Thomas Stritzl MdB
Thomas Stritzl
CDU
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Frage von Thomas W. •

Frage an Thomas Stritzl von Thomas W. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Strinzl,

die VDS ist wieder da, wenn auch Raider nun Twix heißen solle. Die BfDI hat hierzu ebenso ihre Einschätzung abgegeben, wie viele andere relevante Akteure. Zusammenfassend kann man sagen:
- relevante Akteure lehnen die VDS (fast) vollständig ab; außerhalb eines überschaubaren Kreises von politischen und Sicherheitsbeamten sieht niemand ausreichend Nutzen oder Notwendigkeit
- es gibt keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis des behaupteten, alternativlosen Nutzens der VDS, dafür zahlreiche Gegenbeweise; für Studien mit positivem Ergebnis hat die Zeit ergebnislos ausgereicht, d.h. positive Ergebnisse scheinen wissenschaftlich nicht ermittelbar, da inexistent oder wegen Wirklosigkeit unmessbar
- bzgl. der Verfassungskonformität bestehen seitens zahlreicher kompetenter Akteure höchste Zweifel (bspw. BfDI, CCC, Dt. Anwaltverein, wissensch. Dienst des Bundestages, nun auch ARD, BDZV, dju...und natürlich Snowden) während die Verfassungsmäßigkeit selbst stets bloß von der BuReg, den jeweilig daran beteiligten Fraktionen oder politische Beamten __behauptet__, aber nie __belegt__ wird
- Charlie Hebdo mit frz.-VDS, Boston Marathon mit USA-VDS, zuletzt der Fall der Baumarktmitarbeiterin, ohne die man in den Sicherheitsbehörden wohl nichts bemerkt hätte, beweisen recht simpel, daß VDS gegen Kriminalitätsbekämpfung ebenso wenig hilft wie bei deren wirklicher Verfolgung
- wie die BfDI richtig anmerkte, wird auch die jetzige VDS nur bewirken, daß die findigen Täter einfach von den, bereits im Gesetz aufgerührten Ausweichmöglichkeiten Gebrauch machen werden (zb Internetcafe), d.h der jetzige Entwurf wird lediglich bewirken, daß nun auch die schlichtesten Täter ins Internetcafe gehen
- die Hast im Gesetzgebungsverfahren ist darüberhinaus sehr kritisch: wer nichts zu verbergen hat, kann sich Zeit lassen!

Bitte erklären Sie mir, wie und warum trotz o.a. Fakten ich als Bürger die VDS noch befürworten bzw. entsprechende Parteien wählen sollte? Wozu VDS?

Thomas Stritzl MdB
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Warmuth,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail 11. Juni 2015, in der Sie sich kritisch zu den vorgestellten Eckpunkten der sogenannten „Vorratsdatenspeicherung“ (VDS) äußern. Ihre Kritik an den Plänen zur Speicherung von Verbindungsdaten nehme ich Ernst. Ich versichere Ihnen, dass das nicht nur in der EU-Grundrechtecharta verankerte Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten auch für mich einen hohen Stellenwert hat. Dennoch weise ich darauf hin, dass dem mittelbaren Eingriff in die Grundrechte des Bürgers in Form der Speicherung von Verbindungsdaten gleichzeitig die staatliche Pflicht zur Strafverfolgung bei begangenen Straftaten sowie zum Schutz der Bürger vor Straftaten gegenüber steht. In diesem Sinne teile ich Ihre Einschätzung, nach der die VDS sinnlos ist, nicht. Ihrer Argumentation folgend, sollten die staatlichen Stellen im Hinblick auf die wachsende Bedeutung des Internets als Kriminalitätsschauplatz einfach die Hände in den Schoß legen und auf das Beste hoffen, da eine Überwachung sowieso nichts bringen würde. Diese Position lehne ich ab.

Mir und meinen Fraktions- und Koalitionskollegen geht es darum, die Bürger bestmöglich schützen. Wir befürworten daher eine gesetzliche Grundlage für die Speicherung von Verbindungsdaten. Im Mittelpunkt aller Bemühungen steht dabei die bessere Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität. Hier geht es um schwerwiegende Rechtsverletzungen, bei denen es oft keine anderen erfolgversprechenden Ermittlungsansätze gibt. Telekommunikationsverbindungsdaten spielen bei der Aufklärung dieser schweren Straftaten eine wichtige Rolle, da das Internet als Tatmittel genutzt wurde – z. B. bei der strafrechtlichen Verfolgung der Kinderpornographie. In diesen Fällen ist die aufgezeichnete IP-Adresse oftmals der erste und zunächst einzige erfolgversprechende Ermittlungsansatz für weitere Maßnahmen und daher unverzichtbar. Dabei geht es vor allem um Daten, die die Telekommunikationsunternehmen schon heute zum Beispiel für die Telefonrechnung speichern. Die Übermittlung und Verwendung dieser Daten durch staatliche Ermittlungsbehörden darf nur anlassbezogen erfolgen. Sie setzt den Verdacht einer gesetzlich definierten Straftat oder konkreten Gefahr voraus. Ohne einen solchen Anlass werden die Daten nach der festgesetzten Frist ohne weitere Nutzung schlicht bei den Providern gelöscht und keine staatliche Stelle bekommt sie jemals zu sehen. Damit besteht ein entscheidender Unterschied gegenüber den von allen Internetnutzern zu verantwortenden Datensammlungen z. B. von Google und facebook. Hier werden die Daten in ihrer Gesamtheit gerade zu dem Zweck erheben, diese umfassend z.B. zu Werbezwecken auszuwerten und möglichst viel über möglichst viele Nutzer zu erfahren.

Es ist vernünftig, dass in absehbarer Zeit eine gesetzliche Regelung kommt. Ich bin überzeugt: Es wird gelingen, die notwendige und gebotene Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu wahren. Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof haben der Vorratsdatenspeicherung nicht generell eine Absage erteilt, sondern einen Rahmen für eine rechtliche Regelung gesetzt. Die grundrechtssensiblen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wollen wir jetzt zügig umsetzen. Die auch in Ihrer E-Mail anklingenden Sorgen in Bezug auf den Schutz der eigenen Verbindungsdaten beruhen dabei nicht selten auf einer unzureichenden Information über das, was im Rahmen der VDS geregelt werden soll. Deshalb noch einmal zusammengefasst die wichtigsten Fakten:

1. Die VDS umfasst in keinem Fall die Speicherung von Inhalten; niemand lauscht, liest mit oder hält den Inhalt von Mails, SMS oder Telefonaten fest!

2. Es geht bei der VDS um die vorläufige Sicherung von Verbindungsdaten einschließlich Funkzellenangaben (Standortangaben). Letztere sollen nach den vereinbarten Leitlinien nur zu Beginn einer Kommunikation, nicht etwa fortlaufend gesichert werden. Außerdem sollen nach den Leitlinien IP-Adressen zum Datenkranz gehören, die allerdings nur punktuell abgefragt werden sollen, etwa wenn aufgrund von Vorermittlungen bekannt ist, dass sie zum verbotenen Abruf von Daten (z.B. kinderpornografischer Inhalte) genutzt worden sind. Die Speicherfrist soll 10 Wochen betragen, Funkzellenangaben sollen bereits nach 4 Wochen gelöscht werden. Verbindungsdaten von Berufsgeheimnisträgern sowie von E-Mails werden von dem Abruf ausgenommen.

3. Die Daten werden nicht durch den Staat zusammengeführt, sondern verbleiben ohne besondere Aufbereitung und dezentral bei den Providern, bei denen sie entstehen. Die mögliche Übermittlung und Verwendung der Daten setzt den Verdacht einer schweren Straftat wie etwa Mord, Kinderpornografie oder terroristische Taten voraus. Für diese Datenübermittlung ist im Einzelfall eine richterliche Entscheidung notwendig.

Weitere Regeln werden die Transparenz gegenüber dem Betroffenen und die Datensicherheit betreffen. Insbesondere soll die Datenspeicherung in Deutschland und die Löschung nach Ablauf der festgelegten Frist geregelt werden. Weitere Details der Einigung finden Sie auf der Homepage des Bundesministerium des Innern unter

www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Sicherheit/SicherheitAllgemein/leitlinien-vorratsdatenspeicherung.html

Unsere Freiheit erhalten wir nur, wenn sie geschützt und verteidigt wird. Daher schließen sich Freiheit und Sicherheit nicht gegenseitig aus, sondern sie bedingen sich. Es ist gut und vernünftig, dass in absehbarer Zeit eine gesetzliche Regelung kommt. Ich bin überzeugt: es wird gelingen, die notwenige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu wahren. Die vorgestellten Eckpunkte sind dafür eine gute Grundlage.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Stritzl