Frage an Thomas Silberhorn von Eckhard H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Silberhorn,
anbei einige Fragen zur Entwicklungspolitik:
1. Flüchtlingsproblem, Kommunen erwarten Hilfe vom Bund. Könnte nicht das BMZ die Kosten der Kommunen und Länder übernehmen. Damit die Leistung Deutschlands in der ODA-Quote erkennbar wird? Länder und Kommunen helfen sozusagen beim "Ausbessern des entwicklungspolitischen Auftrags". Zudem profitieren Herkunftsländer auch von Zahlungen durch Migranten/Flüchtlinge an Familienangehörige. Bildet unsere ODA-Quote wirklich die Realität ab, warum hängt man an diesem Ziel, obwohl in wirklich bedürftigen Regionen immer weniger Strukturen funktionieren, in die man sinnvoll investieren könnte?
2. Die konservative australische Regierung hat ihre Ausrichtung der Entwicklungshilfe klar umrissen und refokussiert. Ex-BM Niebel hatte eine Reformagenda. Welche Strategie verfolgen Sie, um die sog. "EZ -Industrie" auf für Deutschland wesentliche Bereiche und Regionen zu fokussieren.
3. Wie können in der Union, aber auch in den Parlamenten mehr Debatten zur künftigen "Weltordnung" und zu Schlussfolgerungen für die politische Reformagenda angestoßen werden? Warum führt der AWZ Ausschuss ein Schattendasein, müssten nicht BMZ Themen als Querschnitt mehr in anderen Ausschüssen des Bundestags behandelt werden?
4. Viele öffentliche Einrichtungen in D beklagen fehlende interkulturelle Kompetenzen bei Mitarbeitern. In der Arbeit mit Migranten, Arbeitsmarktintegration, sensibilisieren der Bevölkerung für Nachhaltigkeit etc. Warum ist in Deutschland die GIZ und Engagement Global so fragmentiert vom BMZ aufgestellt? Wäre nicht ein behutsames umsteuern von Kapazitäten aus dem Ausland (mit den wertvollen Erfahrungen) für Services in Deutschland angesichts der veränderten Lage angezeigt? Quasi als Rendite der Entwicklungshilfe für den inländischen öffentlichen Dienst/Bevölkerung.
Impulse stammen aus Begegnungen unterschiedlicher Couleur. Vielen Dank für Ihre Mühen im Voraus.
Mit besten Grüßen aus der Schwesterpartei
Heine
Sehr geehrter Herr Heine,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Anfrage zu verschiedenen Themen der Arbeit unseres Hauses. Dies umso mehr, als diese Impulse – wie Sie schreiben - Resultat Ihrer Begegnungen waren und für mich auch deshalb so wertvoll sind, weil sie mir einen guten Hinweis geben, wie unsere Arbeit in der Bevölkerung wahrgenommen und wertgeschätzt wird.
Zu Ihrer ersten Frage möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Flüchtlingskosten bereits in die deutsche ODA-Quote eingehen. Die OECD erkennt Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen in den ersten 12 Monaten an. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Mittel von der Bundesregierung stammen. Auch Aufwendungen der Länder und Kommunen werden angerechnet.
Wir arbeiten derzeit intensiv an der Ausrichtung der Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Allerdings sehen wir uns hier als Partner in einem komplexen Gefüge verschiedenster Akteure, deren Zusammenwirken notwendig ist, um Entwicklungszusammenarbeit effizient zu gestalten. Dies sind insbesondere die Zivilgesellschaft, die Bundesländer und Kommunen, aber auch unsere internationalen Partner, allen voran die Europäische Union. Wegen der hohen Bedeutung, die wir diesem Netzwerk zumessen, hat Bundesminister Dr. Müller unmittelbar nach seinem Amtsantritt einen breiten Diskussionsprozess angestoßen, der mit dem Begriff „Zukunftscharta“ umrissen ist und in die Formulierung der Entwicklungspolitik ein breites Bündnis von Partnern einbezieht. Informationen und Resultate finden Sie unter:
http://www.bmz.de/de/mitmachen/zukunftscharta/index.html
Darüber hinaus möchte ich zu diesem Punkt auch auf die Jahresbilanz unseres Hauses verweisen
http://www.bmz.de/de/zentrales_downloadarchiv/Presse/jahresbilanz_entwicklungsminister_mueller.pdf
Zu Ihrer dritten Frage ist es mir ganz wichtig, Ihnen zu vermitteln, dass der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AwZ) zwar nicht immer im Zentrum der medialen Berichterstattung stehen mag, aber ganz sicherlich ein sehr aktiver und in seinen Rechten und Pflichten allen anderen Ausschüssen gleichgestellter Ausschuss ist, der genauso wie die anderen Ausschüsse intensiv an der großen Bandbreite der ihm anvertrauten Themen arbeitet.
Weitere Ausschüsse des Deutschen Bundestages sind, wie im parlamentarischen Verfahren üblich, im Zuge der inhaltlichen Mitberatung in die Bearbeitung von Themen des AwZ eingebunden, so dass die gewünschte Querschnittsbeteiligung von entwicklungspolitischen Fragestellungen anderer Ausschüsse sichergestellt ist.
Exemplarisch sei hier auf die regelmäßige Behandlung von entwicklungspolitisch relevanten Themen im Auswärtigen Ausschuss und seinen Unterausschüssen „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“, „Zivile Krisenprävention“ und „Vereinte Nationen“ oder im „Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung“ ebenso verwiesen wie auf die intensive Einbindung des Haushaltsausschusses im Zuge der jährlichen Haushaltsaufstellung zum Einzelplan des BMZ.
Zu Ihrer vierten Frage ist es für Sie vielleicht wichtig zu wissen, dass die GIZ, um dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken sowie um Wachstum und Wohlstand auch in Zeiten des demographischen Wandels nachhaltig zu sichern, in verschiedenen Vorhaben dabei hilft, qualifizierte ausländische Arbeit-nehmer für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Die Fachkräftesicherungs-programme der GIZ - umgesetzt im Auftrag von BMWi, AA u.a. sowie zumeist in Ko-operation mit der Bundesagentur für Arbeit - enthalten hierbei umfangreiche Elemente zur Förderung der Integration ausländischer Arbeitskräfte in die deutsche Gesellschaft. Hierbei ist es das Ziel, Zuwanderung partnerschaftlich auszugestalten, so dass ein Nutzen für alle Beteiligten erzielt werden kann und sowohl die migrierende Fachkraft, als auch das Herkunftsland und die aufnehmende Gesellschaft von ihr profitieren.
Unsere Durchführungsorganisation „Engagement Global“ bezieht bei der Personalrekrutierung bewusst Menschen mit internationalem Hintergrund, Erfahrung und entsprechender interkultureller Kompetenz ein. Das häufig im Ausland oder aber in diasporisch-migrantischen Kreisen in Deutschland erworbene Know-How wird so ins Inland transferiert, so dass die hiesige Bevölkerung profitieren kann.
Darüber hinaus werden das von ehemaligen Fachkräften der Entwicklungszusammenarbeit sowie von in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten erworbene Wissen und ihre Kompetenzen gezielt über diverse Förderprogramme und Bildungsangebote weitergegeben. Dies geschieht z.B. an Schulen, in Kindergärten, aber auch in der Verwaltung und in Unternehmen. Schon heute wird daher die von Ihnen beschriebene wichtige Brücke gebaut. Diese wollen wir künftig noch weiter stärken.
Ich hoffe sehr, Ihnen zu Ihren Fragen hilfreiche Auskünfte gegeben zu haben und danke Ihnen nochmals herzlich für Ihr Engagement.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Silberhorn