Frage an Ties Rabe von Viola G.
Sehr geehrter Herr Senator Rabe,
die Antwort des Senats vom 23.12.2014 (Drucksache 20/14078) auf die Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Prien und Gladiator (CDU) vom 17.12.2014 hat ergeben, dass 757 Gymnasiasten aus den Vier- und Marschlanden (V+M) Bergedorfer Gymnasien besuchen. Zusätzlich sollen 75 SchülerInnen seit dem Schuljahr 2010/11 (Klasse 5-8) in der StS Kirchwerder eine Schullaufbahnempfehlung für das Gymnasium haben. Gemittelt kann man davon ausgehen, dass aus den älteren Jahrgängen (9-13) durchschnittlich 18 SchülerInnen pro Jahrgang ebenfalls eine Schullaufbahnempfehlung für das Gymnasium haben, was ca. 90 SchülerInnen zusätzlich wären. Insgesamt wären dies ca. 922 Gymnasiasten. Würde ich SchülerInnen, die Gymnasien in anderen Bezirken oder Privatgymnasien besuchen, hinzurechnen, käme ich auf mehr als 922 Gymnasiasten.
In Hamburg werden mehr als 18 Gymnasien mit weniger als 750 SchülerInnen angeboten, 900 SchülerInnen wären eine normale Anzahl für ein Gymnasium. Geplante Neubaugebiete in den V+M werden auch in Zukunft den Bedarf steigern. Im Landgebiet südlich der A25 gibt es kein Gymnasium. Viele SchülerInnen brauchen insgesamt täglich bis zu 2 Stunden allein für den Schulweg. Vor diesem Hintergrund stelle ich folgende Fragen:
Warum rechtfertigen derzeit mehr als 750 Gymnasiasten bzw. ca. 900 potentielle Gymnasiasten aus den V+M nicht den Neubau eines Gymnasiums am KIRCHENHEERWEG, an dem derzeit die Ersatzbauplanungen für die StS Kirchwerder durchgeführt werden, wenn in Neuallermöhe ein Gymnasium mit 663 SchülerInnen sowie in mind. 17 anderen Stadtteilen in Hamburg Gymnasien mit weniger als 750 SchülerInnen vorhanden sind?
Warum haben Eltern aus den V+M im Februar 2013 in der Bezirksversammlung Bergedorf gegen das Anmeldeverfahren für weiterführende Schulen mit der Begründung protestiert, SchülerInnen aus den V+M würden benachteiligt werden?
Mit freundlichen Grüßen
V. G.
Sehr geehrte Frau V. G.,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich ja bereits auf mehreren anderen Wegen beantwortet habe. Gern wiederhole ich meine Antwort an dieser Stelle.
Ich halte den Neubau eines sechsten Bergedorfer Gymnasium aus mehreren Gründen für problematisch.
1. Die Schulversorgung in Bergedorf ist sehr gut:
Bergedorf hat fünf Gymnasien und fünf Stadtteilschulen. Gemessen an der Schülerzahl in Bergedorf ist das ein hervorragendes Angebot, das es in dieser Qualität und Quantität nicht in allen Hamburger Regionen gibt. Bergedorfs fünf Gymnasien werden von allen Schülerinnen und Schülern - auch denen aus den Vier- und Marschlanden - gern angewählt und gern besucht. Trotz der freien Schulwahl und jährlich unterschiedlicher Anmeldezahlen konnten in der Vergangenheit fast immer alle Schülerinnen und Schüler - auch die aus den Vier- und Marschlanden - ihr "Wunschgymnasium" besuchen. Ohnehin bekamen alle Schülerinnen und Schüler, die ein Bergedorfer Gymnasium besuchen wollten, auch einen Schulplatz an einem Gymnasium, über 95% von ihnen sogar den Platz an ihrem Wunschgymnasium.
2. Die Schülerzahl in Bergedorf ist zu gering, um dauerhaft sechs Gymnasien zu füllen.
Ein durchschnittliches Hamburger Gymnasium hat in Klasse 5 110 Schüler, Bergedorfs 5 Gymnasien sind vom Platzangebot sogar deutlich größer und können zusammen sogar über 620 Schüler in Klasse 5 aufnehmen. Das reicht vollkommen aus. Da sich Schüler aufgrund des Schulwahlrechtes niemals gleichmäßig über alle Schulen verteilen, ist damit zu rechnen, dass bei sechs Gymnasien eines der Gymnasien immer wieder schwache Anmeldezahlen hat und mittelfristig von Schließung bedroht ist. Der Preis eines sechsten Gymnasiums ist möglicher Weise, dass ein Gymnasium mittelfristig wieder geschlossen werden muss (das ist laut Schulgesetz der Fall, wenn es weniger als rund 65 Anmeldungen gibt).
3. Ich glaube nicht, dass alle Gymnasiasten aus dem Landgebiet ein Gymnasium Kirchwerder besuchen werden..
Sie gehen davon aus, dass alle Gymnasiasten aus den Vier- und Marschländer automatisch das neue Gymnasium in Kirchwerder besuchen würden. Das ist keineswegs zu erwarten. Gerade für die Schüler aus den Marschlanden ist dieses neue Gymnasium genauso weit entfernt wie die bestehenden Gymnasien. Zudem sind einige der bestehenden Gymnasien gerade bei Schülern aus den Vier- und Marschlanden besonders beliebt. Deshalb ist damit zu rechnen, dass auch künftig ein Teil - vielleicht sogar ein großer Teil - der Vier- und Marschländer Gymnasiasten die bestehenden Gymnasien besuchen will und nicht automatisch ein Gymnasium in Kirchwerder besuchen möchte.
4. Ein neues Gymnasium kostet 30 Millionen - die müssen bei anderen Schulen eingespart werden. Das finde ich falsch.
Der Bau eines sechsten Gymnasiums würde rund 30 Millionen Euro kosten. Das Geld im Schulbau ist klar begrenzt, die Steuereinnahmen auch. Wenn wir an der einen Stelle mehr ausgeben wollen, dann müssen wir das an einer anderen Stelle sparen. Das ist in der Politik nicht anders als beim heimischen Einkauf. Also müssten wir zur Gegenfinanzierung eines sechsten Gymnasiums eines der großen Bergedorfer Schulbauvorhaben streichen. Zurzeit planen wir Neubauten oder erhebliche Sanierungen im Umfang von deutlich über 10 Mio. Euro an folgenden Bergedorfer Schulen: Stadtteilschule Lohbrügge, Stadtteilschule Bergedorf, Stadtteilschule Kirchwerder, Stadtteilschule Richard-Linde-Weg sowie am Luisengymnasium, am Gymnasium Lohbrügge und am Gymnasium Bornbrook. Eine oder mehrere dieser dringenden Bauvorhaben müssten wir streichen, um ein sechstes Gymnasium in den Vier- und Marschlanden zu bauen. Ich halte das für falsch.
Liebe Frau Gietzelt-Fleischhauer, Sie erkennen daran, dass ein solcher Neubau viele Auswirkungen auf die bestehenden Schulen hat und damit viele Schülerinnen und Schüler erheblich betrifft. Wenn ich an das Wohl aller Schülerinnen und Schüler in Bergedorf denke - und das ist genau die Aufgabe des Schulsenators - dann halte ich einen solchen Neubau bei Abwägung aller Argumente nicht für richtig.
Mit freundlichen Grüßen
Ties Rabe