Wieso können Frankreich und Großbritannien Neuwahlen viel schneller organisieren? Ist das nicht ein Zeichen unserer Wettbewerbsschwäche? Welche Folgerungen sind hieraus zu ziehen?
Sehr geehrter Herr Frei,
In Frankreich und GB fanden 2024 innerhalb von 3 bzw. 6 Wochen Neuwahlen statt (Ankündigung Macron 9.6./Wahl 30.6.; Ankündigung Sunak 22.5./Wahl 4.7.). Bei uns sind es lt. Grundgesetz ab verlorener Vertrauensabstimmung 81 Tage (21 Tage Zeit für Bundespräsident und dann 60 Tage bis zur Neuwahl). Das hat sowohl 1983 als auch 2005 ausgereicht für ordnungsgemäße Neuwahlen. Jetzt scheint unsere Verwaltung nicht mehr in der Lage zu sein, dieselben Wahllokale in öffentlichen Schulen und Rathäusern bereitzustellen und Papier zu beschaffen. Armes Deutschland! Ist das nicht ein Zeichen für ineffiziente Verwaltungsstrukturen, überbordende Bürokratie und mangelnde Innovation und Wettbewerbsfähigkeit? Welche Verantwortung tragen hierfür die Parteien, die seit vielen Jahren die Verwaltungen aufbauen und ausstatten? (SPD regiert 22 Jahre seit 1998 mit Ausnahme 2009-2013 CDU/FDP, CDU in den 16 Jahren Merkel).Wie soll es dann wieder eine CDU+SPD-Regierung richten? Vielen Dank
Sehr geehrter Herr G.,
Ihre Analyse teile ich. Heute mit ganz anderen technischen Möglichkeiten soll plötzlich das nicht mehr möglich sein, was in der Vergangenheit möglich war und was die Verfassung vorsieht. Auch deshalb habe ich bei den Warnungen der Bundeswahlleiterin nur den Kopf schütteln können. Kein Wunder, dass wir auch im Ausland viel Unverständnis geerntet haben. Das hat viel mit Mentalität zu tun, aber eben auch mit der Verwaltung. Ich erachte es aber als müßig, in der Vergangenheit nach Fehlentwicklungen zu suchen. Wir müssen jetzt alle Kapazitäten darauf verwenden, die Verwaltung fit für die Zukunft zu machen. Das betrifft Strukturen, Bürokratie und Digitalisierung gleichermaßen. Darauf werden wir unsere Kapazitäten verwenden.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei