Frage an Thomas Stritzl von Daniel Z. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Stritzl,
mit Sorge habe ich Dobrindts Gesetzentwurf zu den verschärften Sicherheitsrichtlinien für Traditionsschiffe zur Kenntnis genommen. Falls dieser durchkommt würde dies das Ende eines Großteils der noch heute in Fahrt befindlichen Traditionsschiffe bedeuten, da viele Betreiber finanziell nicht in der Lage sind lange Werftauffenthalte zu stemmen. Mit anderen Worten: Keine Naturkatastrophe würde den Traditionsschiffen so viel Schaden zufügen, wie Dobrindts "Sicherheitsrichtlinien". Diese hätten zum Ergebnis, dass ein Großteil unseres maritimen Kulturerbes entweder ausgeflaggt oder ausgemustert werden müsste. Nun meine Fragen:
1) Ist aufgrund einer tatsächlichen Unsicherheitslage dieser Gesetzentwurf überhaupt gerechtfertigt? Basiert der Vorstoß des Bundesverkehrsministeriums auf einer Unfallstatistik?
2) Stellt die Bundesregierung finanzielle Mittel zur Verfügung, um die Traditionsschifffahrt am Leben zu erhalten, damit längere (vom Bundesverkehrsministerium geforderte) Werftauffenthalte historischer Schiffe finanzierbar sind?
3) Werden Sie persönlich gegen Dobrindts Gesetzentwurf stimmen bzw. sich dafür einsetzen, dass sein Gesetzentwurf zusammen mit der GSHW so umgearbeitet wird, dass dieser auch praktisch realisierbar ist?
Mir ist bewusst, dass sich die Sicherheitsrichtlinien nicht auf privat sondern gewerblich geführte Traditionsschiffe richtet. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich aber, dass die Einkünfte durch zahlende Mitsegler im besten Falle gerade ausreichend sind, um Hafen- und Werftgebühren, Versicherungen und die wichtigsten Arbeiten und Materialien zu finanzieren, aber darüber hinaus ein Heer an ehrenamtlichen Helfern benötigt wird, das mit viel Herzblut an der Instandhaltung dieser Schiffe arbeitet. Es wäre also falsch anzunehmen, dass große Gewinne in der gewerblich durchgeführten Traditionsschifffahrt abfallen und daher m.E. nicht wirklich als Teil der Berufsschifffahrt anzusehen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Zwick
Sehr geehrter Herr Zwick,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 3. Oktober 2016, in der Sie sich kritisch zu den geplanten neuen Sicherheitsrichtlinien für Traditionsschiffe äußern. Ihre Ausführungen habe ich mit großem Interesse gelesen. Gerne werde ich Ihnen die Position der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu den Plänen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) darlegen.
Zunächst möchte ich Ihnen versichern, dass ich Ihre Sorge um den zukünftigen Betrieb historischer Schiffe sehr gut nachvollziehen kann. Als segelbegeisterter Kieler Bundestagsabgeordneter ist mir der Anblick historischer Schiffe z.B. bei der Kieler Woche oder zu anderen Gelegenheiten stets eine große Freude. Daher unterstütze ich gerne jede Möglichkeit, diese Traditionen weiter zu erhalten – nicht nur im Sinne der zahlreichen Ehrenamtler, die sich für den Erhalt engagieren, sondern auch um den nachkommenden Generationen die Möglichkeit zu geben, sich mit den faszinierenden Zeugnissen unserer Vergangenheit nicht nur im Museum beschäftigen zu können.
Die von Ihnen angesprochene Neuregelung im Bereich der historischen Schiffe wird von Seiten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) als nötig erachtet, da es in den vergangenen Jahren vermehrt Zwischenfälle gegeben hat. Bei der anstehenden Überarbeitung der Sicherheitsbestimmungen gilt es, den weiteren vielseitigen Einsatz von Traditionsschiffen mit einer zeitgemäßen Ausgestaltung der Sicherheitsvorschriften an Bord in Einklang zu bringen.
Zudem gab es in der Vergangenheit bei der Zulassung dieser Traditionsschiffe immer wieder Probleme mit der Auslegung der Tatbestandsmerkmale „Historizität“ und „ideeller Zweckbetrieb“. Auch vor dem Hintergrund einer fehlenden Einigung zwischen den Betreibern der Traditionsschiffe und der Verwaltung auf eine gemeinsame Definition der genannten Bestandsmerkmale, hat das BMVI nunmehr die Sicherheitsvorschriften für Traditionsschiffe überarbeitet. Der Entwurf greift dabei hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen Empfehlungen der „Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung“ aus ihren Unfallberichten auf. In Bezug auf die „Historizität“ enthält er gelockerte Eingangsvoraussetzungen und dient so dem Erhalt der Traditionsschifffahrt.
Kurz zusammengefasst geht das BMVI von den folgenden Vorteilen des Verordnungsentwurfs gegenüber der geltenden Sicherheitsrichtlinie aus:
• Bestandsschutz der bestehenden Flotte hinsichtlich Historizität und Betreiberkonzept.
• Gelockerte Eingangsvoraussetzungen für neu hinzukommende Fahrzeuge hinsichtlich der Historizität.
• Um- oder Rückbauten können historischen Fahrzeugen gleichgestellt werden.
• Regelungen für Sail-Training-Schiffe, für diese Schiffe gab es bislang gar keine Regelungen.
• Feststellung der Historizität durch Sachverständige oder nach Landesrecht zuständiger Denkmalschutzbehörde.
• „Gewinne“ dürfen erzielt werden, wenn sie in den Erhalt des Schiffes fließen.
• Stabilitätsvorschriften
Damit diese – in meinen Augen – richtige Auseinandersetzung mit dem Thema Sicherheit nicht die von Ihnen befürchteten Folgen einer Ausflaggung oder gar Ausmusterung unserer historischen Schiffe hat, ist für den 21. Oktober 2016 ein sog. Berichterstattergespräch angesetzt worden. Bei diesem Termin werden im Rahmen der Befassung mit dem Verordnungsentwurf des BMVI auch die beim Deutschen Bundestag eingegangenen Stellungnahmen berücksichtigt werden. Davon ausgehend, dass auch der Dachverband der dt. Traditionsschiffe (GSHW e.V.) sich bis zum Ablauf der Frist zur Einreichung von Stellungnahmen am 5. Oktober an das BMVI gewandt hat, werden auch die hier vorgebrachten Forderungen von den mit diesem Thema befassten Verkehrspolitikern Berücksichtigung finden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Stritzl