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Frage von Stefan B. •

Frage an Tim Ostermann von Stefan B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Ostermann,
es geht mir um das Thema der Einführung bundesweiter Volksentscheide. Sie haben am 23.Mai dazu eine ablehnende Rede im Bundestag gehalten, die ich mir online angesehen habe.
Dabei haben sie Behauptungen aufgestellt bei denen ich mich frage, woher Sie die entsprechenden Informationen haben.

Woher nehmen Sie die Auffassung,dass die Mehrheit der Bevölkerung eine Volksgesetzgebung nicht will? Ich verweise auf die Emnid-Umfrage vom 17.11.2013, nach der 84% der Bundesbürger und auch 83% der Unionswähler das wollen (vgl. http://www.focus.de/politik/deutschland/das-volk-ruft-nach-mehr-demokratie-deutliche-mehrheit-fuer-volksentscheide-auf-bundesebene-_aid_1160857.html). Zu der von Ihnen in der Rede genannten gegenteiligen Umfrage habe ich nichts gefunden.

Sie behaupten auch, bundesweite Volksentscheide wären von den Autoren des Grundgesetzes nicht gewollt worden. Art 20 führt aber aus, dass die Staatsgewalt durch das Volk in "Wahlen und Abstimmungen" ausgeübt wird. Ist Ihnen bekannt, dass inzwischen durch Protokolle des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee nachgewiesen ist, dass der Begriff "Abstimmungen" sehr wohl im Hinblick auf die Möglichkeit bundesweiter Volksentscheide dort steht?

Sie haben gesagt, dass die repräsentative Demokratie in Dtl. im Vergleich zu anderen Staaten ein wesentlicher Grund für Stabilität sei. Können Sie benennen, in welchen anderen Staaten die Ergänzung der repräsentativen Demokratie durch direkte Demokratie zu Instabilität geführt hat?

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Sehr geehrter Herr Bauer,

vielen Dank für Ihre Frage vom 21. Juni 2014, in der Sie sich zu meiner Plenarrede vom 08.05.2014 äußern.

In meiner Rede habe ich explizit darauf hingewiesen, dass die Bürger der Bundesrepublik Deutschland mehrheitlich hinter der repräsentativen Demokratie stehen. Die Umfrage, zu der Sie gern mehr Informationen erhalten möchten, finden Sie hier: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/153854/umfrage/zufriedenheit-mit-der-demokratie-in-deutschland/
Eine Umfrage der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) aus dem Jahre 2012 macht ebenfalls deutlich, dass die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie im eigenen Land bei knapp 70 % liegt ( http://www.bpb.de/nachschlagen/datenreport-2013/demokratie-und-politische-partizipation/174077/zufriedenheit-mit-der-demokratie ).

Sehr interessant ist an dieser Stelle auch der Vergleich mit anderen europäischen Ländern, in denen die Möglichkeit eines Referendums besteht. Die in Italien durchgeführten Volksentscheide sind in der Vergangenheit oftmals gescheitert – und zwar an zu geringer Beteiligung, da in Italien die Verfassung vorgibt, dass die Referenden erst ab einer Wahlbeteiligung von 50 % gültig sind. Es ist offensichtlich, dass Volksentscheide kein Allheilmittel sind und in der Regel scheitern, wenn das Quorum zu hoch angesetzt ist. Wählt man das Quorum für Referenden niedriger, steht allerdings die demokratische Legitimation in Frage. Es besteht die Gefahr, dass sich ein nur geringer Teil der Bevölkerung gegenüber dem „schweigenden“ Mehrheitswillen durchsetzt.

Selbst die Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentliche im November 2013 interessante Ergebnisse: Im Rahmen einer Studie wurden empirische Daten aus der Schweiz, aus Kalifornien und Italien, aber auch aus Hamburg und Bayern untersucht. Dabei konnte ermittelt werden, dass im Vergleich zu Parlamentswahlen eine sehr hohe Selektivität festzustellen ist. Das eigentliche Ziel von Volksabstimmungen wird verfehlt. Es sind demnach nicht die Stimmen aller Bürger, die bei Referenden entscheidend sind, sondern die von Gutsituierten, der höheren Bildungsschichten oder aber auch die der gut vernetzten Minderheiten. An dieser Stelle verweise ich auf den folgenden Artikel: http://www.tagesspiegel.de/politik/studie-zu-volksentscheiden-weniger-statt-mehr-demokratie/9105212.html

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen die Beweggründe für meine Ablehnung von Volksentscheiden auf Bundesebene dargelegt zu haben.

Freundlich grüßt Sie
Ihr

Tim Ostermann