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Thorsten Frei
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Frage von Kai M. •

Frage an Thorsten Frei von Kai M.

Sehr geehrter Herr Frei,
in den USA wird relativ offen darüber diskutiert, wie sichergestellt werden kann, dass die VSA alleinige Führungsmacht weltweit bleiben. Es werden sowohl wirtschaftspolitische wie auch militärische Massnahmen benannt. So wurde beispielsweise beim "Chicago Council on Global Affairs" klar beschrieben, dass durch gezielte strategische Eingriffe eine Destabilisierung des Nahen Ostens bzw. des eurasischen Kontinents betrieben wird und dies die Vormachtstellung der USA zementiert (siehe z.B. auf youtube ab Min. 9:30 - https://www.youtube.com/watch?v=1Vr_slBV6kI).
Die dadurch entstehenden Flüchtlingsbewegungen sind gewollt - zumindest aber grob fahrlässig in Kauf genommen.
In welchem Umfang fliessen diese Tatsachen in die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen/TTIP ein - bzw. halten Sie die USA vor diesem Hintergrund dennoch überhaupt für einen vertrauenswürdigen Vertragspartner?
Vielen Dank - mit freundlichen Grüssen
Kai Marchfeld

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Sehr geehrter Herr Marchfeld,

haben Sie vielen Dank für Ihre Mail und die darin aufgeworfenen Fragen. Gerne werde ich Ihnen meinen Standpunkt dazu kurz schildern.

Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass aus meiner Sicht der Chicago Council on Global Affairs ein außenpolitischer Think Tank ist, bei dem durchaus auch kritische, kontroverse und provokative Beiträge auf der Tagesordnung sind, um zur Diskussion anzuregen und über die üblichen Horizonte hinaus zu denken. Derlei Formate gibt es schließlich auch in Berlin. Das heißt nicht, dass ich die eine oder andere Argumentation als gänzlich an den Haaren herbeigezogen betrachte, allerdings glaube ich, dass die wesentlichen Aspekte der US-Außenpolitik geheim und hinter geschlossenen Türen erörtert werden.

Unbenommen davon steht es meiner Meinung nach jedem Land frei, seine eigene Rolle und die eigenen Ziele zu definieren und dies entsprechend außenpolitisch umzusetzen. Problematisch wird dieses Vorgehen bei offensichtlich völkerrechtswidrigen Handlungsweisen, wie Russland sie beispielsweise bei der Annexion der Krim an den Tag gelegt hat. Ansonsten bin ich der festen Überzeugung, dass gerade wir Deutschen unsere Außenpolitik ebenfalls stärker als bisher an den eigenen Interessen orientieren müssen. Wenn wir klar definieren, was wir wie erreichen wollen, dann wird die Unterstützung der Bevölkerung im Hinblick auf unser außenpolitisches Engagement größer sein als bisher.

Unsere aktuellen Interessen liegen für mich derzeit prioritär im Bereich der Eindämmung der Flüchtlingsströme und bei der Abwehr von Terrorgefahren. Das betrifft in erster Linie aber wirtschaftliche Interessen in Bezug auf Absatzmärkte und den Zugang zu Rohstoffen. Schließlich fußt unser Wohlstand auf guten wirtschaftlichen Bedingungen und Beziehungen. Deshalb haben wir natürlich ein ureigenes Interesse an Freihandelsabkommen, egal ob mit den USA oder in Richtung asiatischer Staaten. Beide Dinge miteinander zu vermengen, wie von Ihnen vorgeschlagen, erachte ich als unpassend. Das führt zu Stillstand und Blockade. Vielmehr müssten wir versuchen, alle Felder einzeln und an unseren Interessen orientiert abzuarbeiten.

Unabhängig davon eint uns und die USA unser gemeinsames Werteverständnis und unsere freiheitlich demokratische Grundordnung. Da sich die Weltordnung allein in Bezug auf die reine Bevölkerungszahl, aber auch und mit Blick auf die Wirtschaftskraft mehr und mehr zu unseren Ungunsten verschiebt, werden zuverlässige und leistungsfähige Partner immer wichtiger. An dieser Stelle sehe ich die NATO und die USA in ihrem Kern heute wie auch in Zukunft als wichtigste Partner. Schließlich lehnen Länder wie Russland oder China die Freiheit unserer Gesellschaft wie auch die Lebensweise unserer Bürger ab und würden deshalb unser System nur allzu gern abschaffen oder zumindest scheitern sehen. Das heißt aber nicht, dass wir in einer Partnerschaft nur gutgläubig und blauäugig agieren sollten. Auch hier gilt es immer unser Interesse als Land zu wahren.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei

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