Frage an Thomas Stritzl von Inga L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Stritzl,
wahrscheinlich sind Sie auch betroffen und aufgewühlt von den aktuellen Bilder und Nachrichten aus Aleppo. Was tun Sie und Ihre Fraktion JETZT, um die Menschen in Aleppo und ganz Syrien zu unterstützen und zu schützen? Ich bitte Sie eindringlich, sich - erneut, deutlich und mit aller Kraft - für Waffenstillstand und die Evakuierung der Zivilbevölkerung einzusetzen und Stellung gegenüber Russland und Iran zu beziehen.
Mit besorgten Grüßen
Inga List
Sehr geehrte Frau List,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 14. Dezember 2016. Sie fragen mich nach den Maßnahmen von Bundesregierung und Deutschem Bundestag, um den schrecklichen Krieg in Syrien zu beenden und den vom Krieg gezeichneten Menschen zu helfen. Meine Antwort kann Sie – genauso wie mich selbst – nur bedingt zufriedenstellen.
Der konkrete Einsatz Deutschlands für ein Ende des Krieges in Syrien umfasst selbstverständlich höchstrangige Gespräche auf diplomatischer Ebene, zahlreiche Appelle an alle Kriegsparteien und deren Hintermänner zur Beilegung der Auseinandersetzungen sowie umfangreiche materielle und finanzielle Hilfsmittel für die Versorgung der entweder aus den Kriegsgebieten geflüchteten oder nach wie vor im Kampfgebiet ausharrenden Menschen. Unsere Bundeskanzlerin hat den russischen Präsidenten mehrmals und eindeutig zu einem Ende der Unterstützung des Assad-Regimes und eigener Angriffe aufgefordert sowie die in Syrien verübten Kriegsverbrechen deutlich öffentlich verurteilt. Zudem sind Außenminister Steinmeier und das Auswärtige Amt umfangreich in bilateralen und multilateralen Gesprächen eingebunden, deren einziges Ziel ein Ende des Krieges ist. Weiterhin stellen wir umfangreiche Finanzmittel zur verbesserten Versorgung syrischer Flüchtlinge in zahlreichen Flüchtlingslagern des Nahen Ostens zur Verfügung. Auch in Deutschland selbst haben wir bereits zahlreichen syrischen Kriegsflüchtlingen Schutz gewährt.
Diese uns möglichen Maßnahmen können leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation in Syrien trotz unseres politischen und humanitären Einsatzes immer dramatischer wird. Die Berichte aus Aleppo und das schändliche Vorgehen des Assad-Regimes und seiner Unterstützer aus Russland, dem Iran und anderen Nationen erschüttern dabei auch mich. Dennoch erscheinen mir die zuvor geschilderten Maßnahmen als einzige realistische Option, um eine Friedenslösung herbeizuführen. Ein militärisches Eingreifen ist weder zielführend, noch verfügen wir hierfür über geeignete Mittel. Zudem würden wir im Strudel der für uns nur bedingt durchschaubaren Konfliktlinien zwischen den Rebellengruppen untereinander, dem umfangreichen Einfluss der Terrororganisation Islamischer Staat und der Beteiligung nichtsyrischer Kämpfer nur eine neue Kampflinie etablieren. Nachhaltiger Frieden ließe sich mit Militärgewalt nicht erzwingen.
Vor diesem Hintergrund kann ich Ihnen aktuell lediglich mitteilen, dass wir sowohl einzelstaatlich als auch im Verbund mit unseren internationalen Partnern weiterhin jedes diplomatische und nicht-militärische Druckmittel nutzen werden, um die Kriegsparteien zum Einlenken und zur Rückkehr an den Verhandlungstisch zu bewegen. Ebenfalls aufrechterhalten werden wir unsere umfangreiche humanitäre Unterstützung für die Opfer von Krieg und Vertreibung. Über ein Zwangsmittel für ein unmittelbares Ende der Auseinandersetzungen verfügen wir leider nicht – ich versichere Ihnen, dass ich darüber ebenso enttäuscht bin wie Sie und die vielen anderen von der Situation in Syrien entsetzten Menschen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Stritzl