Frage an Thorsten Frei von Michael H. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Frei,
wir sind auf der Südwestmesse dieses Jahr von einem grossen Kachelofenhersteller zum Kauf eines Kaminofens "überredet" worden. Die Geschäftspraktiken dieses Herstellers sind uns im Vorfeld leider nicht bekannt gewesen. Es wird hier konkret immer mit gigantischen Rabatten gelockt, um die Käufer zur Unterschrift zu drängen. Nun ist 2003 ein Urteil gefällt worden, das die Käufer auf Messen massiv benachteiligt: BGH 2003-10-28 X ZR 178/02. Wie sieht der Gesetzgeber dieses Urteil? Es kann doch nicht sein, dass man als Käufer im Internet 14 Tage Zeit hat, einen Kauf rückgängig zu machen, wenn sich herausstellt, dass es nicht das richtige Produkt war. Da die Verkaufsmethoden auf Messen teilweise hart an der Grenze zur Sittenwidrigkeit liegen, besteht hier meiner Meinung nach extremer Handlungsbedarf. Zumindest sollten Messebesucher schon am Eingang darauf hingewiesen werden, dass Verträge, die hier abgeschlossen wurden, nicht rückgängig gemacht werden können. Ich bitte Sie, auch im Sinne von anderen Geschädigten eine entsprechende Gesetzesvorlage auf den Weg zu bringen.
Mit freundlichen Grüssen
Michael Henninger
Sehr geehrter Herr Henninger,
vielen Dank für Ihre Schilderungen und die damit verknüpfte Frage. Grundsätzlich möchte ich zunächst zum Ausdruck bringen, dass sich die Große Koalition für einen verbraucherfreundlichen und transparenten Markt einsetzt, bei dem es unser Ziel ist, dass wir die Rahmenbedingungen für ein vertrauensvolles Miteinander von Wirtschaft und Verbrauchern setzen. Wo Verbraucher sich nicht selbst schützen können, möchten wir in Form der effektiven Rechtsdurchsetzung die notwendigen Rahmenbedingungen zum Schutz der Verbraucher schaffen.
Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren die Rechte des Verbrauchers kontinuierlich gestärkt. Beispielsweise regelt der § 312 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches den Verbraucherschutz für besondere Vertriebsformen, wie dem Haustürgeschäft oder dem Online-Kauf in Form eines Fernabsatzvertrages. Die Besonderheit ergibt sich daraus, dass diese Verträge zwischen den Unternehmern und den Verbrauchern auf unübliche Weise abgeschlossen werden. Beispielsweise kann der Verbraucher an der Haustür von einem Werber leicht überrascht oder gar überrumpelt werden. Entgegen diesem Beispiel sieht der Gesetzgeber – und auch die Rechtsprechung – einen Verkauf auf unübliche Weise auf Messen wie der Südwestmesse gerade nicht.
Dass die Verkaufsmethoden auf Messen hart an der Grenze zur Sittenwidrigkeit liegen, wie Sie es schreiben, teile ich nicht. Die Besucherinnen und Besucher von gewerblichen Messen müssen davon ausgehen, dort auf Verkäufer bzw. Unternehmer zu treffen. Sie können das Produkt begutachten und jedenfalls teilweise auch erproben. Darüber hinaus richten sich gewerbliche Messen zumeist an ein Fachpublikum, bei dem eine über das übliche Maß hinausgehende Sachkunde zugrunde gelegt wird. Insofern besteht ein klarer kommerzieller Hintergrund, der dem Überraschungsmoment aus den genannten Beispielen entgegensteht. Vor diesem Hintergrund teile ich die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach nicht jede Messe als Freizeitveranstaltung im Sinne des § 312 Absatz 1 Nr. 2 zu qualifizieren ist.
Nicht zuletzt wegen dieser klaren Rechtsauffassung sehe ich im Moment keine Mehrheit, um die von Ihnen gewünschte Gesetzesänderung durchzusetzen.
Mit den besten Grüßen
Thorsten Frei