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Thorsten Frei
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Frage von Elif D. •

Sollte mehr Menschen die doppelte Staatsangehörigkeit erlaubt werden?

Sehr geehrter Herr Frei,

Es ist hinlänglich bekannt, dass die Union die grundsätzliche Gewährung der doppelten Staatsangehörigkeit als kritisch erachtet. Es herrschst aber durchaus Einigkeit darüber, dass es sinnvoll ist, dass Ausnahmen für EU-Bürger und für Schweizer bestehen. Würden Sie persönlich es begrüßen, wenn für weitere Länder, die uns politisch und kulturell nahestehen, Ausnahmen gemacht würden? Ich denke da z.B. an Kanada, Australien, Norwegen oder die USA. Dies sind auch die Länder, in die viele deutsche Fachkräfte auswandern.
Die wenigsten dieser Personen erfüllen die Bedingungen für eine Beibehaltunsgenehmigung. Ist es tendenziell nicht eher schlecht für unser Land, wenn wir diesen Fachkräften die deutsche Staatsangehörigkeit wegnehmen, sobald diese sich im Ausland einbürgern lassen?

Vielen Dank und viele Grüße.

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Sehr geehrte Frau D.,

zuerst einmal möchte ich feststellen, dass Deutschland schon heute ein sehr liberales und durchlässiges Staatsangehörigkeitsrecht besitzt, dass sehr gut auf Besonderheiten reagiert. Zuletzt durften bei den Einbürgerungen aufgrund der besonderen Situation insbesondere von anerkannten Asylbewerbern 69% der neuen deutschen Staatsbürger ihren alten Pass behalten.

Grundsätzlich ist eine doppelte oder Mehrfachstaatsangehörigkeit in meinen Augen jedoch nicht positiv zu bewerten. Deutschland hat sich in der Vergangenheit bewusst für eine grundsätzliche Vermeidung von Mehrstaatlichkeit entschieden, auch weil mit der deutschen Staatsbürgerschaft sehr weitgehende Rechte verbunden sind. Das rechtfertig im Ergebnis ein klares Bekenntnis zu Deutschland und ist auch eine Frage der Gerechtigkeit, wenn es um staatsbürgerschaftliche Pflichten geht, denen sich Menschen mit „nur“ deutscher Staatsbürgerschaft nicht entziehen können. Vor diesem Hintergrund sehe ich auch für die Zukunft doppelte und Mehrfachstaatsbürgerschaften als Regelfall in hohem Maße kritisch, genau wie die Verkürzung der Fristen. Beides wäre ein falsches Signal für eine gelungene Integration

Zum einen, da ich der Auffassung bin, dass die Einbürgerung am Ende dieses Prozesses stehen muss. Mit der geplanten Verkürzung auf minimal drei Jahre rückt sie aber immer weiter an den Anfang. In dieser Zeit dürfte für viele allein das Erlernen der Sprache sehr schwierig sein, die aber ein unerlässliches Fundament für den Integrationserfolg sein dürfte.

Hinzu kommt die Frage der Identifikation mit dem eigenen Land und den dort herrschenden Rechten und Pflichten. Oft wird in diesem Zusammenhang von Identität und der Verbundenheit mit dem Herkunftsland der Eltern gesprochen. Nach dem neuen Konzept würden dann auch drei oder vier Staatsangehörigkeiten möglich sein, obwohl man selbst noch nie im Land der Großeltern war und auch keinen Bezug dazu hat. Vor allem ist in meinen Augen nicht akzeptabel, wenn sich wie vor zwei Wochen geschehen, Menschen auf die Straße begeben, die Präsident Erdogan zujubeln, obwohl er für alles steht, für das Deutschland nicht steht. Hier muss man sich ernsthaft fragen, wie das zusammenpasst. In meinen Augen sehen wir an dieser Stelle ganz klar, dass Integration gescheitert ist. Daran kann kein Land der Welt ein Interesse haben.

Insofern bin ich gegen eine weitergehende Liberalisierung, auch wenn umgekehrt damit auch Deutsche ihren deutschen Pass abgeben müssen, wenn Sie in andere Länder gehen.

Mit Blick auf kommende und gehende Fachkräfte dürfte es ohnehin wichtiger sein, andere Strukturen zu verbessern, damit Deutschland attraktiver wird. Das betrifft die hohen Steuern, die schleppende Bürokratie, die fehlende Digitalisierung und ganz besonders fehlenden Wohnraum oder auch Schul- und Kita-Plätze in den Ballungsgebieten.

Mit freundlichen Grüßen

Thorsten Frei

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