschaftsminister Altmaier war bisher aber nicht mehr möglich.
Was die Größe der betroffenen Unternehmen anbelangt, so gilt das Gesetz ab 2023 verbindlich für große Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten in Deutschland (ca. 600 Unternehmen), und ab 2024 dann für alle Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten in Deutschland (ca. 2.900 Unternehmen). Sie können sicher sein, dass angesichts der vielfältigen Vernetzungen und gegenseitigen Abhängigkeiten im Wirtschaftskreislauf eine starke positive Dynamik entstehen wird, der sich auch die Unternehmen unterhalb dieser Schwelle nicht entziehen können.
Wir werden die von Ihnen vorgebrachten Punkte auch weiterhin im Rahmen unseres gemeinsamen Weges für ein umfassendes Lieferkettengesetz verfolgen. Dennoch will ich darauf hinweisen, dass der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form insbesondere auch im offiziellen Begründungsteil viele Durchsetzungsmöglichkeiten entlang der gesamten Lieferkette eröffnet. Mit diesem Gesetz können wir einen historischen Schritt von der freiwilligen zur rechtlich verbindlichen Einhaltung von Menschenrechten machen. Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Hungerlöhne und Ausbeutung müssen gestoppt werden und dürfen kein Wettbewerbsvorteil mehr sein.
Ich bedanke mich für Ihre starke Unterstützung auf dem bisherigen Weg und bin zuversichtlich, dass uns gemeinsam ein durchsetzungsstarkes Lieferkettengesetz gelingen wird. Der nächste wichtige Schritt ist nun die Expertenanhörung im Deutschen Bundestag, die für den 17. Mai 2021 geplant ist und als öffentliche Sitzung live über die Internetpräsenz des Deutschen Bundestages www.bundestag.de verfolgt werden kann. Für Ihr Engagement und Ihre Unterstützung bedanke ich mich, lassen Sie uns diese Arbeit in meinem Wahlkreis wie in Berlin miteinander fortsetzen. Ich bin zuversichtlich, dass uns gemeinsam ein durchsetzungsstarkes Lieferkettengesetz gelingen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Timon Gremmels