Frage an Tim Ostermann von Dr. Hinrich P.
Sehr geehrter Herr Ostermann,
meine Frau und ich sind sehr besorgt wegen der Möglichkeit, in unserem Land Fracking zuzulassen, auch wenn dies nur unter strengen Auflagen geschehen sollte. Ich habe die Petition für ein vollständiges Frackingverbot in Deutschland unterschrieben. Über ein Drittel der Bundestagsabgeordneten haben bereits so oder so Stellung genommen. Nun wüsste ich gerne Ihre Stellungnahme dazu.
Mit freundlichem Gruß
Hinrich Paul
Sehr geehrter Herr Dr. Paul,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Fracking und der Bitte um Stellungnahme dazu.
Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gilt, dass es beim Schutz der Gesundheit der Menschen, der Umwelt und des Trinkwassers keine Kompromisse geben darf. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD stellt daher zum Einsatz der Fracking-Technologie klar, dass der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit absoluten Vorrang hat. Zudem haben wir dort vereinbart, dass umwelttoxische Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten nicht zum Einsatz kommen dürfen.
Das Bundeskabinett hat nun die Gesetzentwürfe zum Wasserhaushalts- und Bergschadensrecht sowie die Verordnung zur Einführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die den Einsatz der Frackingmethode neu regeln sollen, verabschiedet. Am 7. Mai wurde der Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag in erster Lesung beraten und an die zuständigen Fachausschüsse überwiesen.
Die CDU-Abgeordneten aus dem Münsterland, dem Sauerland, aus Ostwestfalen und anderen betroffenen Regionen nehmen das Thema „Fracking“ besonders ernst und haben eine gemeinsame Position erarbeitet, der ich mich angeschlossen habe. Das vom Kabinett verabschiedete Gesetzespaket stellt aus unserer Sicht bereits eine wesentliche Verbesserung zum ursprünglichen Eckpunktepapier dar. Die Hürden für den Einsatz der Frackingtechnologie werden erheblich erhöht.
Im derzeitigen Gesetzentwurf wird geregelt, dass ab dem Jahr 2018 eine kommerzielle Gasförderung aus Schiefer- und Kohleflözgestein auch oberhalb der 3000 m erlaubt sein soll, wenn die Probebohrungen erfolgreich waren und eine unabhängige Expertenkommission, bestehend aus sechs Sachverständigen, die Unbedenklichkeit der Frackingmaßnahme bestätigen. Dies halten wir aus folgenden Gründen für bedenklich:
1) Durch die Aufhebung des ursprünglich vorgesehenen Moratoriums bis 2021 und die Aufhebung der engen Verknüpfung von wissenschaftlicher Erforschung und potenzieller kommerzieller Nutzung entzieht sich die Politik der Verantwortung. Die parlamentarische Befassung in 2021, die ursprünglich notwendig geworden wäre und für eine hohe Transparenz gesorgt hätte, wird damit obsolet. Eine Entscheidung für die Förderung heimischer Schiefergas- und Kohleflözgasvorräte, die immer mit Risiken verbunden sein wird, muss am Ende im Parlament entschieden werden.
2) Die Grenzziehung bei 3000 m halten wir grundsätzlich für unsachgemäß, da ein großer Teil der Schiefergas- und Kohleflözgas-Formationen außerhalb dieser Verbotszone liegt. Hier wären also weder Probebohrungen noch eine wissenschaftliche Begleitung vorgeschrieben, d.h. der kommerziellen Nutzung wären Tür und Tor geöffnet. Aus diesem Grunde halten wir ein Verbot für geboten, dass sich nicht an einer Tiefenbegrenzung orientiert, sondern an Genese und Ausprägung der betreffenden Gesteinsformation.
Aufgrund der unter anderem von den CDU-Abgeordneten aus dem Münsterland, dem Sauerland und aus Ostwestfalen geäußerten Bedenken hat sich unsere Fraktion auf folgende Einigungs- und Änderungswünsche zum Regelungspaket Fracking fraktionsintern verständigt:
- Neben den im Gesetz genannten Ausschlussgebieten sollen auch die Einzugsgebiete, in den Wasser als Trinkwasser oder in Lebensmitteln genutzt wird, geschützt werden.
- Die Anzahl der Probebohrungen soll auf 8 begrenzt werden.
- In der Begründung zum Wasserhaushaltsgesetz wird festgehalten, dass der Schadstoffgehalt des zu versenkenden Lagerstättenwassers minimiert wird.
- In der Begründung zur UVP- V Bergbau wird festgehalten, dass bei einer UVP Vorprüfung die Wasserbehörden zu beteiligen sind und dass die Öffentlichkeit frühzeitig informiert wird.
- Die 3000-Meter-Grenze soll gestrichen werden. Stattdessen soll es ein Frackingverbot im Muttergestein geben.
Die Einigungs- und Änderungswünsche sind in den vom Kabinett verabschiedeten Gesetzentwürfen nicht berücksichtigt und müssen daher im nun anstehenden parlamentarischen Verfahren von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eingebracht werden.
Ich halte das Ergebnis für einen guten Kompromiss. Es ist deutlich geworden, dass wir einen neuen schärferen Rechtsrahmen für den Einsatz der Frackingtechnologie brauchen. Gemeinsam mit den Abgeordneten aus den besonders betroffenen Regionen sind wir uns einig: Erdgasgewinnung aus unkonventionellen Lagerstätten ist nach heutigem Stand der Technik nicht zu verantworten und muss daher verboten werden. Dies entspricht auch der Position der CDU in Nordrhein-Westfalen, die auf ihrem Landesparteitag im April vergangenen Jahres einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte: „Die CDU lehnt die Erdgasgewinnung aus unkonventionellen Lagerstätten durch Fracking nach den jetzigen Stand der Technik ab“.
Unkonventionelles Fracking soll bis ins Jahr 2018 verboten werden, da die Folgen dieser Technologie für Mensch, Umwelt und Natur für den Deutschen Bundestag als Gesetzgeber nicht abschätzbar sind. Daher soll der Bundestag eine Expertenkommission einsetzen, die durch Auswertung von 8 Probebohrungen diese Wissenslücken schließen soll. Für die Zeit nach 2018 sehen die Regelungen derzeit allerdings vor, dass nach Abschluss der Erprobungsmaßnahmen der Bundestag nicht erneut über das Verbot entscheiden soll.
Unter der Voraussetzung eines positiven Votums der Expertenkommission sollen die Unternehmen, die Gas mittels Fracking fördern wollen, dies beantragen können. Zwar sieht das dann folgende Genehmigungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor - auch weitere Regeln nach Berg-, Wasser- oder Naturschutzrecht und sonstigen öffentlich- rechtlichen Vorschriften müssen berücksichtigt werden - doch diesen Automatismus für kommerzielle unkonventionelle Fracking lehnen wir CDU-Abgeordneten aus dem Münsterland, dem Sauerland uns aus Ostwestfalen ab.
Unter der Voraussetzung eines positiven Votums der Expertenkommission wäre unkonventionelles Fracking ab 2018 ohne Beschluss und Beteiligung des Bundestages möglich. Daher plädieren wir dafür, dass sich das Parlament auf Grundlage des Expertengutachtens im Jahr 2018 erneut mit dem Verbot von unkonventionellem Fracking befasst.
Aus meiner Sicht sollte das Parlament erst dann abschließend über den Einsatz der unkonventionellen Fracking Technologie entscheiden, wenn alle Wissenslücken geschlossen sind und negative Auswirkungen auf Mensch, Umwelt, Natur und Trinkwassers ausgeschlossen werden können.
Freundlich grüßt Sie
Ihr
Tim Ostermann