Frage an Ties Rabe von Alf N. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Rabe,
wie sehen Sie die Zukunft der Stadtteilschulen? Grundsätzlich müssen diese ja eine leistungsfähige Schülerschaft erhalten, von denen zumindest ein Teil auch das Abitur erreichen kann. Dementsprechend müssen die Anmeldungen an den Gymnasien von derzeit 52% deutlich verringert werden. Sonst funktioniert das nicht. Bereits Herr Dr. Scheuerl hatte seinerzeit gemutmaßt, man dürfe ca. 30% Gymnasialschüler haben.
Wie wollen Sie die Gymnasialanmeldungen reduzieren? Planen Sie eine Quote? Werden Gymnasien geschlossen werden?
Beste Grüsse
Alf Noilichs
Sehr geehrter Herr Noilichs,
die Stadtteilschule ist das zentrale Hamburger Reformvorhaben. Diese neue Schulform ist die richtige Antwort auf die vielen Probleme unseres Bildungssystems. In der Stadtteilschule können Schüler aller Begabungen gemeinsam lernen und alle Abschlüsse erlangen: Hauptschul- und Realschulabschluss, Fachabitur und Abitur.
Seit Sommer 2010 sind alle bisherigen Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie Aufbaugymnasien in Stadtteilschulen umgewandelt worden. Wir möchten, dass die Stadtteilschule eine erfolgreiche und gute Schule wird, die allen Schülern neue Chancen eröffnet. Leider hat die CDU-GAL-Regierung genau diese Aufgabe nicht erledigt. Obwohl seit Anfang 2008 feststand, dass die Stadtteilschulen im Sommer 2010 starten würden, hat der Senat nichts für einen erfolgreichen Start getan. Dringend notwendige Arbeitsgruppen, die den Start der neuen Schule vorbereiten sollten, wurden zu spät einberufen und haben bis heute keine Ergebnisse vorgelegt, wie die neue Schule werden soll.
Die SPD wird deshalb die Förderung der Stadtteilschule zu einem Schwerpunkt ihrer künftigen Bildungspolitik machen. Konkret wollen wir Folgendes umsetzen:
1. In Zusammenarbeit mit den Beruflichen Schulen sollen für die Klassen 8-10 der Stadtteilschulen Berufsorientierungen angeboten werden, um die Schüler erfolgreich auf das spätere Berufsleben vorzubereiten.
2. Alle Stadtteilschulen sollen zügig zu Ganztagsschulen ausgebaut werden. Ganztagsschulen ermöglichen allen Schülern besseres und entspannteres Lernen, Hausaufgabenhilfe und hervorragende Bildungs- und Freizeitangebote. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel werden wir bereitstellen.
3. Möglichst alle Stadtteilschule sollen an ihrem Standort eine Oberstufe und das Abitur anbieten. So bieten wir den Schülern die Perspektive für den bestmöglichen Abschluss. Zudem stärken wir die Attraktivität und die Leistungskraft der Schule. Und wir geben den jüngeren Schülern Bildungsvorbilder, die ihnen Mut machen, selbst auch das Abitur anzustreben. Die Schulbehörde muss deshalb die Schulen beim Aufbau eigener Oberstufen unterstützen.
4. Aufgrund einer Schulgesetzänderung können jetzt auch Schüler mit Behinderungen die Stadtteischulen besuchen. Leider hat die CDU-GAL-Regierung für diese Kinder nur ein Notprogramm aufgelegt, so dass sie nicht optimal unterrichtet werden. Wir werden die so genannten Integrationsklassen und integrativen Regelklassen ausbauen, um allen Kindern an der Stadtteilschule optimalen Unterricht zu gewährleisten.
5. Die Stadtteilschule braucht ein klares Profil, damit sie von den Schülern und Eltern als hervorragende Schule anerkannt und gewählt wird. Dieses Profil muss die Behörde jetzt in Zusammenarbeit mit den Schulen zügig entwickeln. Es gibt genügend Beispiele hervorragender Gesamtschulen, deren Impulse aufgegriffen und weiterentwickelt werden können.
6. Die Stadtteilschulen brauchen einen hervorragenden Unterricht, der allen Schülern gerecht wird. Entsprechende Unterrichtskonzepte und Unterrichtsorganisationen müssen zügig in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung entwickelt und in den Schulen verankert werden.
7. Die Stadtteilschulen werden erfolgreich sein, wenn es ihnen gelingt, sich mit den anderen Angeboten in ihrem Stadtteil zu verbinden. Diese Zusammenarbeit zwischen Schule und Einrichtungen wie Kirchen, Jugendzentren, Kindertagesstätten, Sportvereinen und vielen anderen Einrichtungen mehr muss jetzt dringend auf den Weg gebracht werden. Dazu müssen so genannte Regionale Bildungskonferenzen eingerichtet werden, die ein Forum für die Zusammenarbeit werden können.
8. Eine Reihe von Stadtteilschulen wurden aus mehreren bisher selbständigen Schulen zusammengesetzt. In einigen dieser Schulen gibt es ein schlechtes Raumangebot, zu wenig Gymnasiallehrer, zudem organisatorische Probleme. Diese Schulen müssen von der Schulbehörde besonders begleitet werden, um erfolgreich zu werden.
9. Das Elternwahlrecht werden wir nicht einschränken. Eine solche Zwangs-Maßnahme würde der Stadtteilschule auch nicht helfen, sondern nur den Verdruss gegen die Schulreformen weiter schüren. Allerdings muss der jetzt von Senator Wersich vorgelegte Einschätzungsbogen für die weitere Schullaufbahn eines Schülers nach Klasse 4 überarbeitet werden. Zukünftig muss den Eltern mit der Einschätzung deutlich werden, dass die Stadtteilschule für jedes Kind . also für Kinder aller Begabungen und Leistungen - eine hervorragende Wahl ist.
Nähere Ausführungen zur Stadtteilschule können Sie auch auf meiner Homepage http://www.tiesrabe.de auf einem Video sehen, dass anlässlich eines meiner öffentlichen Auftritte zu diesem Thema gedreht worden ist.
Herzliche Grüße
Ties Rabe