In Deutschland werden Menschen unterhalb von 16 bzw. 18 Jahren von demokratischer Macht weitgehend ausgeschlossen. Die CDU/CSU scheint damit einverstanden. Ist das nicht undemokratisch?
Dass die Unterrepräsentation von Kindern und Jugendlichen in der Demokratie problematisch und zu deren Nachteil ist, konnte man u.a. an den Regelungen während der Pandemie (Stichwort Schul- und Kita-Schließungen) beobachten. Als Vater erscheint mir der derzeitige Ausschluss von Kindern von der demokratischen Macht höchst undemokratisch. Als Lehrer empfinde ich es als fragwürdig, Kinder für politische Bildung interessieren zu wollen, wenn diese noch jahrelang von der Politik ausgeschlossen bleiben. In meinen Augen sprechen alle Argumente für eine demokratische Beteiligung von Kindern, entweder ab einem entwicklungspsychologisch begründeten Mindestalter im Bereich zwischen 6 und 12 Jahren durch die Kinder selbst, oder darüber hinaus ab Geburt bis zu diesem Alter in Vertretung durch die Eltern.
Unter anderem bei den Grünen, Linken und der SPD gibt es einige aktive Befürworter eines Kinderwahlrechts. Die CDU/CSU scheint sich mit dem Thema viel schwerer zu tun.
Sehr geehrter Herr A.,
aus gutem Grunde ist die Wahlberechtigung wegen der Tragweite und Komplexität der Themen an die Volljährigkeit geknüpft. Nachweislich vollziehen junge Erwachsene in der Zeit zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr einen starken Reifungsprozess. Dazu kommt, dass die Einführung des Wahlrechts ab 16 Jahren im kommunalen Bereich nicht zu einer Wahlbeteiligung junger Menschen geführt hat, die sich von der durchschnittlichen Wahlbeteiligung unterschieden hat. Dennoch sehe natürlich auch ich, dass die Belange der jüngeren Generation in unserer alternden Gesellschaft zu kurz kommen. Deshalb werden wir uns in unserem Grundsatzprogramm auch damit befassen, wie man die Belange jüngerer Menschen in einer alternden Gesellschaft besser berücksichtigen könnte.
Eine Absenkung ohne Anpassung anderer Fristen und Pflichten und insbesondere ohne weitergehende Maßnahmen würde in meinen Augen aber wenig nützen. Mündigkeit der Bürger drückt sich eben nicht nur im Wahlrecht aus. Denken Sie beispielsweise an die volle Geschäftsfähigkeit. Es ist doch komisch, wenn man als Jugendlicher den Bundestag wählen kann, aber umgekehrt müssen die Eltern einen Handyvertrag abschließen.
Ganz grundsätzlich bin ich überzeugt, dass sich der derzeitige Status quo - die Volljährigkeit und Geschäftsfähigkeit mit 18 - bewährt hat, weshalb es unsererseits auch in den letzten Jahren keinerlei Initiative bedurfte. Selbstverständlich wären wir immer auch gesprächsbereit, was eine Absenkung des Wahlalters auf 16 anginge. Grundvoraussetzung wäre für uns jedoch, dass keine Rechtslücken entstehen. Das bedeutet, dass eine solche Anpassung auch eine Absenkung der Strafmündigkeit zur Folge haben müsste. Ohne einen solchen Gleichlauf werden wir einer notwendigen Grundgesetzänderung nicht zustimmen.
Ein Familienwahlrecht, bei dem das Wahlrecht durch die Eltern ausgeübt wird, hätte in meinen Augen durchaus Charme. Dadurch könnten die Rechte und Interessen von Familien und Kindern besser berücksichtigt werden. Allerdings dürfte es hier erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geben.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei