Thomas Stritzl MdB
Thomas Stritzl
CDU
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Frage von René F. •

Frage an Thomas Stritzl von René F.

Guten Tag Herr Stritzl,

auch Sie haben für einen Einsatz unserer Streitkräfte in Syrien gestimmt.

Ich bin der Auffassung, dass dieser Einsatz gegen das Völkerrecht und das Grundgesetz verstößt.

Wie begründen Sie Ihre Zustimmung?

Wieso gehen Sie davon aus, dass die Bürger Ihres Wahlkreises (die Sie ja eigentlich im Bundestag vertreten sollen) mehrheitlich für diesen Einsatz sind?

René Fischer
Altenholz

Thomas Stritzl MdB
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 9. Dezember 2015, in der Sie um eine Begründung für meine Zustimmungen zum Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr gegen den „Islamischen Staat“ (IS) bitten. Gerne werde ich Ihnen meine Beweggründe für meine Entscheidung darlegen.

Entgegen Ihrer Einschätzung halte ich den vereinbarten Einsatz nicht für einen Verstoß gegen das Grundgesetz – zumal Ihrer pauschalen Aussage auch kein Beleg folgt. Im Gegenteil ist das vom Deutschen Bundestag erteilte Einsatzmandat mehrfach rechtlich abgesichert. So hat die Bundesregierung verdeutlicht, dass auf das Recht der kollektiven Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen in Verbindung mit verschiedenen UN-Resolutionen Bezug genommen werden kann. Teil der Resolutionen ist die Aufforderung des UN-Sicherheitsrates an die UN-Mitgliedstaaten, in dem unter der Kontrolle von IS stehenden Gebiet in Syrien und Irak alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um terroristische Handlungen zu unterbinden. Außerdem weist die Bundesregierung in ihrem Antrag zur Mandatserteilung darauf hin, dass sich mit Frankreich nach den von der Terrororganisation IS begangenen Angriffen auf Paris am 13. November 2015 erstmals ein EU-Mitgliedstaat auf die in Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union verankerte sog. Beistandsklausel berufen habe.

Die vergangenen Anschläge in Tunesien, der Türkei, dem Libanon, gegen Russland und insbesondere in Paris haben gezeigt, dass der IS weit über die derzeit von ihm kontrollierten Gebiete in Syrien und im Irak hinaus eine globale Bedrohung für Frieden und Sicherheit darstellt. Aufgrund seiner extremistisch-salafistischen Gewaltideologie, seiner terroristischen Handlungen, seiner anhaltenden schweren, systematischen und ausgedehnten Angriffe auf Zivilpersonen sowie seiner Anwerbung und Ausbildung ausländischer Kämpfer ist der IS eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Vor diesem Hintergrund halte ich die Einsätze der internationalen Allianz gegen das Terrorregime des IS gerechtfertigt und rechtlich legitimiert.

Gleichzeitig kann ich Ihnen versichern, dass ich mir die Entscheidung nicht leicht gemacht habe. Der Einsatz ist mit Gefahren für unsere Soldatinnen und Soldaten verbunden, die ich gerne vermeiden würde. Daher setze ich neben der militärischen Eindämmung des IS-Einflussgebietes vor allem auf den politisch-diplomatischen Prozess. Der wichtigste Pfeiler sind dabei die Wiener Verhandlungen zur Beendigung des Bürgerkrieges in Syrien. Wenn es gelingt, eine Verständigung zwischen der verhandlungsbereiten Opposition und dem Regime in Syrien erreichen, gibt es die Chance für ein gemeinsames Vorgehen gegen den IS im Land. Erstmals sitzen dazu die USA, Russland, die Europäer aber auch regionale Akteure wie Saudi-Arabien und Iran an einem Tisch, um einen Waffenstillstand und einen politischen Übergangsprozess in Syrien auszuhandeln. Bisher wurde vereinbart: In sechs Monaten sollen die Voraussetzungen für eine Übergangsregierung geschaffen werden. Ein 18 Monate langer Übergangsprozess soll schließlich in freie und faire Wahlen münden. Dabei stehen der Erhalt der syrischen Staatlichkeit und ein Transformationsprozess weg vom syrischen Diktator Assad an oberster Stelle.

Weitere Maßnahmen umfassen die erfolgreiche Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe für Peschmerga, Jesiden und andere gemäßigte Gruppen, die sich dem IS entgegenstellen. Dazu werden wir das Mandat für die Ausbildungsmission der Bundeswehr im Nordirak von 100 auf künftig 150 Soldaten erweitern. Außerdem stellen wir bis zu 100 Millionen Euro zur Ertüchtigung von regionalen Partnern bereit. Mithilfe der Luftunterstützung durch die Anti-IS-Koalition ist es den Peschmerga bereits gelungen, den IS aus Städten wie Kobane und Sindschar zu vertreiben. Das zeigt: Es ist möglich, den IS militärisch zurück zu drängen.

Auch müssen die Finanzquellen des IS ausgetrocknet werden. Der UN-Sicherheitsrat hat schon im Februar 2015 beschlossen, dass alle Staaten Geldtransfers an den IS unterbinden müssen. Deutschland hat das schon umgesetzt und einen eigenen Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung geschaffen. Jetzt müssen alle anderen Staaten, insbesondere diejenigen in der arabischen Welt, ebenfalls alles dafür tun, um die Finanztransfers an den IS zu unterbinden und insbesondere sein Ölgeschäft zu vereiteln.

Zusätzlich werden wir noch entschlossener die IS-Propaganda in den sozialen Netzwerken bekämpfen und in Programme zur Prävention und Deradikalisierung von Jugendlichen investieren. Um die Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen, erhöhen wir die humanitäre Hilfe für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien und dem Irak um 400 Mio. Euro auf rund eine Milliarde Euro. Außerdem stellen wir im nächsten Jahr 850 Mio. Euro mehr für die Entwicklungszusammenarbeit bereit. Dieses Geld kommt vor allem den Menschen zu Gute, die vor dem IS fliehen.

All diese Maßnahmen zeigen: Eine Bekämpfung des IS im Rahmen der sog. vernetzten Sicherheit ist nachhaltig und leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Linderung der Fluchtursachen. Wir wollen mit dem Einsatz der Bundeswehr die Voraussetzungen dafür schaffen, dass lokale Kräfte den IS aus Syrien und dem Irak zurückdrängen können. Um den Menschen wieder eine Perspektive für ein friedliches Zusammenleben in ihrer Heimat zu bieten, setzen wir vor allem auf den politischen Übergangsprozess, der derzeit in Wien verhandelt wird. Unser gemeinsames Ziel ist die Verhütung und Unterbindung terroristischer Anschläge. Zugleich müssen wir erreichen, dass der IS keine Gräueltaten mehr an der Zivilbevölkerung begehen kann. Die Menschen müssen in der Region endlich wieder in Frieden leben können.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung – nicht nur in meinem Wahlkreis – diesen Lösungsansatz unterstützt. Die Menschen können sehr gut einschätzen, dass ein Zurückweichen vor den feigen Terroranschlägen auf unsere freie und gleichberechtigte Lebensart keine Alternative zu den jetzt vereinbarten Maßnahmen ist. In diesem Sinne halte ich die von Ihnen implizierte Unterstellung, dass eine Mehrheit im Wahlkreis den Einsatz der Bundeswehr ablehnt, für falsch. Mir ist diesbezüglich auch keine gegenteilige Meinungsumfrage für den Wahlkreis bekannt.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Stritzl