Frage an Thorsten Frei von Thomas H.
Sehr geehrter Herr Frei,
wie beurteilen Sie Ihre Aussage hinsichtlich nicht einschätzbaren Bodenformationen? Geothermie- und andere Bohrungen bzw. Eingriffe mit bekanntlich mehrfachen, erheblichen Schäden sind Ihnen doch geläufig - Staufen - Böblingen - A81 Oberndorf/Sulz (um nur einige Beispiele zu nennen)?
Baden-Württemberg ist das Bundesland mit den meisten Brunnen und Bädern.
Glauben Sie denn allen Ernstes, Sie könnten unter diesen Gesichtspunkten unser Trinkwasser als staatlich bestgehütetes Lebensmittel vor Schadeinwirkungen schützen? Welcher Geologe und welcher Politiker würde nach Ihrer Meinung dafür die volle (und damit auch die finanzielle, persönliche) Haftung übernehmen im Falle von Verseuchungen, wie diese in Amerika bereits beklagt werden?
Mit freundlichem Gruß
Thomas Hembach
Sehr geehrter Herr Hembach,
vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Fracking. Ihre Sorgen mit Blick auf den Schutz der Umwelt und des Trinkwassers kann ich nachvollziehen. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gilt, dass es beim Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Menschen keine Kompromisse geben darf. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD stellt zum Einsatz der Fracking-Technologie klar, dass der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit absoluten Vorrang hat. Den Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten lehnen wir ab. Die Fracking-Technologie ist ein in der konventionellen Gasförderung in Deutschland seit Anfang der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bewährtes Verfahren und steht derzeit für rund ein Drittel der heimischen Erdgasförderung. Die vorliegenden Regelungsentwürfe verschärfen die bestehenden, bereits sehr strengen Umwelt- und Wasserschutzvorgaben bei der Anwendung der Fracking-Technologie nochmals erheblich, mit dem Ziel eines noch besseren Schutzes von Gesundheit, Umwelt und Wasser.
Beispielsweise wird Fracking in sensiblen Gebieten, wie beim Wasser- und Heilquellenschutz sowie an Seen und Talsperren zur Trinkwassergewinnung vollständig verboten sein. Die Länder sollen darüber hinaus an weiteren sensiblen Trinkwasserentnahmestellen Verbote erlassen können. Das Land Baden-Württemberg wird künftig verpflichtet sein, für jede Form von Fracking künftig eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. All dies zeigt, dass überall dort, wo es Risiken gibt, auch kein Fracking geben wird.
Anders als bei der konventionellen Gasförderung gibt es in Deutschland noch keine Erfahrungen mit der Gasförderung in so genannten unkonventionellen Lagerstätten, also in Schiefer- und Kohleflözgestein. Klar ist: Zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem derzeitigen Wissensstand wird es kein kommerzielles unkonventionelles Fracking in Deutschland geben.
Für Schiefer- und Kohleflözgestein wird es oberhalb 3000 Metern Tiefe ein generelles Frackingverbot geben. Lediglich wissenschaftlich begleitete und überwachte Probebohrungen sind unter strengsten Umweltanforderungen möglich, um die Auswirkungen von Maßnahmen auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, wissenschaftlich erforschen zu können. Wichtig ist also, dass strengste Voraussetzungen vorliegen werden. Unterstützt wird dies von einer unabhängigen Expertenkommission. Insgesamt sind die vorgesehenen Umwelt- und Trinkwasserschutzmaßnahmen also sehr weitreichend.
Der Schutz von Gesundheit, Umwelt und Trinkwasser bleibt erstes Gebot. Gleichzeitig muss der gesetzliche Rahmen schon aus verfassungsrechtlichen Gründen einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn offen halten sowie die seit Jahrzehnten praktizierte konventionelle Erdgasförderung in Deutschland auch weiterhin ermöglichen. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf bestehende Ängste und Vorbehalte gegenüber der Fracking-Technologie ist eine Versachlichung der Debatte erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei MdB