Frage an Thorsten Frei von Julia W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Frei,
meine Familie und ich wohnen IN einer Haarnadelkurve der B500 zwischen Furtwangen und Schönwald (unser Haus stand hier schon vor dem Ausbau der Bundesstraße zu einer solchen) und Jahr für Jahr, solange ich mich erinnern kann, sind wir vom ersten warmen Frühlings- bis zum letzten warmen Herbsttag täglich - und vor allem aber an Wochenenden, Feier- und Brückentagen, wo wir am ehesten zu Hause sind und uns bei gutem Wetter gerne im Garten erholen würden - dem Lärmpegel einer Motorradrennstrecke ausgesetzt. Denn in nichts anderes verwandelt sich diese Straße, von der wir ja selbst profitieren und über die wir uns deswegen auch gar nicht beschweren möchten, an diesen Tagen. (Hinzu kommen gelegentliche Rettungshubschraubereinsätze zur Bergung verunglückter Rennteilnehmer, welche auf unserem Grundstück abgewickelt werden müssen, sowie Biker-Pinkelpausen in unserer Garageneinfahrt, aber das sind nur Beispiele für die Begleiterscheinungen dieses Phänomens, um die es an dieser Stelle gar nicht gehen soll.) Meine Frage ist - und damit spreche ich mit Sicherheit für zehntausende, wenn nicht hunderttausende Bewohner des Schwarzwaldes: Was kann die Politik tun bzw. was können Sie tun, um uns vor diesem Motorradlärm, der für uns eine sehr große Belastung darstellt, zu schützen? Soweit ich das überblicke, haben wir keinen Anspruch auf Lärmsanierung, da es sich bei der B500 um eine bestehende Straße und bei unserem Grundstück/Haus wohl nicht um ein Wohn- oder Kleinsiedlungsgebiet handelt. Und regelmäßige Polizeikontrollen finden offenbar ebenfalls nicht statt. Gibt es daher überhaupt irgendetwas, was Sie tun können oder was wir selbst tun können, damit wir uns in unserem Garten in normaler Lautstärke unterhalten können, damit wir im Sommer zu Hause endlich einmal ein bisschen Ruhe und Erholung finden können? Bitte fassen Sie diese Frage nicht als einen Vorwurf an die Politik der CDU, sondern als einen Hilferuf auf!
Mit freundlichen Grüßen
J. W.
Sehr geehrte Frau Wehrle,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich kann Ihren Unmut sehr gut verstehen. Mir ist die von Ihnen angesprochene Problematik aus anderen Orten meines Wahlkreises bekannt. Zu viel Lärm nervt nicht nur gewaltig, er schadet auch der Gesundheit und schränkt die Lebensqualität vieler Menschen ein.
Die Lärmbelastung der Bevölkerung muss reduziert werden. Mit dem nationalen Verkehrslärmschutzgesetz II haben wir uns bis 2020 zum Ziel gesetzt, 50 Prozent des Schienenverkehrs und 30 Prozent des Verkehrslärms im Straßenverkehr zu reduzieren. Für den Schutz vor Schienenverkehrslärm haben wir seit 2008 mehr als 1,5 Mrd. EUR in Lärmsanierungsprogramme investiert. Die jährlichen Ausgaben des Bundes für die Lärmvorsorge an Bundesfernstraßen belaufen sich von 2007 bis 2016 auf mehr als 1 Mrd. EUR. Trotzdem sind weitergehende Maßnahmen erforderlich.
Bundesstraßen, die durch den Schwarzwald verlaufen, sind bei Motorradfahrern sehr beliebt. Denn die Streckenqualität ist gut und die Streckenführung durch die idyllische Natur hat ihren ganz besonderen Reiz. Einem Polizeibericht zufolge werden auf der Schwarzwaldhochstraße, einen Streckenabschnitt der Bundesstraße 500, täglich mehr als 3000 Motorräder gezählt. Die Zahl der zugelassenen Motorräder steigt jährlich immer weiter an, dabei ist nicht nur die Anzahl problematisch, sondern auch die immer höhere Lautstärke, die diese Maschinen produzieren.
Selbstverständlich haben Sie Recht, wenn sie mehr Streckenkontrollen fordern. Hier ist aber das Land gefordert. Mehr Kontrollen führen zu einer vorsichtigeren Fahrweise der Motoradhalter und somit zu weniger Lärm. Allerdings kann die Polizei wenig gegen die rücksichtslosen Fahrer tun, die sich zwar an das Tempolimit halten, aber besonders hochtourig durchfahren. Denn der Motorlärm liegt bei den Fahrern im Trend. Manche Hersteller haben zur Befriedigung dieser Kundenwünsche einen Lautstärkenverstärker auf Knopfdruck eingebaut. Ohne Rücksicht auf Verluste, eine bodenlose Frechheit.
In der EU galt bis 2016: Fährt ein Motorrad mit 50 km/h im zweiten Gang an und beschleunigt dann 20 Meter mit Vollgas, dann darf es eine Lautstärke von 78 Dezibel nicht überschritten. Seit 2016 wurde der Messbereich immerhin auf 20 km/h bis 80 km/h ausgedehnt. Ansonsten gilt keine technische Lautstärkenbeschränkung. Viele Hersteller haben ihre Maschinen allerdings technisch so aufgerüstet, dass diese den Prüfzyklus erkennen und automatisch die Lautstärke drosseln. Hier sollte in meinen Augen deutlich nachgebessert werden. Zwar sind für 2020 strengere Grenzwerte geplant, leider befürchte ich, dass auch hierfür die Hersteller technische Schlupflöcher finden.
Ich bin der festen Überzeugung, Lärmbekämpfung sollte vor allem an der Geräuschquelle ansetzen. Dafür braucht es strengere Regeln, die besser überprüft werden können. Aber auch die rücksichtslosen Motorradfahrer sollten endlich mehr an ihre Mitmenschen denken und ihren Fahrstil anpassen. Ansonsten können Streckenanpassungen eine weitere Möglichkeit darstellen, den Reiz am hochtourigen Fahren zu mindern.
Abschließend versichere ich ihnen, dass ich mit den Bürgermeistern der betroffenen Orte und der Polizei im engen Austausch stehe und wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Denn wir wollen auch weiterhin einen Schwarzwald, der einzigartiges Erholungs- und Naturgebiet ist.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei